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# taz.de -- Die Wahrheit: Panzertante mit Haarhelm
> „Rechnung bitte an Rheinmetall“: Zu Besuch bei Marie-Agnes
> Strack-Zimmermann. Ihres Zeichens Deutschlands beliebteste
> Kriegstreiberin der Herzen.
Bild: Marie-Agnes „Waffen her!“ Strack-Zimmermann
Mitten in Berlin einen Kampfpanzer rückwärts einparken? Für Marie-Agnes
Strack-Zimmermann ist das kein Problem. Stoppen, Schulterblick und … –
okay, noch mal kurz korrigieren, aber dann steht der Achttausendtonner da,
wo Deutschlands unheimlichste Bundestagsabgeordnete ihn haben wollte:
zwischen zwei eben noch intakten, jetzt halbseitig geschrägten SUVs mit nun
allenfalls noch Schrottwert. „Mut zur Parklücke“, nennt das
Strack-Zimmermann. Die gebürtige Rheinländerin mit der praktischen
Helmfrisur lacht, wie sie nur im Rheinland lachen können: lauthals und
wegen jedem Scheiß.
„Rechnung bitte an Rheinmetall“, ruft sie den beiden konsternierten
SUV-Besitzern zu, während sie ihren berühmten Tretminenroller aus dem
Kofferraum des Leopards wuchtet, um damit „die letzte Meile bis zur Front“
zu überwinden. Front, so pflegt sie seit Putins Einmarsch ihren
Arbeitsplatz zu bezeichnen: das „Haus Kruppstahl“ im Berliner
Regierungsbezirk. „Mein Lobbykeller“, wie die Ex-Oberkommandierende von
Düsseldorf ihr ganz in Camouflage gehaltenes Büro nennt. Eine Art
Luftschutzbunker mit bodentiefen Fenstern.
Strack-Zimmermann legt ihre Frisur ab, hängt ihr Sturmgewehr an die
Garderobe. Ein Feldtelefon schrillt: „Pis tu es Torius?“, klamaukt sie in
den Hörer, und dann, quasi bellend: „Ja natürlich, Boris. Liefern! Sofort!�…
Sie verdreht genervt die Augen, macht zu uns hin den Scheibenwischer. Dann:
„Was weiß ich, wo die Tankkarten für die Leos sind. Nicht, dass Sie die
Ihrem Sohn … wie bitte? Hat eh keiner TÜV mehr?“ Sie bedeutet uns, mal kurz
auf Tauchstation zu gehen, weil sie – so verrät sie mit einem bewaffnenden
Lächeln – „einem frisch gebackenen Prätorianer mal kurz die Leviten lesen…
müsse. Wir ziehen uns diskret in einen der Schützengraben ihres Büros
zurück.
## Lange Visitenkarte
Keine Frage, die taffe weiße Frau der FDP, Jahrgang 1958, hat den Bogen
raus. Und ihre Visitenkarte ist nicht nur wegen ihres Namens so lang:
Mitglied des Präsidiums des Förderkreises Deutsches Heer e. V. sowie der
Deutschen Wehrtechnischen Gesellschaft e. V., Mitglied des Beirats der
Bundesakademie für Sicherheitspolitik, Vorsitzende des
Verteidigungsausschusses im Deutschen Bundestag … „Tja“, unterbricht sie
unsere Lektüre, „was tut man nicht alles für ein bisschen gute Laune.“ –
„Bei den Aktionären von Airbus, Heckler & Koch und Thyssenkrupp?“ – „N…
eher bei deren Vorständen. Die Stimmung da ist jedenfalls immer ganz prima
nach jedem Abschuss … äh, Abschluss.“
Plötzlich Alarm. Wir werfen uns hinter den Sandsackwall, der
Strack-Zimmermann als Schreibtisch dient. Doch es ist nur die Türklingel:
Henning Otte tritt ein. Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU und
Strack-Zimmermanns Präsidiumskollege beim Förderkreis Warme Unterwäsche e.
V. kommt direkt aus Kyjiw, wo er Wolodimir Selenski einmal wöchentlich mit
ein paar frischen T-Shirts aus Bundeswehrbeständen versorgt.
„Das sind wir der Ukraine und ihrem Präsidenten einfach schuldig“, sagt
Strack-Zimmermann. Die olivgrünen Leibchen seien schließlich Selenskis
Marken-, ach was, Rangabzeichen. „Aber solange Scholz keine
schweißbrechenden Waschautomaten in die Ukraine liefert, müssen wir so für
frische Hemden sorgen“, klötert sie. Otte salutiert.
## Angebranntes Lieblingsgericht
Es folgt die schnelle Fragerunde: „Angenommen, Sie wären Putin: Welche
deutsche Stadt würden Sie als Erstes bombardieren?“ – „Ganz klar: Köln.…
„Ihr Lieblingsgericht aus der Gulaschkanone?“ – „Irgendwas Angebranntes…
Fleisch.“ – „Frieren oder Tempolimit?“ – „Nein.“ – „Krieg ode…
„Das ist ’ne doofe Frage an der Stelle, weil Frieden … nein.“ –
„Kriegstreiberin der Herzen oder Nancy Pelosi der Rüstungsindustrie?“ –
„Kommt drauf an.“ – „Ihr Spitzname?“ – „Strazi.“
Zeit, kurz mal durchzuschnaufen. Nach ein paar entspannenden Garben aus der
Maschinenpistole zeigt uns Strazi ihre Militariasammlung: alte
„Landser“-Hefte, sinnlose Tagesbefehle, die „Was ist Was?“-Ausgabe über
„Stalingrad“, von General Guderian persönlich signiert. Dann hat sie
plötzlich keine Zeit mehr: „Bin schließlich nicht mehr die Jüngste. Aber
keine Sorge: Den Dritten Weltkrieg erlebe ich noch.“ Wieder diese
rheinländische Lache, dieses Mal mit extrem viel Zahn.
Ein Feldwebel oder so kommt reingeknobelt: „Frage gehorsamst: Kleiner oder
großer Zapfenstreich zur Verabschiedung des Wahrheit-Reporters?“ – „Von …
aus groß. Oder was denken Sie?“ – „Nichts dagegen.“ – „Dann bräuc…
nur noch Ihren Wunschsong.“ Da überlegen wir aber nicht sehr lange: „‚W�…
du doch in Düsseldorf geblieben‘. Von Dorthe Kollo“. – „Gebongt.“
Haarhelm ab zum Gebet. Dann schmeißt uns Strazi raus.
24 Jan 2023
## AUTOREN
Fritz Tietz
## TAGS
Marie-Agnes Strack-Zimmermann
Leopard-Panzer
Krieg
Der Hausbesuch
Kindergarten
Energiewende
Parkraumbewirtschaftung
Barbara Schöneberger
Friedrich Merz
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Die Wahrheit
Verkehrspolitik
Kolumne Die Wahrheit
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