# taz.de -- Dänemark weitet Schleppnetzverbot aus: Mehr Ruhe für den Kabeljau | |
> Die Fischerei mit Grundschleppnetzen schafft Wüsten am Meeresboden. | |
> Kopenhagen setzt nun ein Zeichen. Aber was ist mit der Flensburger Förde? | |
Bild: In Zukunft ohne Grundschleppnetze zwischen Jütland und den Inseln Fünen… | |
STOCKHOLM taz | In einer ihrer letzten Amtshandlungen hat sich Dänemarks | |
Minderheitsregierung von Ministerpräsidentin Mette Frederiksen mit ihren | |
links-grünen Unterstützerparteien und den Christdemokraten auf ein Verbot | |
der Schleppnetzfischerei geeinigt. Es geht um ein Meeresgebiet zwischen | |
Jütland und den Inseln Fünen, Seeland sowie Lolland – 5,7 Prozent der | |
dänischen Territorialgewässer. | |
„Tun wir nichts, wird die dänische Fischerei einen langsamen Tod sterben“, | |
sagte Fischereiminister Rasmus Prehn: [1][Kabeljau und andere Arten] würden | |
verschwinden, „die Meeresumwelt zugrunde gehen“. Der Naturschutzverbund | |
spricht von einem „historischen Beschluss“. | |
Ab 1. Januar 2023 ist die umstrittene Art der Fischerei damit auch im | |
Großen und Kleinen Belt, im Langelandsbelt und im Südfünischen Inselmeer | |
nicht mehr erlaubt. Bereits seit 1932 gilt ein Schleppnetzverbot für den | |
Öresund zwischen Dänemark und Schweden. Erlassen worden war es damals, um | |
die Schifffahrt sicherer zu machen. Untersuchungen in der Verbotszone | |
bewiesen jedoch, dass hier die die biologische Vielfalt und [2][ein | |
natürlicher Fischbestand erhalten werden konnten, obwohl umfangreich weiter | |
gefischt wurde]. Es gilt den BefürworterInnen des neuen Verbots daher auch | |
als Argument für dessen Wirksamkeit. | |
„Wenn man den Schlammboden mit Schleppnetzen aufwühlt, passiert dasselbe | |
wie bei einer Waldrodung“, sagt Jørgen Hansen, der an der Universität | |
Aarhus zu mariner Biodiversität forscht. „Man zerstört eine Miniaturwelt, | |
wo selbst die kleinsten Strukturen Verstecke bilden, die Tiere anziehen.“ | |
Außerdem führe die Schleppnetzfischerei dazu, dass es mehr Beifang gebe, | |
der wieder ins Meer geworfen würde. | |
## Sorge bei den Fischereibetrieben | |
VertreterInnen der Fischereiwirtschaft nannten den Beschluss „absurd“ und | |
„grüne Bluffnummer“. Die Regierung wolle sich bei der Wahl nur grüne | |
Stimmen sichern. Weil derzeit rund 80 Prozent des Fischfangs in dem | |
Meeresgebiet mit Schleppnetzen stattfände, stünden nun viele Boote vor dem | |
Aus. | |
Maria Reumert Gjerding, die Präsidentin des dänischen Naturschutzverbunds, | |
hält das neue Verbot dagegen für einen guten Anfang. Wolle man Nägel mit | |
Köpfen machen, müsse die Schleppnetzfischerei aber auch südlich der neuen | |
Verbotszone verboten werden. Hier werde sie derzeit am stärksten ausgeübt – | |
und gerade hier versammle sich der ausgewachsene Kabeljau zum Laichen. | |
In Schleswig-Holstein dürfte irritieren, dass das Verbot die Flensburger | |
Förde auslässt. [3][Auf deutscher Seite ist das Muschelfischen dort seit | |
2018 verboten], auf dänischer darf es nun weiterhin stattfinden. „Die | |
schrappen am Meeresboden mit dem Geschirr entlang. Es bleibt eine Wüste | |
zurück“, beklagte sich zuletzt die Naturschutzorganisation Nabu. Bei einem | |
Besuch in Flensburg im August kündigte der dänische Fischereiminister Prehn | |
an, man müsse erst „die Auswirkungen der Muschelfischerei auf den Zustand | |
der Förde untersuchen“. | |
6 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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