# taz.de -- Angriff auf Iran-Mahnwache: Tags schlafen als Schutz | |
> Unbekannte greifen die Mahnwache vor der iranischen Botschaft an. Die | |
> Veranstalter erheben Vorwürfe gegen den Objektschutz. Polizei weist das | |
> zurück. | |
Bild: Protestcamp vor der iranischen Botschaft in Berlin | |
Berlin taz | Die Mahnwache in Form eines Wohnwagens befindet sich auf der | |
anderen Straßenseite der iranischen Botschaft. Der Wagen ist mit Bildern | |
und Zeichnungen geschmückt, die kämpfende iranische Frauen zeigen. Eine | |
schneidet sich die Haare ab, eine andere hält eine Angel, an der ein Mullah | |
über einer Schlucht zappelt. | |
Auch die alte iranische Nationalflagge, die einen Löwen und die Sonne | |
zeigt, Hauptembleme des Irans zur Zeit des Schahs, hängt an dem Wagen. Die | |
Fahne, die am Mast der Botschaft hängt, hat kein Wappen im eigentlichen | |
Sinne, sondern ein Enblem. | |
In der Nacht zu Sonntag haben Unbekannte den [1][Wohnwagen angegriffen]. | |
Drei Männer, die sich zu dieser Zeit in dem Wagen aufhielten, wurden nach | |
Angaben der Polizei verletzt. Zwei seien im Krankenhaus behandelt worden. | |
Die Ermittlungen würden nun beim polizeilichen Staatsschutz des | |
Landeskriminalamts (LKA) geführt, weil es möglicherweise einen politischen | |
Hintergrund gebe. | |
## Beamte des Objektschutzes hätten nichts unternommen | |
Seit dem Überfall geben sich die Journalisten in dem Wohnwagen | |
sprichwörtlich die Klinke in die Hand. Auch am Montag war das so. Nik | |
Jafarzadeh, Sprecher der Mahnwache, die eine Gruppe namens Iranische | |
parlamentarische Monarchie organisiert hat, gibt ein Interview nach dem | |
anderen. Er habe keinen Zweifel, das dass [2][iranische Terrorregime] | |
dahinter stecke, sagt Jafarzadeh und deutet auf die Botschaft auf der | |
anderen Straßenseite. | |
Die Polizei hatte zunächst mitgeteilt, dass Mitarbeiter des Zentralen | |
Objektschutzes gegen 1.15 Uhr gesehen hätten, wie drei Männer Transparente | |
und Fahnen von dem Wohnwagen gerissen haben. Ihre Gesichter sollen sie mit | |
Tüchern verdeckt haben. Der Mitarbeiter habe die Beamtinnen und Beamten des | |
zuständigen Polizeiabschnitts alarmiert und die Männer aufgefordert, das zu | |
lassen. | |
Jafarzadeh schüttelt den Kopf angesichts dieser Darstellung. Die Beamten | |
des Objektschutzes hätten zunächst überhaupt nichts unternommen. Die | |
Männer der Mahnwache hätten laut um Hilfe geschrien, als sie von den | |
Angreifern verprügelt worden seien. Zehn Minuten habe der Kampf vor dem | |
Wohnwagen gedauert, dann erst sei die Polizei gekommen. | |
## Immer wieder Bedrohungen | |
Drei der vier Männer aus dem Wohnwagen erlitten Verletzungen. Jafarzadeh | |
bestätigt in diesem Punkt die Darstellung der Polizei. Ein 37-Jähriger soll | |
mit einem Holzstab am Rücken getroffen worden sein, zudem soll er getreten | |
worden sein. Ein 63-Jähriger soll mit einem spitzen Gegenstand – vermutlich | |
einem Messer – am Zeh verletzt worden sein. Ein 55-Jähriger habe sich eine | |
Schürfwunde zugezogen. | |
Der vierte Mann – ein 34-Jähriger – sei nach ersten Ermittlungen unverletzt | |
geblieben, sagte der Polizeisprecher. Die Verdächtigen sollen mit einem | |
Auto geflohen sein. Der 34-Jährige habe berichtet, aus dem Fahrzeug heraus | |
mit einer Schusswaffe bedroht worden zu sein. Einsatzkräfte hätten vor Ort | |
noch nach Tätern gesucht, aber keine Verdächtigen mehr gefunden. | |
Mit einem roten Porsche seien die Angreifer geflüchtet, einer habe noch | |
eine Pistole auf einen der Männer von der Mahnwache gerichtet, der sich die | |
Autonummer habe aufschreiben wollen, bestätigt Jafarzadeh. | |
Seit dem 17. Oktober [3][gibt es die Mahnwache.] Immer wieder habe es in | |
dieser Zeit Bedrohungen und Beleidigungen auf offener Straße gegeben, sagt | |
Jafarzadeh. „Man hat uns gedroht, uns hier zu begraben.“ Aus Angst vor | |
Angriffen seien immer zwei bis drei Personen vor Ort, erzählt Jafarzadeh. | |
Und nun, wo der Angriff wirklich passiert ist? Man werde in Zukunft tags | |
schlafen, um nachts wachsam zu sein, sagt Jafarzadeh. | |
## Polizei weist Vorwürfe zurück | |
Die Polizeipressestelle teilte am Montag auf Nachfrage der taz mit, den | |
Vorwürfen der Veranstalter werde „natürlich“ gründlich nachgegangen. Das | |
Auslesen der Protokolle der Einsatzleitzentrale habe ergeben, dass der | |
unmittelbar vor der iranischen Botschaft eingesetzte Objektschutzbeamte um | |
1.16 Uhr Polizeikräfte zur Unterstützung angefordert habe. Also eine | |
Minute, nachdem er bemerkt gehabt habe, dass sich Unbekannte an dem | |
Wohnwagen zu schaffen machten. Parallel habe der Beamte „unmittelbar selbst | |
agiert“, indem er die Personen „deutlich“ aufforderte, die Sachbeschädig… | |
an dem Fahrzeug zu unterlassen. | |
Drei Minuten später, um 1.19 Uhr, so die Pressestelle weiter, seien die | |
ersten beiden Einsatzwagen eingetroffen, hätten aber keine Tatverdächtigen | |
mehr vor Ort feststellen können. Zwei Minuten später seien weitere | |
Einsatzwagen eingetroffen und hätten den Nahbereich ohne Erfolg abgesucht. | |
Insgesamt habe der Angriff nach den der Polizei vorliegenden bisherigen | |
Erkenntnissen nur wenige Minuten gedauert. „Wir haben volles Verständnis | |
dafür, dass Personen, die angegriffen werden und sich in solchen | |
Ausnahmesituationen befinden, Zeit mitunter ganz anders wahrnehmen können“, | |
hieß es. Das lehre auch die Erfahrung. | |
Die Frage der taz nach einem Polizeischutz für die Mahnwache als Konsequenz | |
aus dem Angriff ließ die Pressestelle unbeantwortet. Dazu werde man sich | |
zeitnah äußern. | |
31 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Plutonia Plarre | |
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