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# taz.de -- CSU-Landesgruppe Klausurtagung: Selbstbeschwörung im Kloster
> Im Kloster Seeon läutet die CSU ein entscheidendes Jahr für die Partei
> ein: Im Oktober wird in Bayern neu gewählt. Doch die alte Größe ist
> dahin.
Bild: Weltpolitik in der bayrischen Idylle: Im Kloster Seeon hat die CSU-Landes…
Klosterseeon taz | Kein Schnee, keine Demos draußen auf der Wiese, keine
Regierungsbeteiligung im Bund: Die CSU-Klausurtagung zum Jahresauftakt ist
auch nicht mehr das, was sie mal war. Früher, da kündigte Landesgruppenchef
Alexander Dobrindt in Klosterseeon mal eine konservative Revolution an, mal
forderte Parteichef Markus Söder eine Umbildung des Bundeskabinetts – einer
Regierung, an der die CSU beteiligt war. Seit dem letzten Treffen vor der
Pandemie musste die CSU jedoch einen deutlichen Bedeutungsverlust
verschmerzen, die Union sitzt in der Opposition.
Jetzt, an diesem Sonntagmittag, hat sich Dobrindt, der als Chef der
Landesgruppe im Bundestag hier Gastgeber ist, im Klosterhof zum
Abschlussstatement aufgebaut, neben ihm steht der hessische
Ministerpräsident Boris Rhein. „Die Botschaft hier ist klar“, sagt
Dobrindt, „CDU und CSU stehen zusammen.“ Gemeinsam werde man in diesem
wichtigen Wahljahr mit dem „Ampel-Chaos“ abrechnen. Und weil bei Dobrindt
eine Alliteration nicht fehlen darf, ist dann auch noch von Kante, Kurs und
Kompromiss die Rede – das Gegenmodell vom „Team CDU/CSU“.
Die bayerische CSU und die hessische CDU müssen sich im Herbst zur Wahl
stellen, die Staatskanzleien in München und Wiesbaden verteidigen. Nun ist
die Ausgangslage für Söder nicht so brenzlig wie für Rhein, laut Umfragen
kann die Koalition aus CSU und Freien Wählern auf eine klare Mehrheit
hoffen. Doch 2018, bei der letzten Bayernwahl, war die CSU mit Söder auf
37,2 Prozent abgestürzt, das schlechteste Ergebnis seit 1950. Eine
Alleinregierung führt jetzt die SPD im Saarland, und Daniel Günthers CDU
hat mit 43,4 Prozent [1][in Schleswig-Holstein] weit besser abgeschnitten
als die Christsozialen.
Die alte Größe der CSU ist dahin. Laut Programm geht es an diesem
Wochenende in Seeon vor allem um internationale Politik. Die Präsidentin
des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, ist eingeladen, ebenso
Natalia Gavrilița, die Ministerpräsidentin der Republik Moldau. Auch der
Militärexperte Carlo Masala und Peter Neumann, Professor für
Sicherheitsstudien, diskutieren mit den Abgeordneten über den Krieg in der
Ukraine. Und das 18-seitige Papier mit dem Titel „Zeitenwende braucht
Entschlossenheit“, das die Landesgruppe am Ende verabschiedet, liest sich
wie ein Wünsch-dir-was für den Bund.
Dobrindt im Scheinwerferlicht
Daneben arbeiten sich die Abgeordneten an Themen wie der Silvesterrandale
und linker Wokeness ab, fordern die Abberufung der glücklosen
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und mehr Investitionen in die
Forschung zur Kernfusion. Aber im Kern geht es vor allem um ein Datum: den
8. Oktober, den Tag der Bayernwahl. Unter die Marke von 2018 darf die CSU
nicht fallen. Hinter den Kulissen heißt es denn auch, dass die
Bundespolitik in diesem Jahr für die CSU eher eine Nebenrolle spielen wird.
[2][Hier im Kloster darf Dobrindt] mal wieder im Scheinwerferlicht stehen,
während er sich in Berlin mittlerweile die Medienaufmerksamkeit mit
Oppositionsführer Friedrich Merz teilen muss, und das eher zu ungleichen
Teilen. Innerhalb der Union ist die relative Bedeutung der CSU-Landesgruppe
zwar gewachsen, da sie anders als die CDU über fast dieselbe Zahl von
Abgeordneten verfügt wie in der letzten Legislaturperiode. Doch in der
medialen Aufmerksamkeit spiegelt sich das nicht wider: Im Bundestag
antwortet Merz als Erster auf die Regierungserklärung des Kanzlers. Und
nach ihm kommen noch fünf weitere Abgeordnete, bis Dobrindt an der Reihe
ist.
Zumindest hier in Seeon aber hat der stets das erste Wort. Selbst am
Freitagnachmittag, als zum Auftakt der Klausur Söder zu Gast ist. Zwischen
ihm und Dobrindt lief es lange Zeit alles andere als rund. Doch im
Zusammenspiel zwischen Partei- und Landesgruppenchef haben die beiden zu
einem guten Miteinander gefunden. So lässt Söder keine Gelegenheit für
lobende Worte über seinen Landesgruppenchef aus – und er scheint sie ernst
zu meinen. Söder weiß, was er an dem erfahrenen Bundespolitiker hat. Der
52-Jährige sitzt seit 20 Jahren im Bundestag, kennt das Geschäft in Berlin,
seit 2017 führt er die Landesgruppe.
Dass der Ministerpräsident seine Phase, in der er die Wähler*innen der
Grünen umgarnte, Bäume umarmte und Bienen rettete, hinter sich gelassen hat
und wieder auf konservative Positionen und die CSU-Stammklientel setzt,
kommt Dobrindt zupass. Und dass in diesem noch immer der ehemalige
Generalsekretär mit Wadenbeißer-Qualitäten steckt, passt dazu.
So dürfte Dobrindt in dem Schicksalsjahr, das Söder für sich und die CSU
ausgerufen hat, vor allem eine Rolle zukommen: seinem Chef in Berlin den
Rücken freizuhalten. Während Dobrindt an der Seite von Merz Opposition
machen und dabei sicher auch mal übers Ziel hinausschießen wird, kann Söder
in Bayern entspannt d[3][en erfolgreichen Landesvater] geben. Der hat das
Kloster am Freitagabend schon wieder verlassen. Bayern muss schließlich
regiert werden.
8 Jan 2023
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## AUTOREN
Dominik Baur
Sabine am Orde
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Hubert Aiwanger
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