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# taz.de -- Roter Teppich und Mitbestimmung: Weil Glamour nicht satt macht
> Für mehr Mitbestimmung: Das Hamburger Filmfest hat einen Betriebsrat
> gegründet. In der Branche ist man damit ziemlich weit vorne.
Bild: Bessere Bedingungen schaffen für alle, die hinter den Kulissen arbeiten:…
Man ahnt es: Wegen des Geldes macht man so einen Job nicht, oder zumindest
nicht ausschließlich. Nein, da geht es doch um Begeisterung, um
Leidenschaft; um, den Duft von … na, vielleicht nicht gleich Hollywood,
aber doch immerhin: Filmbranchenglamour! Tuchfühlung mit Stars! Und für den
begrenzten Zeitraum, die paar Tage, Wochen, wenn es hoch kommt, ist es dann
auch okay, mal nicht zu achten aufs strenge Einhalten etwa der
Arbeitszeiten – wir sind hier ja nicht beim Finanzamt, sondern, eben,
[1][einem Filmfestival].
So weit, so Mythos: Tatsächlich wird es nicht entfernt so roter Teppich
sein, die Arbeit, sagen wir beim Filmfest in Hamburg: Sechs dauerhaft
Beschäftigte gibt es dort, also Leute, die auch jetzt, Monate nach dem
letzten und vor dem nächsten Festival dort arbeiten. Dazu kommen
alljährlich „im Vor- und Nachlauf der Festivaltage“, dann also, wenn das
Publikum es auch mitbekommt, mehr als 30 temporär eingestellte
Kolleg*innen.
## „Neuer Weg“
Dieser Tage nun hat die [2][Filmfest Hamburg gGmbH] erstmals einen
Betriebsrat gegründet – und geht damit nach eigenen Angaben einen „für die
Branche neuen Weg“. Das Gremium hat angekündigt, „die Belange dieser über
das Jahr stark pulsierenden, mitunter unter großem Druck arbeitenden
Belegschaft“ im Auge zu behalten.
Von einem „Ereignis in der Festivallandschaft“ spricht Tina Fritsche, bei
der Gewerkschaft Verdi in Hamburg zuständig für den Bereich Medien. Denn
bei allem Herzblut, das üblich sei unter Festivals Organisierenden, heiße
das ja nicht, „dass sie keine Haltung zu entgrenzten Arbeitsbedingungen
haben oder gesetzliche Mitbestimmungsrechte nicht kennen würden“. Dem
frisch gewählten Rat wünscht die Gewerkschaftssekretärin „gutes Gelingen�…
aber vielleicht noch mehr „zahlreiche Nachahmer*innen“. Bei Verdi gibt es
seit 2016 [3][eine eigene Arbeitsgruppe „Festivalarbeit“].
Rund 400 Filmfestivals gibt es bundesweit, zu sehr unterschiedlichen
Bedingungen ermöglicht durch Tausende Menschen – „teils angestellt, oft auf
Honorarbasis, noch öfter un- bis unterbezahlt“, so Verdi. Die von diesen
Menschen erledigten Aufgaben reichen vom internationalen Rechtemanagement
über das Einwerben von Fördermitteln und deren Abrechnung bis zur Sichtung
und Auswahl des Filmprogramms; Künstler*innen und Jurymitglieder müssen
betreut werden, Katalogtexte verfasst und redigiert, und irgendwann will
auch die Presse bespaßt sein.
## Bekenntnis zu Fairness
„Arbeitsrechtliche Bestimmungen, Arbeitsschutzbestimmungen und faire
Arbeitsbedingungen“ einzuhalten, gehört zum [4][Selbstverständnis des
Hamburger Filmfests]; Gleiches erwartet man von Geschäftspartner*innen. Die
gemeinnützige Filmfest GmbH ist eine Tochter der „MOIN Filmförderung“, der
gemeinsamen Förderanstalt der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, und
bekennt sich etwa auch zum Hamburger Mindestlohn und der Tariftreue.
Ist der Hamburger Betriebsrat denn nun das allererste Beispiel für eine
Mitbestimmung in der so uneinheitlichen deutschen Festivallandschaft?
Jein: Die ungleich bekannteren Internationalen Filmfestspiele in Berlin
etwa, die Berlinale, gehören zur [5][„Kulturveranstaltungen des Bundes in
Berlin GmbH“], sagt Gewerkschafterin Fritsche, so wie etwa auch die
Berliner Festspiele oder das Haus der Kulturen der Welt. Diese
Muttergesellschaft hat durchaus einen Betriebsrat – „aber eben nicht nur
singulär für die Berlinale“.
21 Dec 2022
## LINKS
[1] /Filmfestival/!t5012070
[2] https://www.filmfesthamburg.de/
[3] https://festivalarbeit.verdi.de/
[4] https://www.filmfesthamburg.de/code-of-conduct/
[5] https://www.kbb.eu/de/startseite/index.php
## AUTOREN
Alexander Diehl
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