# taz.de -- Endlager für Atommüll: Von einem Extrem ins andere | |
> Es ist keine Überraschung, dass sich die Entscheidung für einen | |
> Endlagerstandort weiter verzögert. Das geplante Jahr 2031 war nie | |
> realistisch. | |
Bild: Atommüll-Zwischenlager in Gorleben: Auch das Zieljahr 2046 dürfte noch … | |
September 1988: Die Endlagergesellschaft der Schweiz, die Nagra, beginnt in | |
Siblingen im Kanton Schaffhausen mit Sondierbohrungen und lädt wegen der | |
Grenznähe auch deutsche Journalisten ein. Geologen präsentieren die ersten | |
Bohrkerne aus dem Kristallingestein, geben sich offen in der Kommunikation | |
und erscheinen vor allem wissenschaftlich getrieben. Sie machen klar, dass | |
man für ein solches Projekt Zeit braucht. Viel Zeit. | |
Nun, ganze 34 Jahre später, hat die Schweiz [1][den endgültigen Standort | |
für ein Tiefenlager beschlossen]. Das ist insofern interessant, weil | |
Deutschland seit Jahrzehnten den Eindruck erweckt, einen vergleichbaren | |
Prozess in deutlich kürzerer Zeit über die Bühne bringen zu können: Vom | |
Beginn des Auswahlverfahrens bis zur Standortentscheidung sollten rund 13 | |
Jahre ausreichen. Das konnte nicht klappen; [2][nun ist klar, dass sich die | |
Entscheidung weiter um Jahre verzögern wird]. | |
Aber es war den jeweils Regierenden egal. Es ging ihr beim ursprünglichen | |
Termin 2031 darum, Handlungsfähigkeit zu zeigen, nachdem das Fiasko [3][um | |
den einst willkürlich aus dem Hut gezauberten Standort Gorleben] viel | |
Vertrauen in die deutsche Atompolitik zerstörte. So fiel man von einem | |
Extrem ins andere: Jahrzehntelang hatte sich die Politik an einem | |
untauglichen Standort verkämpft, jetzt sollte in wenigen Jahren ein solides | |
Verfahren nachgeholt werden, wie es andernorts – siehe Schweiz – Jahrzehnte | |
dauert. | |
So führen die neuen Terminschätzungen auf den Boden der Realität. Trotzdem | |
bleibt offen, wann tatsächlich ein Standort benannt werden kann. Denn neben | |
allen geologischen Erwägungen bleibt eine weitere Frage: Welcher Politiker | |
hat eigentlich Interesse daran, das Verfahren zum Ende zu bringen? Wäre | |
doch jeder, der eine Standortentscheidung zu vertreten hätte, in der | |
betroffenen Region – die Erfahrung aus Gorleben lässt grüßen – erheblich… | |
Kritik der Wähler ausgesetzt. | |
Welche Dynamik diese politischen Aspekte im weiteren Auswahlprozess | |
entwickeln werden, ist nicht absehbar. Von daher dürfte auch das Zieljahr | |
2046 noch sehr optimistisch sein. | |
14 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Schweizer-Atommuelllager-an-deutscher-Grenze/!5881218 | |
[2] /Standortsuche-dauert-laenger/!5892003 | |
[3] /Endlagerprojekt-Gorleben-und-die-taz/!5720325 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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