Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ezra Furman spielte in München: Unstillbare Lust am Aufbegehren
> Die US-Musikerin Ezra Furman hat mit ihrer Band in der Freiheitshalle in
> München gespielt – und begeisterte mit neuen Hymnen der Zärtlichkeit.
Bild: Ezra Furman, hier bei ihrem Konzert in Prag diesen November
[1][Patti Smith] und Bruce Springsteen haben in den 80ern, zu Zeiten von
„People have the power“ und „I’m on fire“ eine geistige Tochter gezeu…
die heißt [2][Ezra Furman]. Seit mehr als zehn Jahren veröffentlicht dieses
„Kind“ kontinuierlich bemerkenswerte Indie-Alben und ist vor allem durch
den Soundtrack für die [3][Netflix Serie „Sex Education“] einem breiteren
Publikum bekannt geworden.
Am Sonntagabend spielte Ezra mit ihrer Band in der Münchner Freiheitshalle
eines von fünf feinen Konzerten ihrer Deutschlandtour, um dabei die Songs
des neuen Albums „All Of Us Flames“ abzufeiern. (Weiter geht ihre Tour in
England.) Wo die beiden Vorgänger „Twelve Nudes“ und „Transangelic Exodu…
punkig-zornig und gleichzeitig mit vielen verliebten Indie-Ohrwürmern
daherkamen, ist das neue Album eine tolle Einheit aus mächtigem Sound und
herausragendem Songwriting. Einer Qualität, der aktuell allenfalls noch
Annie Clark aka St. Vincent das Wasser reichen kann und die letztendlich
für die ganz großen Bühnen bestimmt sein muss.
Beim Konzert geht es dann auch sofort zur Sache. Mit dem Opener „Can I
Sleep in Your Brain?“ zieht die Zeremonienmeisterin Furman die, im wahrsten
Sinne des Wortes, Fangemeinde in ihren Bann und zaubert den Leuten ein
Lächeln in die Gesichter, um sie dann im zweiten Teil des Songs richtig
abgehen zu lassen.
„Maybe it is all because the rich never get punished“, gibt sich Ezra als
Nachgedanke zum Song „Trauma“ selbst eine Antwort auf die im Raum thronende
Frage, woher kommt die Wut, woher die unstillbare Lust am Aufbegehren, um
dann doch nachzuschieben: „Or is it my life as a Jewish transgender
person?“
## Entkommen sein
Ezra Furmans fantastischer Band gelang an diesem Abend alles. Neue Hymnen
wie „I Saw the Truth Undressing“ oder das unglaubliche „Point Me Towards
the Real“ spielen sie mit völlig angemessener Zärtlichkeit und die Knaller
wie „What Can You Do but Rock and Roll?“ spielen sie so, wie man
Rock-’n’-Roll-Knaller eben spielen muss: wie präzise Peitschenhiebe.
Das vor allem altersmäßig bunt gemischte Münchner Publikum begrüßte Ezras
Songs mit freudigem bis ekstatischem Johlen. Und selbst die
Nicht-Tänzer*innen konnten die Party vor der Bühne genießen, weil hier
nicht mit ausgefahrenen Ellenbogen der beste Platz verteidigt wird, sondern
man beinahe Arm in Arm mit Leuten, die man vorher noch nie gesehen hat, das
gemeinsame Erlebnis feiert.
Es ist definitiv kein Zufall, dass Ezra Furman diesen Geist auch immer
wieder in den Songs adressiert: „We all escaped from somewhere else“ lautet
etwa die Eröffnungszeile von „Lilac and Black“.
„Because the Night“ war die einzige Coverversion und gleichzeitig der
letzte Song des Abends. Eine Punktlandung. Denn der Song manifestiert wie
kaum ein anderer den universellen Anspruch auf Safe Spaces und wurde von
Patti und Bruce gemeinsam geschrieben. Patti Smith hat ihn dann natürlich
ganz alleine groß gemacht.
Und ja, eigentlich gehören Ezra Furman und ihre Band und die Songs auf die
Bühne, einen Kilometer weiter, ins große Olympiastadion vor 70.000
Menschen. Aber wenn das Wirklichkeit wäre, würden wir in einer schöneren
Welt leben. „But until then, we’re dressed in black.“
15 Nov 2022
## LINKS
[1] /Preis-fuer-Menschenrechte-und-Frieden/!5733832
[2] /Neues-Album-von-Ezra-Furman/!5482393
[3] /Kolumne-Die-Couchreporter/!5567474
## AUTOREN
Erhard Grundl
## TAGS
Musik
Singer-Songwriter
Konzert
Transgender
Musik
Ausgehen und Rumstehen
Musik
Queer
Popmusik
## ARTIKEL ZUM THEMA
Folkpop-Album von Natalie Mering: Verstörung und Trost
Wo knirscht es zwischen den Menschen, woran können sie glauben? Diesen
Fragen geht US-Musikerin Natalie Mering auf ihrem neuen Album nach.
Konzert von Love Machine in Berlin: Meine Männerfantasien
Mit Wet Beard und Belly Show: Ein Auftritt der Band Love Machine im Urban
Spree bezeugt Schwerstarbeit im Umgang mit toxischer Männlichkeit.
Bob Dylans neues Album: Korridor mit tausend Türen
Die Sphinx spricht: Bob Dylan findet auf seinem neuen Album, „Rough and
Rowdy Ways“, zur Misere der USA interessante historische Analogien.
Queerer Pop von Perfume Genius: Hitze auf dem Dancefloor
Mit seinen queeren Themen bietet er Identifikationspotential. Der
US-Popstar Perfume Genius hat ein neues Album.
Album „Homotopia“ von Sam Vance-Law: Künstler für Zwischentöne
Sein Debütalbum „Homotopia“ nimmt Schwulsein ernst, ohne es zu ernst zu
nehmen. Sam Vance-Law weiß Tragik und Witz zu vereinen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.