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# taz.de -- Muslime rügen pauschale Islamkritik: Asta warnt vor Islamisten
> Die Studentenvertretung beklagt Angstmache durch radikale Muslime. Auch
> die Schura hatte gegen einen vom Asta veranstalteten Vortrag protestiert.
Bild: Offen für alle Religionen: Raum der Stille in der Uni Hamburg
Hamburg taz | Mit einem dramatischen Hilferuf hat sich der Asta der
Universität Hamburg an die Öffentlichkeit gewandt. „Nach wiederholten
islamistischen Drohungen sehen wir die Wissenschaftsfreiheit bedroht“,
schreibt die Studentenvertretung. „Dies muss endlich ein Ende haben!“
Die Pressemitteilung bezieht sich auf zwei Vorträge im November:
„[1][Frauenrechte im Iran]“ sowie „Die islamischen Dachverbände und ihr
Verhältnis zur Demokratie“, die der Asta gemeinsam mit dem Jungen Forum der
Deutsch-Israelischen-Gesellschaft (DIG) auf dem Uni-Campus organisierte.
„Im Vorfeld dieser Veranstaltungen wurden wir mit einer massiven, bisher
für uns unbekannten Bedrohungslage konfrontiert!“, schreibt der Asta.
Konkret nennt die Studentenvertretung zwei Reaktionen auf den Vortrag des
Bloggers „Schmalle und die Welt“ zum Thema islamische Dachverbände: [2][Das
Netzwerk Generation Islam kommentierte den Ankündigungstext auf Twitter]
mit der Warnung, Muslime sollten die Gefahr von links nie unterschätzen.
„Zwar trachten die Rechten nicht selten nach dem Leben der Muslime, aber
Linke wollen unsere islamische Überzeugung auslöschen und das ist
gefährlicher“, heißt es dort.
[3][Der Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg (Schura) wandte sich
zunächst an die Hochschulleitung und dann auch an die
Wissenschaftsbehörde], weil muslimische Studenten den Einladungstext in der
Langfassung als diskriminierend empfanden. Darin heißt es: „Viele
studierende Musliminnen und Muslime können in Hamburg kaum eine Moschee
finden, in der keine reaktionären oder homophoben Inhalte vermittelt
werden.“
Der Vortrag, so heißt es weiter, „leistet Aufklärung über die Islamverbän…
und kritisiert ihre reaktionäre Ausrichtung, die zuallererst liberalen
Muslimen schadet“. Die Dachverbände verträten höchstens 20 Prozent aller
Muslim*innen in Deutschland und pflegten Verbindungen zu Organisationen
wie der islamistischen AKP des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip
Erdoğan, der Milli-Görüş-Bewegung, dem iranischen Gottesstaat oder dem
Spektrum der rechtsextremen türkischen Gruppierung Graue Wölfe. Sie würden
„in vielen ihrer Gemeinden ein reaktionär politisches Islamverständnis
propagieren, welches regelmäßig in Reibung mit den Menschenrechten kommt“.
Viele Studenten hätten in diesen Aussagen unzulässige und falsche
Pauschalisierungen erkannt und sich besorgt an die muslimische
Hochschulgemeinde gewandt, sagt die stellvertretende Schura-Vorsitzende
Özlem Nas. Sie hätten das als umso gravierender empfunden, als die
Einladung über das offizielle Kommunikationsnetz Stine der Uni verbreitet
wurde. „Wenn das über das Netzwerk der Uni verschickt wird, wirkt das so,
als stünde die Uni dahinter“, sagt Nas. „Das sieht dann so aus, als ob das
eine Tatsache wäre.“
Besonders irritiert seien die Studenten darüber, wer in wessen Namen und
auf welcher Grundlage die Behauptung aufstellen könne, dass viele Studenten
keine nicht reaktionäre oder homophobe Moschee finden könnten. Nas schrieb
deshalb an die Uni-Vizepräsidentin Susanne Rupp: „Da wir nach so vielen
Zuschriften stark davon ausgehen, dass diese Veranstaltung Unruhe und
Unfrieden stiftet und viele den Drang verspüren, ‚dagegen etwas unternehmen
zu müssen‘, wende ich mich an Sie und bitte Sie darum, mir eine Rückmeldung
zu geben, inwiefern die UHH dieses Veranstaltungsformat unterstützt und ob
diese Veranstaltung mit diesem Inhalt tatsächlich durchgeführt werden
wird.“
## Keine Antidiskriminierungsrichtlinien?
Sie habe den Brief verfasst, weil sich viele muslimische Studenten
verunglimpft und dem Angriff gegenüber hilflos gefühlt hätten, sagt Nas.
Der Antwort des Universitätspräsidiums habe sie entnommen, „dass es
scheinbar keine Antidiskriminierungsrichtlinien für die Nutzung der
Kommunikationskanäle der UHH seitens der Asta gibt“. Ähnlich erfolglos sei
ihre Nachfrage bei der Wissenschaftsbehörde gewesen, sagt Nas. Die
Universität und die Behörde antworteten der taz vor Redaktionsschluss
nicht.
Nas sagt, ihr Ziel sei es gewesen, eine Spaltung der Universität zu
verhindern. Umso misslicher sei es, dass der Brief an den Asta
weitergegeben worden sei. „Meine Warnung wurde nicht ernst genommen“, sagt
sie, „sondern es wurde noch eins draufgesetzt“. Auch der Asta meldete sich
vor Redaktionsschluss nicht zurück. So bleibt auch offen, ob die
Drohgebärden, mit denen die militant-islamistische Gruppe Hizb ut-Tahrir
laut Asta versuchten, „in unserer Universität Angst zu verbreiten und
Kommiliton*innen einzuschüchtern“, über den Twitter-Eintrag der
„Generation Islam“ hinausgehen.
Bei „Generation Islam“ handelt es sich nach Erkenntnissen des
Verfassungsschutzes um eine informelle Gruppierung, die vor allem im
Internet agiere. Ihre veröffentlichte Inhalte wiesen deutliche
Überschneidungen mit der Ideologie der Hizb ut-Tahrir auf.
[4][Den Ablauf des eigentlichen Vortragsabends schildert der Referent
Schmalle auf Facebook als vergleichsweise harmlos]: Zwei Stunden lang habe
er ohne große Störungen seine Thesen dargelegt. Leider seien er und einige
Genoss*innen mehrfach fotografiert worden, obwohl gebeten worden sei,
dies zu unterlassen. „Im schlimmsten Fall landen die Fotos nun in
islamistischen Hetzgruppen“, schreibt Schmalle. Zudem sei im Publikum auch
[5][das Handzeichen der neofaschistischen Grauen Wölfe] gezeigt worden.
Einer solchen Machtdemonstration gelte es zukünftig entschiedener mit
entsprechenden Sicherheitskonzepten zu begegnen.
8 Dec 2022
## LINKS
[1] /Der-Hausbesuch/!5897190
[2] https://t.co/jzF0pYaY10
[3] /Schiitische-Vereine-verlassen-die-Schura/!5896631
[4] https://www.facebook.com/SchmalleUndDieWelt/
[5] /Jahrestag-des-Voelkermords-an-Armeniern/!5847017
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Islamismus
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Schwerpunkt Rassismus
antimuslimischer Rassismus
Lesestück Meinung und Analyse
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