# taz.de -- Neue Regierungskoalition in Dänemark: Mehrheitsregierung nach 30 J… | |
> Dänemarks Sozialdemokraten rücken weiter nach rechts. Dabei hätte | |
> Ministerpräsidentin Frederiksen ihre Minderheitsregierung fortführen | |
> können. | |
Bild: Mette Frederiksen stellt die neue Regierung vor | |
STOCKHOLM taz | Sechs Wochen nach der Parlamentswahl hat Dänemark eine neue | |
Regierung. Nach den längsten Regierungsverhandlungen der bisherigen | |
dänischen Geschichte gibt es nach 30 Jahren erstmals wieder eine | |
Mehrheitsregierung, die die bisherige und künftige Ministerpräsidentin | |
Mette Frederiksen am Dienstagabend vorstellte. | |
An den Vortagen hatten alle anderen Parteien, die noch an den | |
Regierungsverhandlungen beteiligt gewesen waren, diese verlassen. Die zwei | |
rechtsliberalen Parteien Venstre und Moderaterne waren übrig geblieben. Sie | |
wollen nun [1][mit Frederiksens Sozialdemokraten eine Koalitionsregierung | |
bilden]. Mit 93 der 179 Parlamentsmandate, inklusive der vier Mandate | |
Grönlands und der Färöer, fällt diese Mehrheit zwar knapp aus. Seit Beginn | |
der 1970er Jahre waren in Kopenhagen aber Minderheitsregierungen die Regel | |
gewesen. | |
Historisch ist auch, dass die „roten“ Sozialdemokraten und die „blaue“ | |
Venstre, die „Erzfeinde in der dänischen Politik“, so die Tageszeitung | |
Politiken, nun eine gemeinsame Regierung bilden. Das hatte es nach Ende des | |
Zweiten Weltkriegs erst einmal 1978 gegeben. Und da platzte die Koalition | |
schon nach 14 Monaten wieder. | |
Man sei sich nicht in allem einig, erklärte Frederiksen am Mittwoch bei | |
einer Pressekonferenz. Im künftigen Regierungsprogramm seien „einige Sachen | |
klassisch rote, andere klassisch blaue Politik (…) Aber wir glauben, dass | |
es Grundlagen für eine Zusammenarbeit gibt.“ Dabei machten die | |
Sozialdemokraten ihren rechtsliberalen Koalitionspartnern erhebliche | |
Zugeständnisse, die vor allem die oberen Einkommen steuerlich entlasten. | |
Damit vollziehen die Sozialdemokraten, deren [2][Migrationspolitik bereits | |
zu den restriktivsten] in Europa gehört, in einem weiteren Bereich einen | |
Rechtsruck. Und weil das Programm der neuen Regierung neben den | |
sozialpolitischen auch die klimapolitischen Ambitionen vermissen lässt, die | |
ihre bisherige auf die Unterstützung von vier roten und grünen Parteien | |
angewiesene Minderheitsregierung kennzeichneten, spricht die linke | |
Einheitsliste schon jetzt von einer „vollständig kohlschwarzen Regierung“. | |
## Nerz-Skandal aus Eis gelegt | |
Die konservative Zeitung Berlingske Tidende stellte in Frage, ob Mette | |
Frederiksen eigentlich noch eine „richtige Sozialdemokratin“ sei. | |
Ekstrabladet titelte schon vergangene Woche „blaue Mette“, am Mittwoch | |
bekam sie das Etikett „Wendehals“. „Erhebliche Bauchschmerzen“ bei der | |
sozialdemokratischen Basis erwartet der Kommentator des dänischen | |
Rundfunks. Dabei ist Frederiksen nicht die einzige Vorsitzende der drei | |
neuen Koalitionsparteien, die wegen der Prinzipien, die man nun der | |
Zusammenarbeit opfert, in den eigenen Reihen auf Kritik stößt. | |
Ein zentrales Wahlversprechen des Venstre-Vorsitzenden Jakob | |
Ellemann-Jensen und seines Moderaten-Kollegen Lars Løkke Rasmussen war | |
gewesen, den „Nerz-Skandal“ rechtlich prüfen zu lassen und Frederiksen | |
dafür zur Verantwortung zu ziehen. Angesichts des von ihrer Regierung | |
angeordneten [3][Abschlachtens von 15 Millionen Nerzen 2020] warf ihr ein | |
im Sommer veröffentlichter Untersuchungsbericht die Verbreitung „objektiv | |
gesehen grob irreführender Informationen“ vor. | |
Seither schwebt über ihr das Damoklesschwert eines Reichsgerichtsverfahrens | |
wegen Amtsvergehens. Doch um den in die Wege zu leiten bedürfte es einer | |
Parlamentsmehrheit. Die gibt es nun nicht mehr. Ellemann-Jensen und Løkke | |
Rasmussen machten eine Kehrtwende: Man könne eine Zusammenarbeit nicht mit | |
juristischen Untersuchungen gegen die Regierungschefin vereinbaren. | |
14 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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