# taz.de -- Die Klimakonferenz und die fossile Lobby: Mehr Weltuntergang for Fu… | |
> Verbrennerländer sind auf der COP27 stark vertreten. Deutsche | |
> Ex-Verkehrsminister haben wichtige Meinungen. Und Deutschland drohen | |
> Querlutscher-Demos. | |
Bild: Klebte an der Straße wie sonst nur Andi Scheuer: Alexander Dobrindt | |
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? | |
Friedrich Küppersbusch: Die Laune von Donald Trump. | |
Und was wird besser in dieser? | |
Meine. | |
Die Klimakonferenz in Ägypten hat begonnen. Dieses Jahr sind rund ein | |
Viertel mehr Lobbyist*innen vor Ort als letztes Jahr, 636, die für Öl, | |
Gas und Kohle registriert sind. Ist die Konferenz nur Greenwashing? | |
In Berlin kommen laut offiziellem Register 38 LobbyistInnen auf je ein | |
Bundestagsmitglied. Da nimmt sich der [1][COP27]-Proporz glimpflich aus: | |
bei 35.000 Teilnehmern. Allerdings sind auch unter denen viele Verbrenner, | |
allein die Vereinigten Arabischen Emirate schicken über 1.000 Leute – mehr | |
als die zehn klimabedrohtesten Staaten der Welt zusammen. Schön absurd: Es | |
bräuchte mehr Weltuntergang, um für weniger Weltuntergang zu kämpfen. | |
Der Streit um die „Letzte Generation“ hört nicht auf. Die Union fordert ein | |
härteres Strafmaß. Wie gefährlich ist dieses Kräftemessen zwischen Staat | |
und Aktivist*innen? | |
Wenn jemals jemand an Straßen klebte – dann die vier CSU-Verkehrsminister | |
hintereinander weg. Deren Amtsführung glich Sitzblockaden gegen ÖPNV, | |
Schiene, Wasser- und Radwege. Hier stehen sich also zwei hart | |
ideologisierte Lager gegenüber: Dobrindt fordert Haftstrafen für | |
[2][Klimakleber] und fantasiert eine „neue RAF“ herbei. Die AktivistInnen | |
loten erneut die traditionelle „Grenze zur Gewalt“ aus: Sitzblockaden, | |
Anketten, Schottern, die elend lange Debatte nach der Melodie „Die Grünen | |
müssen erst mal ihr Verhältnis zur Gewalt klären“. Sie endete mit dem | |
gegenseitigen Traum von der schwarz-grünen Ehe. Schlimme Aussichten für die | |
„Letzte Generation“. | |
Ein Bündnis aus Ernährungs- und Kinderschutzorganisationen fordert, Werbung | |
für Ungesundes im Fernsehen zwischen 6 und 23 Uhr zu verbieten. Ebenso 100 | |
Meter rund um Spielplätze, Schulen und Kitas. Gute Idee? | |
Arme Briten: Wenn sie schon mal was Leckeres haben, das nicht aus Essig, | |
Minze oder Fett besteht, dürfen es die Kinder nicht essen. Seit 2019 gibt | |
es dort bereits tagsüber ein TV-Werbeverbot sowie die in Deutschland ewig | |
verquengelte Lebensmittel-Ampel. Die Plakatidee dagegen klingt so | |
semipraktikabel – und umschreibt nur rustikal die Frage, warum überhaupt | |
erwiesen schädliche Produkte erwiesen wehrlosen Kunden eingehämmert werden | |
dürfen. Irgendwie Meinungsfreiheit, vermutlich. Ich bin für das | |
[3][Werbeverbot], allein weil es dagegen pittoreske Aufmärsche von | |
Querlutschern geben wird. Ein großer Spaß für die Kinder. | |
Die Wirtschaftsweisen fordern eine Steuererhöhung für Reiche. Wa s kommt | |
als Nächstes? Kommunismus? | |
Der deutsche Spitzensteuersatz von 42 Prozent ist eines der irrlichternden | |
Erbstücke von Rot-Grün. Seither müssen restmenschliche Milliardäre | |
Stiftungen gründen und rummäzenieren. Deutschland hat viele Schonvermögen, | |
nur am falschen Ende der Pyramide. | |
Der WM-Botschafter in Katar, Khalid Salman, nennt Homosexualität einen | |
„geistigen Schaden“. Reiche Scheichs vergleichen in einer ZDF-Doku Frauen | |
mit Süßigkeiten. Sollen Zeitungen wie die taz trotzdem über die WM | |
berichten? | |
Vor 21 Jahren begab der damalige taz-Chefredakteur Peter Unfried die | |
Grundregel: „Das Verbrennen fossiler Brennstoffe im Auftrag von Ecclestone | |
und RTL ist für die taz kein Thema.“ Das Oxymoron „Motorsport“ blieb von | |
den dazu klar kontrastierenden [4][„Leibesübungen“] verbannt. Ergebnis: Die | |
taz ist noch da und die Formel 1 hat sich ins Sektenhafte vernischt. Ein | |
ermutigendes Vorbild für ein kathartisches Katar. Die Frömmigkeitsübungen | |
der rechteführenden Sender – hier mal eine kritische Doku, dort ein | |
verharmlosender Lanz – sind angewandter Sowohlalsauchismus, der zu gar | |
nichts führt. Viele haben jetzt gute Vorsätze, die WM nicht zu gucken. Hier | |
kann engagierter Journalismus helfen. | |
Nach den US-Midterm-Wahlen sprach Präsident Biden von einem „guten Tag für | |
Amerika“. Was läuft denn gut da? | |
„Sometimes I think it’s a shame that I get feeling better when I’m feeling | |
no pain.“ – „Sundown“, Gordon Lightfoot, 1974. | |
Die Türkei hat ein neues Desinformationsgesetz. Drei Jahre Haft drohen für | |
jede Veröffentlichung, die die Regierung Erdoğan als „Falschinformation“ | |
definiert. Vorbild und Vorbote für andere Länder? | |
Ja, oder Erdoğan ist halt „Elon Musk unplugged“. Der Vergleich ist | |
natürlich grob verzerrend, gegen Musk ist Erdoğan ein Zwerg. | |
Und was machen eigentlich die Borussen? | |
Stellen sich beispielhaft in den Dienst der guten Sache und spielen vor der | |
Un-WM in Katar Fußball zum Abgewöhnen. | |
13 Nov 2022 | |
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