# taz.de -- Klage wegen trüber Gewässer: Die Eider wird sauer | |
> Wegen Essigsäure und Pestiziden im Fluss: Die Deutsche Umwelthilfe | |
> verklagt Schleswig-Holstein. Das Vorgehen beim Gewässerschutz sei | |
> halbherzig. | |
Bild: Bedrohte Landschaft: Eiderniederung bei Bargen | |
RENDSBURG taz | In der Eider, [1][Schleswig-Holsteins größtem Fluss,] | |
schwimmen zu viele Pflanzenschutzmittel und giftige Essigsäure, bemängelt | |
die Deutsche Umwelthilfe. Kurz vor Weihnachten hat der Verein Klage gegen | |
die Regierung in Kiel eingereicht. Er will damit das Land zwingen, seinen | |
Wasserbewirtschaftungsplan zu überarbeiten und schärfere Maßnahmen gegen | |
die Verunreinigungen zu ergreifen. Es ist eine von einer ganzen Reihe von | |
Klagen gegen Bundesländer. | |
In weiten Schleifen zieht sich die Eider durch den Nordwesten von | |
Schleswig-Holstein. Gemeinsam mit den Nebenflüssen Treene und Sorge bilden | |
sie eine Landschaft, die das Bundesamt für Naturschutz als „bedeutsam“ | |
einstuft. | |
Aber sie ist in Gefahr, warnt die Deutsche Umwelthilfe (DUH): „Der | |
[2][aktuelle Bewirtschaftungsplan der Landesregierung] für die | |
Flussgebietseinheit Eider ist unzureichend, um die verbindlichen | |
Gewässerschutzziele zu erreichen“, heißt es in einer Mitteilung des | |
Vereins. | |
Die DUH bezieht sich auf das „europäische und nationale Wasserrecht, das | |
Deutschland und die Bundesländer dazu verpflichtet, einen guten chemischen | |
und ökologischen Zustand der Wasserkörper herzustellen“. Es gehe um den | |
„Schutz der Natur sowie der Gesundheit von Menschen und Tieren“. | |
## Trübes Fazit über Gewässerzustand | |
Der aktuelle Bewirtschaftungsplan für die Eider umfasst den Zeitraum von | |
2022 bis 2027. Das Papier stammt aus dem Jahr 2020 und wurde vom damaligen | |
Umwelt- und Landwirtschaftsministerium unter Jan Philipp Albrecht (Grüne) | |
verantwortet. Auf 360 Seiten geht es um den ökologischen Zustand des | |
Flusses, die Fische und Algen, die Belastung des Wassers durch | |
Landwirtschaft. | |
Das Fazit ist so trübe wie der Fluss: „Aktuell verfehlen etwa 96 Prozent | |
der Fließgewässer und 31 Prozent der Seen den guten ökologischen Zustand.“ | |
Um das zu ändern, sieht der Plan eine Reihe von Maßnahmen vor, darunter | |
Gesetze wie die bereits in Kraft getretene Düngeverordnung. Gleichzeitig | |
baut das Land ein paar Bremsen ein: Einige der Maßnahmen sollen „planmäßig | |
erst in der zweiten Hälfte des Bewirtschaftungszeitraums umgesetzt werden“, | |
andere brauchen noch die Abstimmung mit dem Bund, und „gelegentlich können | |
offene Finanzierungsfragen zu unvorhergesehenen Verzögerungen führen“. | |
„Halbherzig und schleppend“ nennt Florian Schulz, Wasserexperte des BUND | |
Schleswig-Holstein, das Vorgehen der Regierung beim Gewässerschutz: „Wir | |
müssen jetzt handeln, denn wir befinden uns bereits mitten in einer | |
Gewässerkrise“, heißt es in einer Stellungnahme. „Um die Ziele für 2027 | |
noch zu erreichen, muss Schleswig-Holstein massiv nachbessern.“ | |
## Umweltminister bittet um Geduld | |
[3][Die DUH bemängelt] darüber hinaus, dass im gesamten Plan der Begriff | |
Trifluoressigsäure, kurz TFA, gar nicht auftaucht. „TFA ist ein bisher | |
recht unbekannter Stoff, allerdings mit besorgniserregend starken | |
Konzentrationsanstiegen in unseren Gewässern. Die Chemikalie baut sich in | |
der Natur nicht ab und kann auch nicht aus dem Wasser entfernt werden“, so | |
Jürgen Resch, Geschäftsführer der DUH. Der Stoff sei „nachweislich giftig�… | |
für einige Algenarten. | |
Daher hat der prozessfreudigste der deutschen Umweltschutzvereine nun vor | |
dem Oberverwaltungsgericht Schleswig Klage gegen das Land eingereicht, um | |
eine Reduzierung der Gewässerbelastung durch Pflanzenschutzmittel und | |
Trifluoressigsäure zu erwirken. | |
Das Land reagierte darauf bisher knapp: Dem Umweltministerium sei „bekannt, | |
dass eine Klage erhoben wurde“, erklärte ein Sprecher des Ministers Tobias | |
Goldschmidt (Grüne) gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Da aber noch | |
keine schriftliche Begründung vorliege, „bitten wir um Verständnis, dass | |
wir uns zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht in der Sache äußern können“. | |
Der Landesregierung und dem Umweltministerium sei der Gewässerschutz ein | |
großes Anliegen, betonte der Sprecher. | |
4 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Klimafarm-in-Schleswig-Holstein/!5902678 | |
[2] https://www.schleswig-holstein.de/mm/downloads/Fachinhalte/Wasserrahmenrich… | |
[3] /Nabu-gegen-verschmutzte-Gewaesser/!5801962 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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