# taz.de -- Verschärfung des Waffenrechts: Faeser macht Ernst | |
> Die Innenministerin will per Gesetz unter anderem gegen halbautomatische | |
> Waffen vorgehen. Die FDP und Lobbyverbände wollen das verhindern. | |
Bild: Auch für Kauf und Besitz einer Schreckschusswaffe soll ein kleiner Waffe… | |
Berlin taz | Die FDP ging sofort auf Kontra. „Immer neue Forderungen für | |
ein schärferes Waffenrecht helfen nicht weiter“, erklärte ihr Innenexperte | |
Manuel Höferlin zum Gesetzentwurf von Innenministerin Nancy Faeser. Erst | |
mal solle das „vorhandene Strafmaß voll ausgeschöpft werden“. Auch | |
Parteikollege Konstantin Kuhle sprach von einem „falschen Weg“, das | |
geltende Recht sei ausreichend. Und Justizminister und FDP-Mann Marco | |
Buschmann ließ zuletzt ebenso keinen Zweifel, dass [1][er das Vorhaben | |
ablehnt]. | |
Aber Faeser will jetzt Ernst machen. Diese Woche legte sie ihren | |
48-seitigen Gesetzentwurf zur Waffenrechtsverschärfung vor. Er wird nun im | |
Kabinett abgestimmt und liegt der taz vor. Das Gesetz hatte Faeser bereits | |
im Frühjahr 2022 in ihrem [2][Aktionsplan gegen Rechtsextremismus] | |
angekündigt. Nach den [3][Reichsbürgerrazzien] und der [4][Silvesternacht] | |
machte sie noch mal Druck – und ergänzte Regelungen. | |
So sollen nun Waffenbehörden verpflichtend die örtliche Polizei zu | |
Waffenbesitzern anfragen, nicht wie bisher als „Soll“-Vorschrift. Auch der | |
Zoll und die Bundespolizei werden als Kontaktstellen ergänzt. Bei der | |
letzten Reform 2020 war bereits eine Regelabfrage beim Verfassungsschutz | |
eingeführt worden. | |
Nun sollen auch Regelabfragen bei Gesundheitsbehörden folgen. Diese sollen, | |
wenn sie Hinweise auf eine psychische Störung einer Person erlangen, | |
Waffenämtern Namen, Geburtsdatum und Wohnanschrift übermitteln. Diese | |
prüfen dann, ob die Person in ihren Registern ist – falls nicht, würden die | |
Daten wieder gelöscht. Zudem soll Erstantragstellende nun auch auf eigene | |
Kosten ein ärztliches oder psychologisches Zeugnis vorlegen – eine Reaktion | |
auf den psychisch auffälligen Hanau-Attentäter, [5][der legal Waffen | |
besaß]. Bisher galt diese Regelung nur für Unter-25-Jährige. | |
Erleichtert werden soll auch die persönliche Vorladung von | |
Antragstellenden. Die Waffenbehörden sollen zudem künftig auch die | |
Polizeidienststellen und Gesundheitsämter der Wohnsitze aus den vergangenen | |
fünf Jahre abfragen. Und Straftäter sollen erst nach 15 statt 10 Jahren | |
wieder legal Waffen besitzen dürfen, Mitglieder verbotener Vereine nach | |
zehn statt fünf Jahren. | |
## Halbautomatische Waffen werden verboten | |
Faeser will zudem „kriegswaffenähnliche halbautomatische Feuerwaffen“ | |
verbieten, wie sie etwa die Rechtsterroristen von Utøya oder Christchurch | |
nutzten. Es gehe um Waffen, die ihrem Anschein nach vollautomatischen | |
Selbstladewaffen ähneln, heißt es im Gesetzentwurf. Diese wirkten in der | |
Szene „besonders anziehend“. In Deutschland sollen davon 225.000 im Umlauf | |
sein – 60 Prozent davon in Privatbesitz. Das BKA soll die Waffenmodelle | |
künftig in jedem Einzelfall prüfen. | |
Auch für den Erwerb und Besitz von Schreckschusswaffen soll nun ein Kleiner | |
Waffenschein nötig sein – in der Silvesternacht wurden sie [6][für Angriffe | |
auf Einsatzkräfte genutzt]. Gleiches soll für Armbrüste gelten, die bei | |
Reichsbürgern beliebt sind. Wer jetzt schon im Besitz dieser Waffen ist, | |
soll den Waffenschein bis Ende 2025 nachholen. | |
Auch neu: Für Übungen auf Schießständen sollen nun stets Waffenerlaubnisse | |
vorgelegt werden – oder der Nachweis, dass kein Verbot für die | |
entsprechenden Waffen vorliegt. Die Betreiber:innen müssen dies | |
kontrollieren. | |
Zuletzt wird auch eine 18-monatige Waffenamnestie festgeschrieben, wenn | |
Besitzer illegaler Waffen diese nachweisbar unbrauchbar machen oder einer | |
Behörde übergeben. Bei einer vergangenen Amnestie im Jahr 2009 wurden | |
damals bundesweit immerhin rund 200.000 Waffen abgegeben. Bei einer | |
späteren im Jahr 2017 und 2018 waren es deutlich weniger. | |
Faeser hatte zuletzt erklärt, Rechtsextreme und Reichsbürger müssten „mit | |
aller Konsequenz“ entwaffnet werden. Es brauche „maximalen Druck aller | |
Behörden“. Nach der Silvesternacht nannte sie eine Verschärfung für | |
Schreckschusswaffen „ein wichtiges Signal“. | |
## Die FDP sieht nur ein Vollzugsproblem | |
Die FDP dagegen [7][blockiert die Waffenrechtsreform von Beginn an]. Auch | |
Buschmann hält das Waffengesetz bereits für streng genug. Aktuell äußerte | |
er sich nicht. Zuletzt betonte er aber, selbst die strengsten Waffengesetze | |
würden nicht helfen, wenn Menschen sich illegal Waffen beschafften. | |
Auch Jagd- und Schützenverbände sind entrüstet. Schon heute gehörten | |
Waffenbesitzer „zu den am strengsten überwachten Personengruppen in | |
Deutschland“, klagt Friedrich Gepperth, Präsident des Bunds Deutscher | |
Sportschützen. Das Waffengesetz sei das „strengste seiner Art“. Auch ein | |
Verbot halbautomatischer Waffen sei „völlig willkürlich“. Diese würden b… | |
Sportwettbewerben und Jagden eingesetzt, ihre „Deliktrelevanz“ gehe „gegen | |
null“. | |
Hinter Gepperth steht das Forum Waffenrecht, dem nach eigener Auskunft 200 | |
Verbände und Vereine mit rund 750.000 Mitgliedern angehören. Auch der | |
Deutsche Schützenbund, der 1,3 Millionen Sportschütz:innen zählt, hatte | |
sich zuletzt kritisch gezeigt. | |
## Grüne und Polizei unterstützen Faeser | |
Die Gewerkschaft der Polizei unterstützt dagegen zumindest das Vorgehen | |
gegen Schreckschusswaffen. Deren Zahl sei viel zu hoch und sie seien selbst | |
für Polizisten nicht von echten Waffen zu unterscheiden. | |
Auch die mitregierenden Grünen springen Faeser bei. Im Koalitionsvertrag | |
sei eine Reform des Waffenrechts festgehalten, erinnert Innenexperte Marcel | |
Emmerich. „Und gerade bei der Entwaffnung von Verfassungsfeinden und bei | |
Schreckschusswaffen gibt es erheblichen Handlungsbedarf.“ Die FDP müsse im | |
Interesse der öffentlichen Sicherheit „ein Einsehen haben und den | |
Koalitionsvertrag mit uns umsetzen“, so Emmerich zur taz. | |
Faeser selbst verteidigte am Dienstag ihren Gesetzentwurf. Die FDP habe | |
aber recht, dass es auch verstärkte Kontrollen brauche, sagte sie dem ZDF. | |
Hierfür sei mehr Personal in den Kommunalverwaltungen nötig. | |
10 Jan 2023 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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