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# taz.de -- Cousin von Mahsa Amini im Interview: „Sie wurde zum Symbol für F…
> Am 16. September starb Amini in Polizeigewahrsam. Ein Gespräch mit ihrem
> Cousin Erfan Mortezaie über Trauer, die Proteste und die Zukunft des
> Iran.
Bild: Die iranische Kurdin Mahsa Zhina Amini starb in Polizeigewahrsam
taz: Wie erinnern Sie sich an Mahsa „Zhina“ Amini?
Erfan Mortezaie: Zhina war ein sanftes Mädchen, aber auch sehr unabhängig,
hatte immer ein Lächeln im Gesicht. Sie war gerne auf Reisen, liebte es,
Gäste zu haben, mochte Musik, Theater und Kunst. Sie tanzte gerne, auch auf
Partys. Sie war friedfertig – ich glaube nicht, dass irgendjemand ein
Problem mit ihr hatte. Kurz vor ihrem Tod war sie an der juristischen
Fakultät der Urmia-Universität im Westiran zugelassen worden. Nach ihrer
Reise nach Teheran, die sie nicht überlebte, wollte sie sich auf ihr
Jura-Studium vorbereiten.
Sie nennen sie Zhina, in ihrem Ausweis stand der Name „Mahsa“. Woran liegt
das?
Aufgrund der [1][Assimilationspolitik], die die Islamische Republik der
kurdischen Nation auferlegt, sind kurdische Namen offiziell nicht erlaubt.
Der Name Mahsa stand im Personalausweis, aber in der Familie und in der
Gemeinde nannten wir sie immer Zhina.
Seit ihrem Tod sind nun mehr als sechs Wochen vergangen – die
[2][traditionelle Trauerzeit] im Iran dauert 40 Tage. Wie hat die Familie
diese Zeit erlebt?
Es waren 40 schwierige Tage – 40 Tage, während derer unser Wunsch nach
Rache immer stärker wurde. Zhinas Mutter geht jeden Morgen ins Zimmer ihrer
Tochter, legt ihr Kleider aufs Bett, sieht sich Zhinas Bilder, Kleider und
Bücher an und verlässt das Zimmer erst abends wieder. Zhinas Vater steht
unter großem Druck zu sagen, dass seine Tochter krank gewesen sei und das
Regime sie nicht getötet habe. Zhinas Bruder steht unter demselben Druck.
Stellen Sie sich vor, ein diktatorisches und totalitäres Regime tötet Ihre
Tochter, lügt darüber, und Sie wissen, dass Sie recht haben und die unrecht
haben, doch dieses Regime erhöht Tag für Tag den Druck, Sie zum Schweigen
zu bringen! Aber wir werden nicht schweigen – wir werden weitermachen, bis
wir unser Ziel erreicht haben.
Wie äußert sich dieser Druck?
Am ersten Tag nach Zhinas Tod versuchten die Beamten und
Unterdrückungskräfte der Islamischen Republik, die Veröffentlichung der
Nachricht von Zhinas Tod zu verhindern. Der Familie teilten sie mit, es
dürfte keine Beerdigung abgehalten werden. Mit Medien zu sprechen, wurde
ihnen verboten. Die Behörden der Islamischen Republik wollten Zhina
heimlich beerdigen lassen. Zhinas Familie hatte den Mut, das nicht
zuzulassen. Gemeinsam mit der Unterstützung der heldenhaften Menschen von
Saghez, Zhinas Heimatstadt, schufen sie an ihrer Beerdigung stattdessen
einen in die Historie eingehenden Tag.
Welche weiteren Maßnahmen unternimmt das Regime?
In den letzten Tagen wollten die Regimebeamten, insbesondere die
Informationsagentur von Saghez und der Provinz Kurdistan, Zhinas Eltern
zwingen, vor den Kameras des iranischen Staatsfernsehens zu erscheinen und
zu erklären, dass sie krank gewesen sei. Dieses Ziel konnten sie aufgrund
des Widerstands von Zhinas Eltern und Bruder aber nicht erreichen.
Nach Zhinas Tod brach im ganzen Land eine [3][Protestwelle] unter dem Motto
„Jin, Jian, Azadi“ (Frau, Leben, Freiheit) aus. Mittlerweile wird sogar von
einer Revolution gesprochen. Was löst das bei Ihnen aus?
Zhina ist nicht mehr nur die Tochter unserer Familie, sondern die Stimme
eines freiheitsliebenden Volkes, die Stimme revolutionärer Frauen, die seit
43 Jahren von der Islamischen Republik unterdrückt werden, die 43 Jahre
Folter, Hinrichtungen, Klassen- und ethnische Unterdrückung erduldet haben.
Sie ist die Stimme derer, die von Freiheit träumen, derer, die in einem
gerechten und demokratischen System leben wollen. Zhinas Name ist zum
Symbol für Freiheit und Emanzipation geworden.
Was wünschen Sie sich von den westlichen Staaten?
Es ist an der Zeit, dass sie die Stimme des iranischen Volkes hören. Sie
müssen aufhören, die Islamische Republik zu unterstützen, ihre
wirtschaftlichen Interessen beiseitelegen und Menschenrechte priorisieren.
Die Islamische Republik liefert und entwickelt Waffen, vielleicht sogar
eine Atombombe. Und das Regime filtert und unterbricht das Internet. Ich
möchte, dass die europäischen Länder dem iranischen Volk kostenloses und
freies Internet zur Verfügung stellen, damit die Stimme des kurdischen und
iranischen Volkes die Welt erreicht.
30 Oct 2022
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## AUTOREN
Asrin Eskandari
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