# taz.de -- US-Außenminister in Nahost: „Gelbe Karten“ im Gepäck | |
> Nach der Gewalteskalation versucht US-Außenminister Blinken, die Wogen | |
> zwischen Israel und Palästinensern zu glätten. Auch Iran steht auf der | |
> Agenda. | |
Bild: Blinken am Montag am Flughafen von Tel Aviv. Am Dienstag geht es weiter n… | |
Berlin taz | Während in Nahost die Spannungen zunehmen, ist | |
US-Außenminister Antony Blinken am Montag zu einem Besuch in Israel | |
eingetroffen. Zuvor hatte die US-Administration offenbar gezielt | |
Informationen durchsickern lassen, denen zufolge Israel hinter einem | |
Drohnenangriff auf eine Militäreinrichtung im Iran steht. Dies | |
[1][berichteten] verschiedene US-Medien; Israel dementierte die Berichte | |
nicht. | |
Blinken hatte vor seiner Abreise nach Israel ein militärisches Vorgehen der | |
USA gegen Iran als Option bezeichnet, um das Land abzuhalten, Atomwaffen zu | |
bauen. „Alle Optionen sind auf dem Tisch“, so Blinken. Ob der mutmaßlich | |
israelische Drohnenangriff mit den USA abgesprochen war, blieb unklar. | |
Soweit bekannt, galt der Angriff vom Samstag allerdings nicht Irans | |
Atomprogramm, sondern seinem Raketenprogramm. Getroffen wurde eine Halle in | |
der Zwei-Millionen-Metropole Isfahan. Videos zeigen eine Explosion inmitten | |
der Stadt. Teheran zufolge wurden Drohnen abgefangen; es sei nur | |
geringfügiger Schaden entstanden. | |
„Es ist ein langer Krieg“, kommentierte Amos Yadlin, Analyst und Ex-Chef | |
des israelischen Militärgeheimdienstes, am Montag gegenüber | |
Journalist*innen. „Es ist eine weitere Operation in einem langen Feldzug, | |
um die militärischen und nuklearen Fähigkeiten Irans zu reduzieren, ohne | |
dass es zu einem ausgewachsenen Krieg kommt.“ | |
Israel greift immer wieder iranische Ziele an, unter anderem | |
Waffenlieferungen an Irans Verbündete in der Region. Auch am Sonntag wurden | |
in Syrien, nahe der Grenze zum Irak bei Luftangriffen auf einen | |
Lastwagenkonvoi zehn Menschen getötet. Beobachter*innen gingen davon | |
aus, dass es sich um Waffenlieferungen an die libanesische Hisbollah | |
handelte. Das iranische Regime erklärt offen, Israel vernichten zu wollen. | |
## Freude in der Ukraine | |
Neben dem Irankonflikt wird Blinken bei seinem Besuch den Krieg in der | |
Ukraine ansprechen und versuchen, die Israelis dazu zu bringen, sich | |
stärker zu engagieren. [2][Israel liefert keine Waffen an die Ukraine, um | |
Moskau nicht zu verstimmen.] Russland kontrolliert den Luftraum über Syrien | |
und lässt Israel weitgehend frei gegen iranische Aktivitäten agieren. Dass | |
Israel Waffen an Kyjiw liefern wird, gilt daher als unwahrscheinlich. | |
Es könnte jedoch mit Angriffen in Iran die Lieferung von Raketen und | |
Drohnen an Russland erschweren. Der Angriff in Isfahan wurde in Kyjiw | |
bereits als Schlag gegen Russland gefeiert, woraufhin Iran den ukrainischen | |
Geschäftsträger in Teheran einbestellte. Laut New York Times dagegen | |
standen hinter dem Angriff vor allem Israels eigene Sicherheitsinteressen. | |
Isfahan sei ein Zentrum der Raketenindustrie; unter anderem werde dort die | |
Mittelstreckenrakete Shahab, die Israel treffen kann, hergestellt. | |
## Blinken am Dienstag in Ramallah | |
Auch die jüngste Eskalation zwischen Israel und palästinensischen Kräften | |
steht auf Blinkens Agenda. „Es ist jedermanns Verantwortung, Schritte zu | |
ergreifen, um Spannungen abzubauen, statt sie zu schüren“, sagte er am | |
Montag nach Ankunft in Israel. Am Dienstag will er in Ramallah auch | |
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas treffen, den er überzeugen wollen | |
dürfte, [3][die Sicherheitszusammenarbeit mit Israel nicht wie angedroht zu | |
beenden]. | |
[4][Zuletzt war die Gewalt eskaliert], nachdem bei einer israelischen | |
Razzia gegen militante Kräfte im besetzen Westjordanland zehn Menschen | |
getötet wurden, darunter Zivilist*innen. In der Folge verübten | |
Palästinenser Anschläge auf Zivilist*innen in Jerusalem. Sieben | |
Menschen wurden getötet. Bei weiteren Vorfällen im Westjordanland | |
versuchten Bewaffnete zwei Angriffe auf Israelis. Am Montag wurde in Hebron | |
ein weiterer Palästinenser getötet. Seit Jahresbeginn wurde im | |
Westjordanland im Schnitt ein Palästinenser pro Tag durch israelische | |
Soldat*innen getötet. | |
Analyst Yadlin zufolge kommt Blinken mit mehreren „Gelben Karten“ nach | |
Israel. Neben israelischen Plänen für eine [5][umstrittene Justizreform] | |
gelte seine Kritik der Reaktion auf die Terroranschläge in Jerusalem. | |
Netanjahu hatte angekündigt, als Strafe den Siedlungsbau im Westjordanland | |
auszuweiten. Blinken fordere zum jetzigen Zeitpunkt zwar keine | |
Wiederaufnahme des Friedensprozesses, so Yadlin, er versuche aber, alles zu | |
verhindern, was die von den USA verfolgte Zweistaatenlösung weiter | |
untergrabe. | |
30 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.wsj.com/articles/israel-strikes-iran-amid-new-international-pus… | |
[2] /Syrisch-russische-Beziehungen/!5911444 | |
[3] /Eskalation-in-Nahost/!5909106 | |
[4] /Gewalt-im-Nahen-Osten/!5909118 | |
[5] /Proteste-gegen-Justizreform-in-Israel/!5908944 | |
## AUTOREN | |
Jannis Hagmann | |
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