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# taz.de -- Protest von israelischer Regierung: Buchdiskussion gecancelt
> Zwei deutsche Organisationen in Israel haben eine Buchdiskussion
> abgesagt. Zuvor hatte es Protest gegen das Thema der Veranstaltung
> gegeben.
Bild: Darum sollte es gehen: Flucht von Palästinenser*innen im Krieg um die St…
Tel Aviv taz | Nun ist die Veranstaltung, „Den Schmerz der Anderen
begreifen“, vorerst abgesagt. Sie sollte am kommenden Sonntag im
Goethe-Institut in Tel Aviv stattfinden. „Im Vorfeld der Veranstaltung hat
sich in Deutschland und Israel zunehmend ein Diskussionsklima entwickelt,
das deren sachgerechte Durchführung unmöglich macht“, [1][teilte das
Goethe-Institut] am Freitagmittag mit. Es müsse mit massiven Störungen
gerechnet werden.
Die Podiumsdiskussion sollte die deutsche Erinnerungskultur in Bezug auf
den Holocaust und die Nakba zum Thema haben. Mit Nakba bezeichnen
Palästinenser*innen die Flucht und Vertreibung von
Palästinenser*innen im Krieg um die Staatsgründung Israels 1948.
Ursprünglich war die Veranstaltung für den 9. November, den Jahrestag der
Reichspogromnacht, geplant gewesen. Dies stieß auf [2][massiven Protest,
nachdem Ron Prosor, der israelische Botschafter in Berlin, die Terminwahl
kritisierte] und in der Thematisierung der Nabka am Jahrestag der
Novemberpogrome eine Verharmlosung des Holocaust sah.
„Den Schmerz der Anderen begreifen“ lautet auch der Titel des Buches, das
Grundlage der Diskussion hätte sein sollen. Die Autorin Charlotte
Wiedemann* sollte gemeinsam mit den Wissenschaftlern Amos Goldberg und
Bashir Bashir auf dem Podium sitzen. Geplant war der Abend als Gespräch, in
dem Möglichkeiten ausgelotet werden sollten, ein empathisches Erinnern zu
fördern, „das verschiedenen Seiten gerecht wird und Solidarität statt
Opferkonkurrenz fördert“, so der Veranstaltungstext.
Nach den heftigen Protesten hatten die Veranstalter*innen die
Buchdiskussion zunächst vom 9. auf den 13. November verschoben. „Wir
bedauern, dass die Wahl des Datums einer Paneldiskussion aktuell zu
Irritationen geführt hat“, entschuldigten sie sich. Viele
Kritiker*innen legten jedoch nach und forderten eine komplette Absage
der Veranstaltung, darunter die israelische Regierung. Die Veranstalter
ließen nun offen, ob die Diskussion zu einem nicht benannten Zeitpunkt noch
nachgeholt werden soll.
Das Außenministerium in Jerusalem hatte die Veranstaltung als „Schande, die
an keinem Tag des Jahres stattfinden sollte“ bezeichnet. Auch Botschafter
Prosor hielt seine Kritik aufrecht und warf den Veranstalter*innen
vor, „entweder blind für den Schmerz der Überlebenden“ zu sein oder „die
Erinnerung an den Holocaust absichtlich relativieren“ zu wollen. In
ähnlicher Weise hatten das [3][Simon Wiesenthal Center] und das American
Jewish Committee die Veranstaltung kritisiert und ihre Absage gefordert.
Autorin: Keine Gleichsetzung von Holocaust und Nakba
Die rechtsnationale Nichtregierungsorganisation Im Tirtzu hatte zu einer
Demonstration gegen die Veranstaltung aufgerufen. Das Wort Nakba ist für Im
Tirtzu wie für viele im zunehmend rechtslastigen politischen Diskurs in
Israel ein Reizwort.
Wiedemann ist empört angesichts der Absage: „Niemand hatte vor, die in
ihren Dimensionen und Konsequenzen völlig unterschiedlichen Ereignisse
Holocaust und Nakba gleichzusetzen“, äußerte sie sich gegenüber der taz.
„Stattdessen sollte debattiert werden, wie die jeweiligen Traumata von der
anderen Seite besser verstanden werden können.“
Die Journalistin und Sachbuchautorin zeigt sich bestürzt über die
Nachgiebigkeit der deutschen Einrichtungen in Israel: „Dies war ein
Testfall, wie Deutschland mit der verschärft rechten Stimmung nach den
Wahlen umgeht, und Deutschland hat aus Sicht demokratischer Werte diesen
Test nicht bestanden.“
* Die freie Journalistin Charlotte Wiedemann schreibt regelmäßig für die
taz.
11 Nov 2022
## LINKS
[1] https://www.goethe.de/ins/il/de/ver.cfm?event_id=24278029
[2] /Diskussion-zu-Holocaust-und-Nakba/!5894154
[3] /Antisemitismus-in-Deutschland/!5824643
## AUTOREN
Judith Poppe
## TAGS
Holocaust
Nakba
Goethe-Institut
Israel
Erinnerungskultur
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Zweistaatenlösung
Holocaust
Kolumne Fernsicht
Palästina
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