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# taz.de -- Arbeitsbelastung von Lehrkräften: Mut zur Lücke
> Ein neues Gutachten empfiehlt den Bildungsminister:innen, Lehrkräfte zur
> Vollzeit zu verdonnern. Dabei müsste die Arbeitsbelastung deutlich
> sinken.
Bild: LehrerInnen sind heute Mangelware und sollten entsprechend behandelt werd…
Was haben die Bildungsminister:innen nicht schon alles versucht, um
ihre Schulen mit ausreichend Personal zu versorgen! [1][Sachsen-Anhalt
setzte Headhunter auf potenzielle Lehrkräfte an]. Sachsen lockt Referendare
mit vierstelligen Gehaltszulagen aufs Land. Berlin verbeamtet neuerdings
wieder. Viel gebracht haben diese und weitere Maßnahmen bisher nicht.
Selbst der regelmäßige Rückgriff auf Quereinsteiger:innen, Studierende und
Pensionäre kann die Lücken im Lehrerzimmer nicht mehr füllen.
Den Ministerien fällt heute vor die Füße, dass sie seit Jahren weniger
Fachkräfte ausbilden, als sie für den Unterricht benötigen. Dass einige
Länder jetzt umsteuern und mehr Lehrer:innen ausbilden wollen, ist gut –
hilft aber erst in ein paar Jahren weiter. Bis dahin dürfte sich die Lage
an den Schulen weiter zuspitzen. Aktuell sind 12.000 Stellen bundesweit
unbesetzt. In zwei Jahren fehlen dann schon zwischen 25.000 und 70.000
Lehrkräfte, je nach Prognose.
Keine rosigen Aussichten. Die gute Nachricht für die
Bildungsminister:innen: Sie haben längst noch nicht alle
Handlungsspielräume ausgeschöpft. Das zeigt [2][das von der
Kultusministerkonferenz in Auftrag gegebene Gutachten], das am Freitag
vorgestellt worden ist.
Der Haken: Folgen die Länder dessen Empfehlungen, werden sie sich mächtig
unbeliebt machen. Man stelle sich vor, was an den Schulen los wäre, wenn
Lehrkräfte – wie geraten – zu Vollzeit verdonnert, Klassen weiter
aufgestockt und ältere Schüler:innen wie zu schlimmsten Coronazeiten zum
Selbststudium nach Hause geschickt würden.
## Bereit, die heilige Kuh zu schlachten?
Wenn die Bildungsminister:innen den Lehrerjob wirklich attraktiver
machen wollen, sollten sie von diesen Ideen besser die Finger lassen. Wer
überlasteten Kolleg:innen mehr Stunden aufbrummt und noch mehr
Jugendliche vor die Nase setzt, vergrault die, die da sind. Und schreckt
mögliche Neue ab.
Es ist kein Zufall, dass die Hälfte der Lehrkräfte in Teilzeit arbeitet. Um
sie zu einer Aufstockung zu motivieren, müssten die
Bildungsminister:innen die Arbeitsbelastung radikal mindern. Die Idee
aus dem Gutachten, Schulen zusätzliche Verwaltungskräfte zu geben, wird da
nicht genügen. Mehr brächte es, die überfüllten Lehrpläne zu entschlacken.
Das würde ordentlich Druck vom Kessel nehmen, Lehrer:innen (und
Schüler:innen!) entlasten und den Job attraktiver machen.
Ob die Bildungsminister:innen aber bereit sind, ihre heilige Kuh zu
schlachten, darf bezweifelt werden. Genauso wie sie vor Zwangsmaßnahmen wie
der Vollzeitpflicht zurückschrecken werden. Dann aber bleibt ihnen nicht
viel mehr, als den Quereinstieg weiter zu öffnen – und zu lamentieren, dass
kaum jemand mehr den Job in der Schule machen will.
28 Jan 2023
## LINKS
[1] /Mangel-an-Lehrkraeften/!5884142
[2] /Teilzeitquote-an-Schulen/!5908091
## AUTOREN
Ralf Pauli
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