# taz.de -- Urteil zu Schottergarten-Verbot: Drei Pflanzen ändern nichts | |
> Einige Pflanzen im Schottergarten reichen nicht, um das | |
> Schottergarten-Verbot in Niedersachsen zu umgehen. Zu diesem Urteil kam | |
> das OVG in Lüneburg. | |
Bild: Wer in Hannover so einen Vorgarten besitzt, muss seit Oktober mit Kontrol… | |
HAMBURG taz | Es genügt nicht, einige Pflanzen in seinen Schottergarten | |
einzuarbeiten, um nicht gegen geltendes Recht zu verstoßen – zu diesem | |
Urteil kam das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen vergangene Woche. | |
Die Kläger hatten Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts | |
Hannover eingelegt und in zweiter Instanz am OVG in Lüneburg verloren. | |
Sie hatten in ihrem Vorgarten in Diepholz Kiesbeete mit einer Größe von | |
insgesamt 50 Quadratmetern angelegt. Dagegen erließ die Stadt Diepholz eine | |
baurechtliche Verfügung. „[1][Schottergärten] waren in Niedersachsen | |
bereits vor dem Beschluss [2][nicht zulässig]“, erklärt ein Sprecher des | |
OVG. Die Bauaufsichtsbehörden können daher gegen bereits bestehende | |
Schottergärten vorgehen. | |
Die Grundstückseigentümer hatten vor Gericht argumentiert, ihr Garten sei | |
unter Berücksichtigung der hinter dem Wohnhaus befindlichen Rasenflächen | |
und Anpflanzungen insgesamt ein ökologisch wertvoller Lebensraum. Bei den | |
Beeten handele es sich aufgrund der Anzahl der eingesetzten Pflanzen um | |
Grünflächen. | |
„Damit ist ein weiterer Schritt getan, um Lebensräume für Tiere und | |
Pflanzen zu schützen“, sagt der Vorsitzende des [3][Nabu in Niedersachsen], | |
Holger Buschmann. Er warnt angesichts des Insekten- und Vogelsterbens vor | |
den „verheerenden Auswirkungen“ von Schotterbeeten: „Sie führen immer zu | |
einer [4][Versiegelung der Böden] und damit einhergehend zwangsläufig zu | |
einem Verlust von Biodiversität.“ | |
## Der Nabu freut sich über das Urteil | |
Regen könne nicht versickern und fließe stattdessen unkontrolliert ab. | |
Wildkräuter und heimische Pflanzen hätten kaum noch eine Chance zu | |
gedeihen. Dadurch fänden Insekten keine Nahrung, was wiederum zu Hunger bei | |
Vögeln und Fledermäusen führe. | |
Laut niedersächsischer Bauordnung sind Schottergärten bereits seit 2012 | |
untersagt. Sie seien lebensfeindlich, und – anders als oft angenommen – | |
auch nicht pflegeleichter als naturnahe Gärten, sagt Buschmann. Die Steine | |
müssten regelmäßig gereinigt werden, wofür schädliche Chemikalien oder viel | |
Wasser verbraucht werden. Alternativen könnten eine artenreiche Wiese und | |
ein Teich sein, sagte Buschmann. Auch Steingärten schafften mehr Naturnähe | |
und fördern die Artenvielfalt. | |
Der Eigentümerverband „Haus und Grund“ in Niedersachsen kritisiert hingegen | |
das Urteil. [5][Dem NDR sagte der Verbandsvorsitzende Reinold Horst], das | |
Urteil sei unverhältnismäßig und ein starker Eingriff in die | |
Eigentumsrechte. Es sei jedoch ein Einzelfall und kein allgemeingültiges | |
Verbot für Schottergärten. „Grundstückseigentümer werden sich zukünftig | |
dennoch vermehrt streitigen Auseinandersetzungen stellen müssen“. | |
Landschaftsplaner Olaf von Drachenfels aus Barsinghausen findet es „sehr | |
erfreulich“, dass das Urteil die rechtliche Grundlage dafür bestätigt, | |
gegen Schottergärten vorzugehen. Er kenne bisher nur einen Fall in | |
Barsinghausen, in dem die Nabu-Ortsgruppe einen Schottergärtner vom | |
freiwilligen Rückbau überzeugt hat. „Wir arbeiten am Umweltbewusstsein, | |
aber das alleine reicht nicht.“ | |
## Argumente überzeugen selten | |
Diejenigen, die solche Gärten wegen des ordentlichen Aussehens oder | |
vermeintlich weniger Aufwand anlegten, erreiche man mit Argumenten | |
überwiegend nicht, sagt von Drachenfels. „Auch ein Bußgeld schreckt die | |
Leute vermutlich nicht ab – ein Rückbau und die damit verbundenen Kosten | |
hingegen sehr wohl.“ Denn die liegen leicht im vierstelligen Bereich. | |
Robuster geht etwa die Landeshauptstadt Hannover gegen Schottergärten vor. | |
„Die Stadt hat letztes Jahr ein Konzept erstellt, wie sie Schottergärten | |
kontrolliert, die Eigentümer*innen informiert und gegebenenfalls per | |
Ordnungsverfügung ahndet“, sagt eine Sprecherin der Stadt. Für die | |
Kontrollgänge sind seit dem 4. Oktober zwei Mitarbeiter beschäftigt – ein | |
Außendienst-Kontrolleur und eine Verwaltungskraft. | |
Die zwei Angestellten beschäftigen sich ausschließlich mit Schottergärten. | |
Konkrete Zahlen nannte die Stadt nicht. Von den mehr als 200.000 | |
Grundstücken sei der erste Stadtteil weitgehend kontrolliert worden. Dabei | |
seien einige Schottergärten entdeckt worden. | |
In diesen Fällen, erklärt die Sprecherin, sprächen die | |
Mitarbeiter*innen mit den Hauseigentümer*innen, erklärten die | |
rechtliche Lage, erörterten Alternativen. Wenn die Eigentümer*innen | |
nicht freiwillig zurückbauen, schreibt die Stadt die Verantwortlichen an. | |
Wenn das nicht hilft, kommt am Ende eine Ordnungsverfügung, die mit | |
Zwangsgeld durchgesetzt werden kann. | |
(mit Material von epd) | |
27 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Umweltfrevel-Schottergaerten/!5874639 | |
[2] /Gegen-Gaerten-des-Grauens/!5706464 | |
[3] https://niedersachsen.nabu.de/ | |
[4] /Klima-und-Stadtplanung-der-Zukunft/!5801115 | |
[5] https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Kritik-an-Schottergaerten-Urte… | |
## AUTOREN | |
Malek Tellissi | |
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