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# taz.de -- Schwere Kämpfe in der Ukraine: Schlacht um die Salzstollen
> Rund um die Stadt Bachmut kämpfen die Ukraine und Russland gerade am
> heftigsten. Putins Armee will um jeden Preis die Salzminen von Soledar
> erobern.
Bild: Die Salzfabrik in Soledar steht seit den Kriegshandlungen still
„Sie stürmen einfach nach vorn, über die Leichen ihrer gefallenen Kameraden
hinweg, um voranzukommen. Sie suchen nicht einmal Deckung, es ist, als
stünden sie unter Drogen.“ Diese Angabe eines ukrainischen Soldaten in
Soledar über die laufenden Angriffe der russischen Armee verbreitete ein
ausländischer Freiwilliger am Dienstag auf Facebook. Die Kämpfe um die
nördliche Vorstadt von [1][Bachmut im Donbass gehören zu den heftigsten des
Krieges].
Kein Gebäude im einst 10.000 Einwohner zählenden Soledar soll mehr intakt
sein, zuletzt haben sich die Kämpfe weiter intensiviert. Die ukrainische
Verteidigung von Bachmut und Umgebung ist der Schlüssel zur Abwehr des
russischen Versuchs, von Osten her den gesamten Donbass zu erobern, samt
den Großstädten Slowjansk und Kramatorsk. Hier konzentriert Russland seine
größte Feuerkraft, hier [2][ist der ukrainische Widerstand am
hartnäckigsten].
Für Russland wäre die Eroberung Soledars nicht nur wichtig, weil es dann
endlich Bachmut von Norden her belagern könnte. Soledar ist vor allem eine
Bergbaustadt, errichtet auf den größten Salzvorkommen Europas. Die Stollen
der Salzminen von Soledar, die zum Teil noch bis 2022 in Betrieb waren,
erstrecken sich über eine Gesamtlänge von mehr als 200 Kilometern in einer
Tiefe von mehreren hundert Metern – perfekte Bunker.
Zu Sowjetzeiten hieß Soledar noch Karl-Liebknechtiwsk; nach der
Unabhängigkeit der Ukraine wurde es nach seinen Salzvorkommen in Soledar
umbenannt. Die aufgegebenen historischen Stollen im Stadtzentrum wurden
vor dem Krieg touristisch genutzt, aus den aktiven Minen lieferte der
staatliche Betreiber Artemsil 75 Prozent des ukrainischen Salzverbrauchs
und exportierte weltweit, auch nach Russland.
## Wie die Schlacht um das Stahlwerk Azovstal
Wichtigster Angreifer auf russischer Seite ist nun die Wagner-Gruppe,
Russlands bekannteste private Söldnerarmee. [3][Ihr Chef Jewgeni
Prigoschin] soll ein besonderes wirtschaftliches Interesse an den Salzminen
von Soledar sowie den Gipsminen von Bachmut haben. [4][Auch in Mali] und
der Zentralafrikanischen Republik hat die russische Söldnertruppe sich
immer besonders für Bergbaugebiete interessiert.
Nach US-Berichten hat die Wagner-Gruppe von ihren insgesamt rund 50.000
Kämpfern – darunter viele in Russlands Gefängnissen rekrutierte
Gewaltverbrecher – bislang in der Ukraine ein Zehntel verloren, davon 1.000
getötet und 4.000 verwundet, fast alle in und um Bachmut und Soledar.
Experten vergleichen die Schlacht um die Salzwerke in Soledar mit der
Schlacht um das Stahlwerk Asowstal in Mariupol, den einst größten
Stahlkomplex Europas.
Ende vergangener Woche gelang Wagner offenbar der Durchbruch ins
Ortszentrum mit seiner historischen Minenzentrale, nicht jedoch zu den
Salzminen am Westrand. Reguläre russische Einheiten folgten nach. Am
Sonntag drängte die Ukraine unter Nutzung der alten unterirdischen Gänge
die Russen wieder hinaus. Aber die Kämpfe toben seitdem weiter, bei
strengem Frost und mit „astronomischen“ Verlusten, wie es in ukrainischen
Berichten heißt.
Von „schweren blutigen Schlachten“ sprach am Dienstag Wagner-Chef
Prigoschin und lobte den Feind: „Die ukrainische Armee kämpft mutig um
Bachmut und Soledar.“ Ukraines Präsident Wolodimir Selenski erklärte in der
Nacht zum Dienstag: „Alles ist völlig zerstört, der Boden in Soledar ist
mit den Leichen der Angreifer bedeckt.“ Es zirkulieren entsprechende
Luftaufnahmen.
## Die Salzstollen als Waffenlager
Am Dienstag erklärte die ukrainische Vizeverteidigungsministerin Hanna
Maljar, Russlands Armee habe sich „neu gruppiert, die Truppenstärke
wiederhergestellt, zusätzliche Angriffseinheiten verlegt, die Taktik
geändert und mit Angriffsaktionen begonnen“. Russland kontrolliere „den
Großteil von Soledar“, bestätigte das britische Verteidigungsministerium,
und ukrainische Quellen sprachen von einem möglichen Rückzug der
verbleibenden Verteidiger.
Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass die Ukraine Soledar komplett
aufgibt. Denn ebenso wie bisher die Ukraine könnte dann Russland die
Salzstollen als sicheres Waffenlager nutzen.
Der Erfolg ukrainischer Offensiven hing bislang immer daran, dass erst
russische Waffendepots und Versorgungswege gezielt mit den von Nato-Ländern
gelieferten Präzisionsraketen zerstört wurden, um die russischen Truppen an
der Front vom Nachschub abzuschneiden, bevor man sie direkt angreift. Wenn
der Nachschub sicher unter der Erde liegt, geht diese Taktik nicht mehr
auf.
10 Jan 2023
## LINKS
[1] /-Nachrichten-im-Ukraine-Krieg-/!5907309
[2] /Krieg-in-der-Ukraine/!5904756
[3] /-Nachrichten-im-Ukraine-Krieg-/!5904608
[4] /Bundeswehr-in-Mali/!5897548
## AUTOREN
Dominic Johnson
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