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# taz.de -- Autovermieter Sixt: Doch kein Betriebsrat bei Sixt
> Vor Gericht haben drei Düsseldorfer Mitarbeiterinnen das Recht auf
> Mitbestimmung durchgesetzt. Nun sind sie für Verdi plötzlich nicht mehr
> erreichbar.
Bild: Dicke Autos, dürre Mitbestimmung: Werbung am Berliner Flughafen
Bochum taz Bei Deutschlands größter Autovermietung Sixt wird es auch
künftig bundesweit keinen einzigen Betriebsrat geben. Drei
Mitarbeiterinnen, die am Standort Düsseldorf als erste Sixt-Beschäftigte
[1][ihr Recht auf Mitbestimmung erstritten haben], sind für die
Gewerkschaft Verdi plötzlich nicht mehr erreichbar. „Mir hat ein Anwalt
geschrieben, dass ich von allen Versuchen der Kontaktaufnahme absehen
soll“, sagt Gewerkschaftssekretär Özay Tarim, der den Kampf der drei
monatelang unterstützt hat.
[2][Sixt gilt seit Jahrzehnten als betriebsratsfeindlich], fährt
traditionell eine harte Linie [3][gegen jede Form innerbetrieblicher
Mitbestimmung]. Dennoch hatten die drei Frauen seit 2021 versucht, am
Düsseldorfer Flughafen einen Betriebsrat zu gründen – und wurden prompt
massiv unter Druck gesetzt: Auf sie hagelten neben Abfindungsangeboten
sechs fristlose Kündigungen herab, die aber [4][sowohl vom Arbeitsgericht]
wie vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf kassiert wurden.
„Wer bei uns einen Betriebsrat gründet, fliegt raus“ – das sei der
Eindruck, den die Autovermietung erzeugt habe, erklärte das
Landesarbeitsgericht am 8. November. „Nichts, gar nichts“ dürfe das
Unternehmen gegen eine Betriebsratsgründung tun, ermahnte der Vorsitzende
Richter Alexander Schneider den bei der Urteilsverkündung anwesenden
Sixt-Geschäftsführer Dirk Hünten.
Die drei Mitarbeiter:innen blieben bei ihrer Forderung nach Schaffung
eines Betriebsrats am Sixt-Standort Düsseldorf. Eine vom Gericht in
Aussicht gestellte Auflösung ihrer Arbeitsverträge gegen Abfindungen von
jeweils 90.000 Euro brutto lehnten sie geschlossen ab. Stattdessen machten
sie bei einer Betriebsversammlung am 29. November klar: Einen Wahlvorstand,
der Betriebsratswahlen vorbereiten soll, wollten sie wie im
Betriebsverfassungsgesetz vorgesehen notfalls auch vom Arbeitsgericht
einsetzen lassen. Der Weg für den allerersten Betriebsrat bei Sixt war also
frei.
Doch keine sieben Wochen später ist davon keine Rede mehr. „Der Anwalt, der
mir den Kontakt zu unseren Gewerkschaftsmitgliedern untersagen will,
schreibt mir, die drei Mitarbeiterinnen hätten Sixt um die
einvernehmliche Beendigung ihrer Arbeitsverhältnisse gebeten“, sagt
Verdi-Mann Tarim – „angeblich proaktiv und aus freien Stücken.“ Die drei
Frauen hätten „das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlassen“, bestätigt
auch ein Sixt-Sprecher auf taz-Anfrage. Die „wirklichen Beweggründe für
diesen Schritt“ kenne die Firma nicht, beteuert der Unternehmenssprecher.
Trotzdem sei Sixt „nach wie vor der Auffassung, dass es den dreien nicht um
die Gründung eines Betriebsrats, sondern um hohe Abfindungen ging“. Das
hatte das Unternehmen auch vor Gericht behauptet. Allerdings sei die
Autovermietung „diesen Forderungen nicht nachgekommen“.
Gewerkschafter Tarim hält das für völlig unglaubwürdig. „Die Kolleginnen
sind [5][durch die Hölle gegangen]“, sagt er. 14 Monate hätten die Frauen
kein Gehalt bekommen, mussten von Arbeitslosengeld und am Ende von Hartz IV
leben. „Aber sie haben alle Arbeitsgerichtsprozesse gewonnen. Da glaubt
doch niemand, dass sie die Firma jetzt freiwillig zum Nulltarif verlassen“,
meint Tarim.
Natürlich könne er nicht nachweisen, ob und in welcher Höhe tatsächlich
Geld geflossen sei. Allerdings hätten nicht nur Abfindungen von 90.000 Euro
Abfindung pro Person im Raum gestanden – auch die Nachzahlung der 14
ungerechtfertigt einbehaltenen Monatsgehälter sei bei allen drei
Mitarbeiterinnen noch offen gewesen.
„Es ist erschreckend und abschreckend, dass Sixt Betriebsräte offenbar
wirklich um jeden Preis verhindert“, sagt Özay Tarim. Umso mehr ruft der
Gewerkschaftssekretär die Belegschaft der Autovermietung auf, sich nicht
einschüchtern zu lassen: „Egal wo in Deutschland Sixt-Beschäftigte ihr
Recht auf Mitbestimmung durchsetzen und einen Betriebsrat gründen wollen –
wir als Gewerkschaft werden sie mit aller Kraft unterstützen.“
15 Jan 2023
## LINKS
[1] /Prozess-gegen-Sixt/!5890580
[2] https://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/serie-pioniere-der-wirt…
[3] /Vorwurf-gegen-Autovermieter/!5140585
[4] /Arbeitsrecht-und-Unternehmen/!5837734
[5] /Sixt-verhindert-Betriebsrat/!5816979
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
Verdi
Betriebsrat
Arbeitskampf
GNS
Autoverkehr
Lieferdienste
Streik
Verdi
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