# taz.de -- Museum der Arbeit in Hamburg: Per Knopfdruck in die Galaxis | |
> „Wie alles begann – Von Galaxien, Quarks und Kollisionen“: Eine | |
> außergewöhnliche Reise ins Universum zeigt, dass die Zukunft schon da | |
> ist. | |
Bild: Welche Galaxie darf es sein? In einer Hamburger Ausstellung geht die Post… | |
HAMBURG taz | Ausgerechnet nach Hamburg-Barmbek. Hierhin, in den ehemaligen | |
Industriestandort mit seinen Klinkerwohnblocks, führt die Suche nach dem | |
Ursprung des Universums. Nach 1945 wurden hier alte Fabrikgebäude | |
abgerissen – oder umgenutzt, wie die 1908 errichtete Fabrik der New-York | |
Hamburger Gummi-Waaren Compagnie. | |
Seit 1987 hat das [1][Museum der Arbeit] seinen festen Standort auf dem | |
ehemaligen Fabrikgelände, seit Ende Oktober ist hier neben Ausstellungen | |
wie „Arbeitsort Kontor“ und „Dinge und Dokumente – Alltag im | |
Industriezeitalter“ die Ausstellung [2][„Wie alles begann – Von Galaxien, | |
Quarks und Kollisionen“] zu sehen. | |
## Grundlegende Fragen | |
Mit einem silbernen Fahrstuhl geht es hoch zur Sonderausstellungsfläche in | |
den dritten Stock – per Knopfdruck in die Galaxis. Auf dem Fahrstuhlspiegel | |
werden grundlegende Fragen aufgeworfen: „Gibt es etwas Schnelleres als das | |
Licht?“ fragt eine Ansammlung aus Klebebuchstaben, „Wie alt ist das | |
Universum?“ und „Wie laut war der Urknall?“ | |
Gegenfrage: Ob in der Ausstellung die Antworten zu finden sind? Eine 42 | |
jedenfalls kommt darin nicht vor. 42, so lautet in Douglas Adams’ | |
Kultroman „[3][Per Anhalter durch die Galaxis]“ die Antwort auf die | |
endgültige Frage „nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest“. | |
Das aber wäre auch zu einfach und viel zu fiktiv. Eine wissenschaftliche | |
Spurensuche ist schließlich das Anliegen dieser Ausstellung, eine Suche | |
nach den Ursachen für den Urknall vor rund 13 Milliarden Jahren. Entstanden | |
ist sie in Wien, aus einer Zusammenarbeit zwischen dem dortigen Institut | |
für Hochenergiephysik und dem Naturhistorischem Museum Wien, wo die Schau | |
bis 2017 [4][zu sehen war]. | |
## Von Wien nach Hamburg-Barmbek | |
Die Besucher*innen der Ausstellung waren begeistert, aber auch die | |
Wissenschaftler*innen am [5][D]esy (Deutsches Elektronen-Synchrotron), | |
einem Hamburger Zentrum für naturwissenschaftliche Grundlagenforschung. Und | |
so hat die überarbeitete Ausstellung eine Reise gemacht. Nicht galaktisch | |
weit, sondern nur knapp 1.000 Kilometer – von Wien nach Hamburg-Barmbek. | |
In der Gestaltung der Schau wurde das kaum greifbare, hochwissenschaftliche | |
Thema tatsächlich zugänglich gemacht. Entlang eines elliptischen Parcours | |
bewegt man sich durch Zeit und Raum. In einer Funkenkammer kann man sehen, | |
was es mit der kosmischen Hintergrundstrahlung auf sich hat, später kann | |
man sich durch das Zeitalter der Elementarteilchen navigieren. Und man | |
erfährt, dass zwischen dem „sichtbaren“ und dem „unsichtbaren“ Univers… | |
das sich – weil lichtlos – jeglichen Teleskopen entzieht, unterschieden | |
wird. | |
Ein trashig-glamouröser Lamettavorhang trennt die beiden | |
Universumskategorien. Kann man sich auf dem Weg dorthin noch in surreal | |
schönen Aufnahmen von dem „jungen Sternenhaufen NOC 3293“ verlieren, gerät | |
man nach dem Silberglittervorhang in die abstraktere Welt der | |
Zukunftsprojekte, inklusive hochenergetische Kreisbeschleuniger und riesige | |
Detektoren zur Messung von Teilchenkollisionen. | |
Die Suche der Wissenschaft gleicht der Suche nach dem richtigen Puzzleteil | |
in einem monochrom schwarzen Haufen. So übersetzt es die Künstlerin Jana | |
Schumacher, die als eine von fünf Hamburger Kunstschaffenden die | |
Ausstellung mit einem Werk flankiert. Bald sitzt eine Kleinfamilie an | |
Schumachers rundem Konferenztisch und damit in der Installation „Puzzle“ | |
und sucht in dem Haufen darauf nach einem passenden Stück. | |
Während vier Paar Hände wühlen und graben, versucht ein Vater seinem etwa | |
10-jährigen Sohn die Bedeutung von Quarks zu erklären. Und gerät schnell in | |
ungläubig-ehrfürchtiges Stottern. Aber auch wenn die Definitionen von | |
Quarks, Spiralnebeln und Gluonen noch nicht widerstandsfrei über die Lippen | |
perlen, etliche Fahrstuhlfragen hat die Ausstellung galaktisch gut | |
beantwortet. | |
## Die Arbeit am Überirdischen | |
Schließlich kann sich keiner so gelassen über diese überirdischen Dinge | |
äußern wie die Forscher*innen selbst. In kurzen Videointerviews | |
erläutern Mitarbeiter*innen von Desy, Hochschulen und | |
Forschungsinstituten, warum die Frage nach der überschüssigen Antimaterie | |
eine Frage der Menschheit sei und erzählen fröhlich aus ihrem „ganz | |
normalen“ Arbeitsalltag. Es ist ein Arbeitsalltag vor Bildschirmen, mit | |
Meetings, Experimenten und Modellen. | |
Mit diesen Einblicken endet die Reise ins Universum angenehm unspektakulär | |
– und fügt sich ein in den Ort, an dem sie zu sehen ist: das Museum der | |
Arbeit. | |
12 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://shmh.de/de/museum-der-arbeit | |
[2] https://shmh.de/de/wie-alles-begann | |
[3] /Der-Anhalter-von-Douglas-Adams-wird-30/!5154383 | |
[4] https://www.oeaw.ac.at/detail/news/reise-durch-das-universum | |
[5] /Forschungszentrum-Desy-in-Hamburg/!5879969 | |
## AUTOREN | |
Katrin Ullmann | |
## TAGS | |
Zukunftsvision | |
Arbeitswelt | |
Hamburg | |
Digitalisierung | |
Schwerpunkt Stadtland | |
wochentaz | |
Weltraumforschung | |
Hamburg | |
Kinderfrage | |
Schwerpunkt Stadtland | |
Erneuerbare Energien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Forschung zu Asteroiden-Einschlägen: Unvorstellbare Kraft | |
Wenn Asteroiden auf die Erde treffen, verwandeln sie Stein in Glas. Ein | |
Forschungsteam hat am Hamburger Desy untersucht, wie das funktioniert. | |
Kinder fragen, die taz antwortet: Was war vor dem Urknall? | |
Wir wollen von Kindern wissen, welche Fragen sie beschäftigen. Jede Woche | |
beantworten wir eine. Diese Frage kommt von Malik, 9 Jahre alt. | |
Privatisierung am Zwischenahner Meer: Versteckte Perle | |
Als Spaziergänger einen Blick aufs Zwischenahner Meer werfen? Schwierig. | |
Grund ist die Privatisierung des Ufers. | |
Erde als Wärmespeicher: Das Zukunftshaus | |
Ist es möglich, ein Mehrfamilienhaus so zu sanieren, dass es sämtliche | |
Energie, die es verbraucht, selbst produziert? Berlin versucht es. |