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# taz.de -- Asylpolitik in Dänemark: Überall hin, nur nicht ins Land
> Die dänische Regierung treibt ihre Pläne für einen Flüchtlingsknast im
> Kosovo und nach Ruanda ausgelagerte Asylverfahren weiter voran.
Bild: Migrantisches Begrüßungskomitee für ankommende Geflüchtete in Dänema…
Stockholm taz | Sich unangenehme Probleme vom Hals zu schaffen, indem man
Menschen einfach in andere Länder verfrachtet, scheint ein von der
sozialdemokratischen Regierung Dänemarks zunehmend verfolgtes politisches
Konzept zu sein. In der vergangenen Woche wurde der bereits im vergangenen
Jahr angekündigte Plan besiegelt, ein Gefängnis im Kosovo zu einer Art
[1][dänischer Strafkolonie] für bis zu 300 Abschiebehäftlinge zu
verwandeln. Und man plant einen Asyldeal mit Ruanda, ähnlich dem, den
[2][London gerade abgeschlossen] hat.
Den von ihm und seiner kosovarischen Amtskollegin Albulena Haxhiu am
Mittwoch unterzeichneten [3][Vertrag] über die 10-jährige Anmietung von
Haftplätzen im Gefängnis Gjilan bezeichnete Justizminister Nick Hækkerup
als „bahnbrechend“. Der Kosovo-Knast ist wegen der geringeren
Personalkosten nicht nur preisgünstiger als eine dänische Haftanstalt.
Hækkerup möchte noch einen Schritt weiter gehen: „Unser Ausgangspunkt ist,
dass die Verurteilten das selbst finanzieren müssen.“ Ob mit unbezahlter
Arbeit oder wie sonst man das praktisch erreichen könne, daran werde in
seinem Ministerium noch gefeilt.
KritikerInnen werfen Kopenhagen nicht nur deswegen „modernes
Kolonialdenken“ vor, sondern auch wegen [4][eines anderen Plans], der seit
über einem Jahr vor sich hinköchelt: Flüchtlingen soll der Aufenthalt in
Dänemark zur Durchführung eines Asylverfahrens ganz versagt und ihre
Asylprüfung ins 6.000 Kilometer entfernte Ruanda verlegt werden. Ihr
Transport dorthin soll erforderlichenfalls mit Hilfe von „unmittelbarem
Zwang“ erfolgen, heißt es in einem Gesetzentwurf.
Die Idee des dänischen Integrationsministers Mattias Tesfaye scheint der
Regierung von Boris Johnson so gut gefallen zu haben, dass London mit einem
entsprechendem Asyldeal Dänemark in der vergangenen Woche sogar noch
zuvorkam. Man sei aber „auf gutem Wege“, informierte Tesfaye am Donnerstag
VertreterInnen aller Parlamentsparteien. Allerdings könne er Einzelheiten
nicht nennen, „der Dialog mit Ruanda muss vertraulich bleiben“. Ein
Sprecher der für alle skandinavischen Länder zuständigen ruandischen
Botschaft in Stockholm bestätigte Jyllands Posten entsprechende
Verhandlungen.
## Keine Angst vor Warnungen aus Brüssel
Das veranlasste EU-Flüchtlingskommissarin Ylva Johansson am Freitag,
Kopenhagen vor „möglichen Konsequenzen für die Dublin-Zusammenarbeit“ zu
warnen, sollte man einen solch „kontraproduktiven“ und „egoistischen“ P…
tatsächlich verwirklichen.
Diese Warnung aus Brüssel muss man vermutlich nicht allzu ernst nehmen. Zum
einen hat die schwedische Kommissarin angesichts der illegalen Pushbacks
von Flüchtlingen durch Polen und Litauen nach Belarus bewiesen, dass sie
mit dem Bruch von europäischem und internationalem Recht keine übergroßen
Probleme zu haben scheint und es im Zweifel bei einem erhobenem Zeigefinger
bleibt. Zum anderen hatte sich Dänemark für seine Zustimmung zum
Maastricht-Abkommen ohnehin ausgehandelt, außerhalb der gemeinsamen
EU-Flüchtlingspolitik stehen zu können.
Allerdings fällt es der dänischen Regierung zunehmend schwer, den Sinn
ihres von der Linksopposition als „skrupellos“ verurteilten Ruanda-Konzepts
deutlich und im Parlament die dafür erforderlichen Millionen locker machen
zu können.
Ursprünglich hatte man von einer Art Vorreiterrolle in der EU geträumt:
Andere Länder würden sich sicher anschließen. Inzwischen zeichnet sich ab,
dass dies nicht der Fall sein dürfte. Das Argument, Flüchtlinge könnten so
davon abgehalten werden, die Flucht über das Mittelmeer überhaupt erst
anzutreten, greift deshalb nicht mehr.
Der Effekt, den eine Auslagerung des Asylverfahrens nach Ruanda allenfalls
noch haben könnte: Flüchtlinge würden vermutlich Dänemark meiden.
Vielleicht reicht Kopenhagen ja schon ein solcher „Erfolg“.
2 May 2022
## LINKS
[1] /Daenemarks-Abschottungspolitik/!5820865
[2] /Asyldeal-von-Grossbritannien-und-Ruanda/!5846516
[3] ttps://www.justitsministeriet.dk/wp-content/uploads/2022/04/Final-treaty-De…
[4] /Fluechtlingspolitik-in-Daenemark/!5776330
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Dänemark
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