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# taz.de -- Silvester-Ausschreitungen: Knaller mit politischem Zündstoff
> Nach Angriffen auf Feuerwehr und Polizei mehren sich Forderungen nach
> einem Verkaufsverbot von Feuerwerk. Doch Innenministerin Faeser lehnt das
> ab.
Bild: In Berlin hat es mächtig gekracht in der Silvesternacht: Szene aus Neuk�…
Berlin taz | Muss es erst einmal richtig scheppern, damit sich politisch
etwas ändert? Nach landesweit [1][heftigen Angriffen auf Feuerwehr und
Polizei in der Silvesternacht] hat Berlins Regierende Bürgermeisterin
Franziska Giffey (SPD) „Konsequenzen“ und eine bundesweite Debatte darüber
gefordert. „Es gibt hier Gesprächsbedarf, das ist völlig klar“, sagte
Giffey am Montag und fügte hinzu: „Wir können bestimmte Regelungen nicht
alleine in Berlin treffen.“ Ob sie damit ein generelles Verkaufsverbot von
Feuerwerk meinte, das der Bund beschließen müsste, blieb offen.
Die Grünen in Berlin, die dortige Gewerkschaft der Polizei (GdP) und
Umweltverbände hatten [2][dies im Vorfeld des Jahreswechsels erneut
gefordert]. Sie verwiesen auf Erfahrungen aus den Pandemiejahren, [3][als
der Bund ein solches Verbot erlassen hatte], unter anderem um eine
Überlastung der Krankenhäuser zu verhindern. In der Folge kam es zu
deutlich weniger Verletzungen durch Feuerwerkskörper und auch zu weniger
Einsätzen der Feuerwehr.
Am Samstag verlief der Silvesterabend jedoch wie vor der Pandemie,
vielerorts sogar schlimmer. Nach Angaben von Berlins Innensenatorin Iris
Spranger (SPD) kam es zu Dutzenden Angriffen auf Rettungs- und
Einsatzkräfte, 15 Beschäftigte der Feuerwehr und 18 der Polizei seien
verletzt worden. Ein Feuerwehrmann und ein Polizist kamen mit schweren
Verletzungen ins Krankenhaus.
Vor dem Hintergrund dieser Ereignisse sprach sich Innensenatorin Spranger
für eine deutliche Beschränkung privater Feuerwerke und eine Anpassung des
bundesweiten Sprengstoffgesetzes aus. „Ich appelliere an die Bundesländer,
Initiativen aus Berlin im Bundesrat zu unterstützen, um das
Sprengstoffgesetz dahingehend anzupassen, dass jedes Bundesland weitgehende
Beschränkungsmöglichkeiten erhält bis hin zum Verbot des privaten Einsatzes
von Pyrotechnik“, sagte sie der taz.
## Schreckschusspistolen ins Gesicht gehalten
Berlins Feuerwehr teilte mit, man sei von der Masse und Intensität der
Angriffe auf die Einsatzkräfte überrascht worden. Kolleg*innen seien
Schreckschusspistolen ins Gesicht gehalten worden, auch habe es gezielten
Beschuss mit Pyrotechnik während der Löscharbeiten gegeben, sogar zu
Plünderung von Einsatzfahrzeugen durch vermummte Personen sei es gekommen.
Auch in anderen Städten habe es Angriffe auf Fahrzeuge und Personen
gegeben, etwa in Hamburg, wo ein 51-jähriger Beamter aus einer Gruppe
heraus einen Schlag auf den Kopf bekam und verletzt ins Krankenhaus
gebracht wurde.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) lehnt derweil ein generelles
Böllerverbot ab. „Das bestehende Recht bietet bereits umfassende
Möglichkeiten, um das Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände zu verbieten
oder auch zu begrenzen“, sagte eine Sprecherin am Montag.
So sei im Umfeld von etwa Kirchen, Krankenhäusern und Altenheimen das
Böllern gesetzlich grundsätzlich untersagt, zudem könnten Länder und
Kommunen so genannte Böllerverbotszonen einrichten. In Hamburg wie in
Berlin wird nun als Konsequenz aus den Vorfällen überlegt, bereits
bestehende Verbotszonen auszuweiten.
Laut Faeser zeige das Ausmaß der Gewalt darüber hinaus eine Verrohung, die
konsequentes Handeln erfordere. Die Innenministerin verwies darauf, dass
die Strafvorschriften zum Schutz von Polizei- und Rettungskräften in den
letzten Jahren erheblich verschärft worden seien, es könnten „empfindliche
Freiheitsstrafen“ verhängt werden.
Nach Angaben des BMI gibt es noch keinen bundesweiten Überblick zu den
Übergriffen und den Tatverdächtigen in der Silvesternacht. Die Sprecherin
verwies auf ein Lagebild zu Angriffen auf
Polizeivollzugsbeamt*innen im Jahr 2021. Bei den darin knapp
40.000 erfassten Gewalttaten seien von den Tatverdächtigen 84 Prozent
männlich, 70 Prozent Deutsche und älter als 25 Jahre alt gewesen.
Auch Politiker*innen von Union und FDP wandten sich gegen ein
allgemeines Böllerverbot. Das Verhalten von Kriminellen dürfe nicht
bedeuten, „dass auch die vielen friedlich Feiernden einem generellen
Feuerwerksverbot unterliegen sollten“, sagte Thorsten Frei (CDU),
Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, der
Rheinischen Post.
Der Bochumer Kriminologe Thomas Feltes dagegen hält ein Böllerverbot zu
Silvester für angemessen, um Rettungskräfte vor Gewalt zu schützen. „Dafür
können die Kommunen Feuerwerke organisieren“, sagte Feltes dem epd. Zwar
würden dann wahrscheinlich immer noch illegal Böller gezündet. Aber wenn
die Polizei wisse, es sei verboten, habe sie bessere Möglichkeiten, dagegen
vorzugehen.
Auch die Deutsche Umwelthilfe forderte erneut ein absolutes Böllerverbot.
Geschäftsführer Jürgen Resch verwies unter anderem auf die Verletzten und
[4][die Umweltbelastung durch Feuerwerk.]
In Berlin wies Franziska Giffey derweil darauf hin, dass Berlins
Innensenatorin im Januar den Vorsitz der Innenministerkonferenz übernehme
und zugesagt habe, das Thema dort anzusprechen. „Die Innenminister aller
Bundesländer müssen sich darüber beraten, wie man künftig mit dieser
Situation umgeht“, so Giffey.
2 Jan 2023
## LINKS
[1] /Jahreswechsel-in-Berlin/!5898719
[2] /Boellerverbot-an-Silvester-in-Berlin/!5901932
[3] /Berlin-an-Weihnachten-und-Silvester/!5821043
[4] /Feuerwerksraketen-an-Silvester/!5901534
## AUTOREN
Sabine am Orde
Bert Schulz
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