# taz.de -- Mangel an Medikamenten: Engpass nicht behoben | |
> Vor allem für Kinder fehlen Arzneimittel. Hausärzt:innen und | |
> Apotheker:innen rechnen auch in den kommenden Monaten mit Lücken. | |
Bild: Medikamente sind knapp: Krankes Kind hängt ab | |
BERLIN taz/dpa | Die Bundesregierung will gegen den anhaltenden Mangel an | |
Medikamenten insbesondere für erkrankte Kinder vorgehen. Dazu sollen | |
Preisschranken fallen, die Kassen mehr Kosten übernehmen, die | |
Apotheker:innen flexibler bei der Abgabe von Medikamenten handeln | |
können. Doch die von [1][Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)] | |
am Dienstag vorgestellten Eckpunkte für ein reformiertes Arzneimittelgesetz | |
überzeugen nicht alle. | |
Hausärzt:innen und Apotheker:innen rechnen trotz der angekündigten | |
Gegenmaßnahmen mit einem anhaltenden Medikamentenmangel. „Die jetzt | |
diskutierten Maßnahmen werden in der hausärztlichen Versorgung kurzfristig | |
nur bedingt helfen“, sagte Nicola Buhlinger-Göpfarth, stellvertretende | |
Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, der Rheinischen Post. | |
„Die [2][Lieferengpässe sind in den Hausarztpraxen] sehr deutlich zu | |
spüren. Die Hausärztinnen und Hausärzte müssen inzwischen sehr viel Zeit | |
investieren, um, sofern dies überhaupt möglich ist, Medikationen | |
umzustellen.“ | |
Auch der Apothekerverband Nordrhein erwartet lang anhaltende | |
Lieferschwierigkeiten bei Medikamenten. „Es wird viele Monate dauern, bis | |
die Versorgungssituation besser wird. Wir gehen davon aus, dass die | |
Lieferprobleme auch 2023 anhalten und noch weitere Arzneimittel betroffen | |
sein werden“, sagte Verbandschef Thomas Preis der Zeitung. „Täglich werden | |
neue Medikamente knapp: Aktuell fehlen Mittel zur Desensibilisierung von | |
Allergikern, die sollen erst im Mai kommen – wenn die Pollensaison schon | |
begonnen hat – dann kann man aber nicht mehr desensibilisieren.“ | |
Die Pläne Lauterbachs seien nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“. Dieser | |
will das Angebot wichtiger [3][Arzneimittel besonders für Kinder] besser | |
gegen Lieferengpässe absichern. Eckpunkte für ein Gesetz sehen unter | |
anderem neue Preisregeln vor. Das soll Lieferungen für Anbieter | |
wirtschaftlich attraktiver machen. Im ZDF-“heute journal“ sagte Lauterbach: | |
„Wir sehen das Problem schon lange. Wir müssen einen Teil der wichtigen | |
Wirkstoffe wieder in Europa produzieren lassen. Und da hilft nur der Zwang, | |
dass die Krankenkassen dann auch aus Europa kaufen müssen.“ | |
## Maßnahmen gehen vielen nicht weit genug | |
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, forderte Lauterbach | |
auf, höhere Preise nur für wirklich versorgungsrelevante Kindermedikamente | |
zuzulassen. Im Gegensatz dazu kritisierte der CSU-Gesundheitsexperte | |
Stephan Pilsinger in der Augsburger Allgemeinen: „Leider gehen die | |
Maßnahmen auch nicht weit genug.“ Von den über 330 von Engpässen | |
betroffenen Medikamenten würden nur wenige Arzneimittelgruppen wie | |
Kinderarzneimittel, Krebsmedikamente oder Antibiotika von den geplanten | |
Maßnahmen erfasst. | |
Das sieht der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann anders. Lauterbach habe | |
mit seinen Eckpunkten den richtigen Weg eingeschlagen. „Wir müssen (uns) | |
aber jetzt genau angucken, wo die Probleme genau sind“, sagte Ullmann im | |
Deutschlandfunk. Er forderte dazu einen gemeinsamen „Versorgungsgipfel“ von | |
Ärzten, Apotheken und Pharmaindustrie. „Das ist immer schlecht, | |
übereinander zu reden. Es ist viel besser, wenn wir miteinander reden, | |
damit wir gemeinsam ein Problem lösen können.“ | |
Der Deutsche Städtetag appellierte angesichts [4][der Überfüllung von | |
Kliniken] an die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, ihre Praxen länger | |
geöffnet zu halten. „Bitte prüfen Sie, Ihre Praxen auch noch nach 18 Uhr, | |
am Samstag und Sonntag und an den Feiertagen offen zu halten“, sagte | |
Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy den Zeitungen der Funke Mediengruppe. | |
## Kommunen bitten Praxen um Entlastung | |
Bei einfachen Erkrankungen sollten Patientinnen und Patienten die Nummer | |
der ambulanten Notfallversorgung der niedergelassenen Ärzte, 116117, wählen | |
und nicht die Nummer 112 des örtlichen Rettungsdienstes. Diese sei nur für | |
echte Notfälle gedacht. Derzeit sorgen neben Corona auch andere | |
Atemwegserkrankungen wie bei Kindern die RS-Viren für viele schwere Infekte | |
und überlastete Kliniken. Fast jeder zehnte Klinikmitarbeiter ist zudem | |
laut der Deutschen Krankenhausgesellschaft aktuell selbst erkrankt. | |
21 Dec 2022 | |
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