# taz.de -- Neue Musik aus Berlin: Stetig gehämmert | |
> Für sein neues Album „Good Morning“ hat Alexander Markvarts seine | |
> Akustikgitarre unter anderem in einem Swimmingpool eingespielt. Das | |
> klingt Hammer. | |
Bild: Alexander Markvart spielt seine Gitarre schon mal als Perkussionsinstrume… | |
Die britische Fotografin, Journalistin und Jazzautorin Valerie Wilmer | |
schrieb einmal über den afro-amerikanischen Pianisten Cecil Taylor, dieser | |
spiele eigentlich 88 verschieden gestimmte Trommeln. Der russische Musiker | |
und Festivalkurator Alexander Markvart spielt seine Gitarre schon mal als | |
Perkussionsinstrument. Auf Markvarts neuem Album „Good Morning“ handelt es | |
sich um eine Akustikgitarre, des Klangs wegen hat er sie in einem | |
Swimmingpool aufgenommen. | |
Hinzu kommen Field Recordings, so von einer Fahrradklingel, von Kindern und | |
Vögeln, einem Hund und einer Säge. Die Spielzeit beträgt eine knappe halbe | |
Stunde, die in sieben Abschnitte zwischen drei und fünf Minuten unterteilt | |
ist. | |
Den Anfang macht der Rhythmus stetig gehämmerter Saiten, ungefähr so, wie | |
eine Zither auf einem Metallurgenkongress. Der Improvisationsmusiker | |
Markvart spielt auch in einer Industrialband. Er kommt aus Kemerowo, einer | |
Bergbau- und Chemiestadt in Sibirien. Die Metallperkussion auf „Good | |
Morning“ kann als Echo davon gehört werden. Der Resonanzboden der | |
präparierten Gitarre sorgt für feedbackartige Sounds, ein Cellobogen für | |
Streicherdrones. Ein Muezzin tritt auf. „Good Morning“ ist in der Türkei | |
entstanden, auf Trotzkis Exilinsel Büyükada im Marmarameer. | |
Der elende Krieg hat Alexander Markvart nach Istanbul, Tbilissi und Berlin | |
getrieben, wo er jetzt mit einem Kurzzeitvisum lebt und arbeitet. Markvart, | |
der seit vier Jahren den Petersburg Art Space mitbetreibt, eine Adresse für | |
experimentelle Musik in Alt-Moabit, weiß nicht genau, wo er nächsten Monat | |
sein wird. Wahrscheinlich geht er wieder in die Türkei. | |
3 Dec 2022 | |
## AUTOREN | |
Robert Mießner | |
## TAGS | |
taz Plan | |
Kolumne Berlinmusik | |
Gitarre | |
Experimentelle Musik | |
taz Plan | |
taz Plan | |
taz Plan | |
taz Plan | |
taz Plan | |
DDR | |
taz Plan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neue Musik aus Berlin: Alles ohne Laptop | |
Die Impro-Band Sawt Out erleuchtet mit ihrem Album „Machine Learning“ die | |
elektronische Musikszene. Das klingt postindustriell mit ein bisschen | |
Disko. | |
Neue Musik aus Berlin: Mehr rocken, weniger rauchen | |
Albertine Sarges zählt zu den wandlungsfähigsten Berliner Musikerinnen – | |
und hat dazu noch Humor. Auf ihrer neuen EP demonstriert sie dies | |
eindrucksvoll. | |
Neue Musik aus Berlin: Hundertmal geträumt | |
Die Pianistin Satoko Fujii bringt mit „Hyaku. One Hundred Dreams“ ihr 100. | |
Album als Bandleader heraus. Mit dabei: ein Fagott und zwei Schlagzeuge. | |
Konzertempfehlungen für Berlin: Mission Klangforschung | |
Das Underground Institute Festival widmet sich Avantgardepop und selbst | |
gebauten Instrumenten. Ebenfalls DIY-Enthusiast ist der Finne Jimi | |
Tenor. | |
Neue Musik aus Berlin: Kühler Dub, fast gespenstisch | |
Auf seinem neuen Album „Tempus“ findet der Elektromusiker Pole zu einer | |
Sprache des Dub, die Zeitwahrnehmung hörbar macht und hartnäckig Sog | |
erzeugt. | |
Soul-Musik aus der DDR: Wenn du allein stehst | |
Viel Seele, aber etwas zu putzig: Die Kompilation „hallo 22“ versammelt | |
Soul- und Funksongs aus der DDR der 1970er- und frühen 1980er-Jahre. | |
Neue Musik aus Berlin: Webstuhl der Experimente | |
Die Violinistin Biliana Voutchkova improvisiert in verschiedenen | |
Duo-Konstellationen. Das Ergebnis sind Alben voller Soundsplitter und | |
Schönheit. |