# taz.de -- Gedenkstätte Colonia Dignidad: Symbolische Entschlossenheit | |
> Eine echte Aufarbeitung der Colonia-Dignidad-Verbrechen hieße, die Täter | |
> in Deutschland endlich entschlossen zu verfolgen, etwa wegen Beihilfe zum | |
> Mord. | |
Bild: 2007 wurde die Colonia Dignidad in „Villa Baviera“ umbenannt – und … | |
Während seines Besuchs in Chile sagte Bundeskanzler Scholz seinem | |
Amtskollegen [1][Boric] die Unterstützung und Beteiligung Deutschlands an | |
einer Gedenkstätte für die Menschen zu, die der deutsche Laienprediger Paul | |
Schäfer und seine Anhänger in der [2][Colonia Dignidad folterten], | |
ermordeten oder missbrauchten. | |
Die Gedenkstätte ist überfällig und markiert den vorläufigen Höhepunkt | |
eines neuen, verantwortungsbewussteren deutschen Umgangs mit diesem | |
beschämenden Kapitel: 2016, also 19 Jahre nach dem Ende der Colonia | |
Dignidad, entschuldigte sich mit Steinmeier erstmals ein Bundespräsident | |
bei den Opfern, 2017 forderte der Bundestag die Regierung zu [3][weiteren | |
Maßnahmen der Aufarbeitung] und Wiedergutmachung auf. | |
Doch abgesehen von einigen 10.000 Euro [4][Entschädigung] für diejenigen, | |
die Opfer von Zwangsarbeit, sexueller Gewalt oder [5][Verschleppung] | |
wurden, ist bislang wenig passiert: Die Menschen, die während der | |
Pinochet-Diktatur in der als Folterstätte des Regimes fungierenden Kolonie | |
zu Tode gequält wurden, hat Deutschland bisher nicht entschädigt, das sei | |
Sache Chiles. | |
Und auch bei der Strafverfolgung hält sich der deutsche Staat heraus – man | |
könnte sogar sagen, er torpediert die Arbeit der chilenischen | |
Strafverfolgungsbehörden: Schlüsselfiguren wie der Sektenarzt Hartmut Hopp | |
und der Schäfer-Intimus Reinhard Döring, beide in Chile verurteilt, leben | |
noch immer unbehelligt in Deutschland – die hiesige Justiz stellte die | |
Verfahren ein, trotz umfangreicher Indizien und Zeugenaussagen. Viele der | |
Verbrechen sind nach wie vor ungeahndet – dafür bezuschusste die | |
Bundesregierung das jährliche Bierfest des Colonia-Nachfolgers „Villa | |
Bavaria“ noch bis 2013. | |
Eine echte Unterstützung und Beteiligung Deutschlands bei der Aufarbeitung | |
der Verbrechen hieße: endlich eine entschlossene Verfolgung der Täter und | |
ihrer Komplizen zu betreiben, etwa wegen Beihilfe zum Mord. Und endlich den | |
Betroffenen und ihren Angehörigen mehr Gehör zu schenken. Ohne diese | |
politische und juristische Entschlossenheit wirkt die Gedenkstätte wie ein | |
Feigenblatt. | |
31 Jan 2023 | |
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## AUTOREN | |
Nina Apin | |
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