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# taz.de -- Kämpfe im Osten der Ukraine: Wo die russische Offensive beginnt
> Die Ukraine verteidigt im Osten die letzte Versorgungsroute. Wenn die
> Stadt in russische Hände gelangt, könnte es für Kyjiw schwierig werden.
Bild: Die 80-jährige Natascha hat ihr Haus in Kramatorsk durch den russischen …
Kramatorsk taz | Ein ukrainischer Soldat lässt den Blick in Richtung des
Horizonts schweifen – über die Landstraße zwischen den Städten Tschassiw
Jar und [1][Bachmut], im Herzen des umkämpften Gebiets Donezk, im Osten der
Ukraine. Hinter ihm feuert eine Gruppe seiner Mitkämpfer Granaten ab,
während gleichzeitig russische Geschosse niedergehen. Diese ukrainischen
Soldaten halten die Stellung, um die Kontrolle über diese strategische
wichtige Straße nicht zu verlieren, über die die belagerte Stadt Bachmut
versorgt wird. Dort sind sowohl auf ukrainischer als auch auf russischer
Seite bereits Tausende Toten zu beklagen.
Welche alternativen Versorgungsrouten bleiben den ukrainischen Soldaten,
die in Bachmut ausharren? Nur eine: Parallel zu dieser Landstraße verläuft
eine Schotterpiste. Robert, ein australischer Lkw-Fahrer, führt seit
Monaten Hilfstransporte im Gebiet Donezk durch, er kennt die Gegend gut.
Alle anderen Zufahrtswege Richtung Bachmut sind von russischen Soldaten
blockiert. Wenn sich die Lage nicht bald ändert, fehlt nicht mehr viel, bis
die Stadt vollständig eingekesselt ist.
Was wird in diesem Fall mit den Kyjiwer Truppen passieren? Weder
ukrainische Kommandeure noch Rekruten möchten diese Frage beantworten, aber
sie sind offensichtlich besorgt. „Ein taktischer Rückzug der ukrainischen
Armee aus Bachmut wird eventuell in Erwägung gezogen, um ein Szenario
ähnlich der [2][Einkesselung in Mariupol] zu vermeiden“, räumt einer der
Soldaten ein. Gegenwärtig verlagert sich die Kriegsfront nach Westen.
In der benachbarten Kleinstadt Tschassiw Jar, über die Bachmut mit
Lebensmitteln und Munition versorgt wird, ist die Lage ebenfalls kritisch,
weil sie ständig unter Beschuss steht. Von ursprünglich rund 13.500
Bewohner*innen sind nur einige hundert geblieben, sie hausen in Kellern
ohne Wasser und ohne Strom. Drei Läden haben noch geöffnet. Ziaur, ein Mann
mittleren Alters, verkauft hier Lebensmittel. „Wir haben inzwischen
gelernt, ukrainische von russischen Angriffen zu unterscheiden“, sagt er
stolz. Dann knallt es und zwei ältere Frauen laufen angsterfüllt weg.
## Flucht in Richtung Westen empfohlen
Die ukrainischen Behörden haben in Bachmut und Tschassiw Jar provisorische
Notunterkünfte eingerichtet, um die Situation erträglich zu machen.
Allerdings werden [3][die Bewohner*innen nachdrücklich aufgefordert, in
Richtung Westen zu fliehen]. Ein Teil der Bevölkerung will trotzdem
bleiben. Diese Menschen wollen ihr angestammtes Zuhause nicht verlassen,
auch wenn das bedeutet, künftig unter russischer Besatzung zu leben. Auch
diese Ansichten gibt es – ein Realität, der sich die Regierung in Kyjiw
nicht entziehen kann.
Westlich von Bachmut und Tschassiw Jar liegt die Stadt Kostjantyniwka. Auch
sie ist derzeit häufig Ziel russischer Angriffe. Von dort aus fahren
ukrainische schlammverschmierte Fahrzeuge auf einer vereisten Straße voller
Schlaglöcher mit enormer Geschwindigkeit zur östlichen Frontlinie, circa
zehn Minuten entfernt. Es geht darum, [4][Drohnen und russischer Artillerie
zu entgehen]. Erschöpfung und Anspannung sind den Soldaten ins Gesicht
geschrieben.
## Die russische große Offensive rückt näher
Normalerweise versucht der ukrainische Präsident, Wolodimir Selenski,
Optimismus zu verbreiten, wenn es um die Fähigkeiten seiner Truppen geht.
In den vergangenen Tagen äußerte er sich jedoch zunehmend besorgt über die
Lage an der östlichen Flanke, die mit jedem Tag schwieriger werde. Wenn die
Achse Bachmut-Tschassiw Jar-Kostjantyniwka den Russen in die Hände fallen
würde, rückte die Eroberung zweier großer Städte im Donezk, die Moskau noch
nicht kontrolliert, in greifbare Nähe: [5][Kramatorsk] und Slowjansk.
Kramatorsk ist ein wichtiges Industriezentrum, Slowjansk für Russland und
die Ukraine von großer Symbolkraft. Hier begann 2014 der Krieg im Gebiet
Donezk, und nach pro-russischer Besatzung wurde [6][Slowjansk] von
ukrainischen Streitkräften befreit.
In Kramatorsk arbeiten einige Männer an einem Schützengraben. „Die Russen
werden es hier nicht leicht haben. Monate haben sie gebraucht, um bis
Bachmut zu kommen. Ein paar Wochen werden auf keinen Fall reichen, um
Kramatorsk und Slowjansk einzunehmen“, sagen sie. Derzeit häufen sich
Informationen, wonach diese seit Jahren verschanzten Städte rund um den 24.
Februar, den ersten Jahrestag des Angriffskrieges, eine große russische
Offensive zu erwarten haben.
Viele hier glauben fest daran, dass das wirklich so kommen wird. Am
vergangenen Donnerstag gab es allein in Kramatorsk drei tödliche
Bombenangriffe auf zivile Infrastrukturen. „Sie wollen uns terrorisieren“,
empört sich einer der Feuerwehrleute, die in einem völlig eingestürzten
vierstöckigen Wohnblock nach Überlebenden suchen. Neben ihm sitzt Natascha,
eine Achtzigjährige. Zwar habe sie ihr Haus verloren, sei jedoch
erleichtert, mit dem Leben davon gekommen zu sein. Während sie das erzählt,
werden drei Leichen aus den Trümmern geborgen, sie waren ihre Nachbarn.
Aus dem Spanischen [7][Gemma Terés Arilla]
3 Feb 2023
## LINKS
[1] /Genehmigung-von-Leopard-2-Panzern/!5911438
[2] /Kampf-um-ukrainische-Stadt-Mariupol/!5855763
[3] /Binnenfluechtlinge-in-der-Ukraine/!5870726
[4] /Aktuelle-Lage-in-der-Ukraine/!5888413
[5] /Lage-im-ukrainischen-Kramatorsk/!5846934
[6] /Slowjansk/!t5038149
[7] /Gemma-Teres-Arilla/!a100800/
## AUTOREN
Unai Aranzadi Ormaechea
## TAGS
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