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# taz.de -- Glück finden in Brandenburg: Kommt raus, ihr Glücklichen!
> In Brandenburg sind die Menschen glücklich. Eine Suche im
> deutsch-polnischen Grenzgebiet.
Bild: Nicht alles Chanel und trotzdem vieles okay in Brandenburg
Brandenburg ist das glücklichste Bundesland in Ostdeutschland, bundesweit
auf Platz fünf. Das sagt der Glücksatlas 2022, erstellt von der Uni
Freiburg. Mein erster Gedanke dazu: ausdrucken und als Poster wild
plakatieren! Damit das alle erfahren, die mir hier in Frankfurt an der Oder
oft so unglücklich vorkommen.
Zweiter Reflex: das Glück suchen. Ich bummle durch die Stadt, spaziere am
Grenzstrom, fahre Tram, Bus und Bahn, plaudere mit Menschen. Die Stimmung
ist: „Könnte besser sein, aber geht schon.“ Ist das schon Glück, wenn’s
nicht beschissen ist?
Der Atlas definiert Glück als umfassende Zufriedenheit in den Bereichen
Arbeit, Familie, Vermögen, Konsum, Gesundheit − ergänzt durch individuelle
Faktoren.
Bei Arbeit, Familie und sogar Vermögen sehe ich unsere Chancen zum
Glücklicher-als-anderswo-Sein: Fachkräftemangel statt Arbeitslosigkeit,
soziales Netz statt Anonymität. Niedrigere Preise für Wohnen und Leben
ermöglichen Auskommen mit wenig Einkommen.
Großes Minus aber: Die Gesundheitsversorgung ist in der Provinz wirklich
nicht gut. Fachärzte sucht man in fernen Metropolen, weil die wenigen
Praxen hier überrannt werden. Heißt also: Hauptsache, gesund, das ist schon
Glück? Nah dran am Lebensgefühl hier, finde ich.
## Glück und Unglück in Lubuskie
Auf polnischer Oderseite gibt es eine ähnliche Studie, von
Immobilienagenturen und über städtisches Glück. Aber mit ähnlichen
Schlüsselfaktoren: Finanzen und Konsum, Umwelt, Infrastruktur und
Gesundheit.
Laut „Glückliches Heim“ 2022 folgt auf Gdańsk und Gdynia an der Ostsee
schon Zielona Góra, ehemals Grünberg und eine Hauptstadt unserer
Nachbarwojewodschaft Lubuskie, als drittglücklichste Stadt.
Auch das nördlichere, grenznahe Szczecin (Stettin) ist unter den Top 10.
Andererseits ist die zweite Lubuskie-Hauptstadt (ja, es gibt zwei!) Gorzów
Wielkopolski (ehem. Landsberg a. d. Warthe) auf dem vorletzten Platz − als
zweitunglücklichste Stadt Polens.
So weit, so unklar. Dann die Überraschung: Das Glück zeigt sich in Uniform!
Nämlich zum 15-jährigen Bestehen des Gemeinsamen Zentrums der
deutsch-polnischen Polizei- und Zollzusammenarbeit, das bald vom
Autobahnbüro Świecko in die Słubicer Innenstadt umziehen darf.
Hier, im ehemaligen Wohnheim der Poznańer Universität, sitzen bald
Polizei-, Zoll- und Grenzschutz, die jene deutsch-polnische Arbeit in echt
machen, [1][die dank „Polizeiruf 110“ berühmt ist]: Jährlich 500
grenzüberschreitende Autoverfolgungen, 25.000 Ersuchen um
Informationsaustausch und Ermittlungszusammenarbeit insgesamt. [2][Auch
Tausende Migrierende aufgreifen], doch das wird am Feiertag nur kurz
erwähnt.
Viele hier − darunter Polens Botschafter sowie Vertretende
Brandenburgischer und [3][Berliner Behörden] − erinnern sich lieber an die
Anfänge 2007, als Polen dem Schengen-Raum beitrat: Sprachen und
Rechtsgrundlagen mussten gebüffelt werden. Die Stimmung war wenig
zuversichtlich.
Heute braucht die Mehrheit der Feiernden keine Übersetzungskopfhörer mehr.
Aus fremden Kolleg*innen sind enge Bekannte, gar Freunde geworden, die
sich lachend auf die Schultern klopfen.
Eine Polizei-Jazz-Combo spielt auf, glänzende Lederschuhe wippen im Takt −
stilsicher und zufrieden zu James Brown: „And I feel nice, like sugar and
spice, 'cause I got you. And I feel good!“
Gefunden: ein Stückchen Grenzregion-Glück.
23 Jan 2023
## LINKS
[1] /Polizeiruf-110-Krimi-im-Ersten/!5898501
[2] /Pushbacks-an-deutsch-polnischer-Grenze/!5879831
[3] /Rechtsextremismus-bei-Berliner-Polizei/!5872871
## AUTOREN
Peggy Lohse
## TAGS
Polizei
Glück
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