# taz.de -- NS-Gedenken im Emsland: Wiedergutmachung für zwei Verfemte | |
> Einen Orden bekamen jetzt die zwei Journalisten Gerhard Kromschröder und | |
> Hermann Vinke. Ohne sie gäbe es die KZ-Gedenkstätte in Esterwegen nicht. | |
Bild: Gerhard Kromschröder (ganz rechts) beim Moorsoldaten-Treffen im KZ Ester… | |
BREMEN taz | Er habe diese Ehrung „mit einer gewissen Befriedigung“ | |
entgegen genommen, sagt Gerhard Kromschröder. Und zwar nicht aus purer | |
Eitelkeit. Sondern weil dieser Orden ein Eingeständnis des Staates ist, | |
eine Art Wiedergutmachung für all die Anfeindungen von einst. | |
Für seine Verdienste um die Gedenkstätte Esterwegen und die „herausragende | |
Pionierleistung zur historischen Aufarbeitung der Geschichte der | |
Emslandlager“ bekam Kromschöder jetzt, zusammen mit seinem | |
Journalistenkollegen Hermann Vinke, das Verdienstkreuz am Bande des | |
niedersächsischen Verdienstordens. | |
So nüchtern meldete es das Büro des Landrats aus dem Emsland. Als | |
Lokalredakteure der Ems-Zeitung haben die beiden Herren, heute über 80, in | |
den 1960ern dafür gesorgt, dass die Nazi-Geschichte jener Lager „nicht | |
untergepflügt“ wird, wie Kromschröder es ausdrückt. Anders formuliert: Ohne | |
ihr Engagement würde es die 2011 eröffnete [1][Gedenkstätte Esterwegen] | |
heute nicht geben. | |
In den [2][15 emsländischen Konzentrations- und Strafgefangenenlager] | |
wurden in der NS-Zeit vorwiegend politisch Verfolgte und Kriegsgefangene | |
inhaftiert, darunter Carl von Ossietzky. Insgesamt starben hier rund 30.000 | |
Menschen, von ihrem Leid erzählt das berühmte „[3][Moorsoldatenlied“] aus | |
dem KZ Börgermoor. | |
## KZ wurde „rigoros abgerissen“ | |
Bis Mitte der 1960er-Jahre wurde es als Knast genutzt, danach „rigoros | |
abgerissen“, so Kromschröder. „Es gab damals eine Übereinkunft, dass man … | |
der Vergangenheit nicht rührt.“ Das sei tabu gewesen. | |
Deswegen trugen Kromschröder und Vinke Fotos, Interviews, Protokolle | |
zusammen – sie waren die ersten, die die Geschichte der Emsland-Lager | |
systematisch erfassten, doch wurden sie als Nestbeschmutzer beschimpft und | |
riefen wegen „kommunistischer Umtriebe“ den Verfassungsschutz auf den Plan. | |
Treffen auf dem Lagerfriedhof in Esterwegen überwachte der Staatsschutz, | |
sagt Kromschröder. „Wir haben in ein Wespennest gestochen.“ | |
1967 wurde Kromschröder aus dem Emsland vertrieben, Vinke kurz darauf. | |
Beide machten anderswo Karriere: [4][Kromschröder] ging zum Satiremagazin | |
Pardon und 1979 zum Stern, wo er mit Reportagen über Neonazis, | |
Giftmüll-Skandale und die Flick-Spendenaffäre als investigativer Journalist | |
bekannt wurde. Später arbeitete er sich als Fotograf mit Bildbänden am | |
Emsland ab und machte sich damit erneut Feinde. | |
[5][Vinke] wurde ARD-Korrespondent in Tokio und Washington und | |
Hörfunkdirektor bei Radio Bremen. „Damals hatte ich das Gefühl, dass ich | |
auf ganzer Linie gescheitert sei“, sagte Vinke bei der Preisverleihung – | |
jetzt zeigt sich: „Es war nicht alles umsonst.“ | |
23 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Aerger-um-Erinnerungsarbeit-im-Emsland/!5614322 | |
[2] https://www.gedenkstaette-esterwegen.de/ | |
[3] https://www.ndr.de/geschichte/chronologie/Seit-85-Jahren-ziehen-die-Moorsol… | |
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Gerhard_Kromschr%C3%B6der | |
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Vinke | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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