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# taz.de -- Koalitionsstreit um die Friedrichstraße: Gezerre um ein paar Monate
> Die Regierende Giffey (SPD) will schnell wieder Autos auf der
> Friedrichstraße sehen. Jetzt kommt es auf die grüne Verkehrssenatorin an.
Bild: Könnte auch einfach autofrei bleiben: Die Friedrichstraße in Mitte
Wer morgens mit dem Rad die Friedrichstraße entlangrollt, auf dem
autofreien Abschnitt zwischen Französischer Straße und Leipziger Straße,
kann gerade zwei Dinge feststellen: Was es mal werden sollte, nämlich
[1][eine Fußgängerzone, ist es nicht geworden]. Wohl aber ein Radweg,
sicher, autofrei, und das ist ja schon mal etwas in Berlin.
Nun kommen nach etwas mehr als zwei Jahren wohl doch noch die Autos zurück
– wenn die Verkehrsverwaltung nicht Beschwerde bei der nächsthöheren
Instanz einlegt. Zwei Wochen hat das [2][Verwaltungsgericht am Dienstag per
Eilentscheid] der Verwaltung eingeräumt, die gelben, immer noch
provisorischen Klebebänder für den Radweg wieder vom Asphalt zu kratzen. Es
liege keine rechtliche Grundlage vor, Autofahrer*innen die Nutzung
dieses Straßenabschnitts zu verwehren, hieß es in der Begründung des
Urteils.
Das Urteil mag juristisch keine Überraschung sein, weil das Gericht in
ähnlichen Fällen die Straßenverkehrsordnung ebenfalls streng ausgelegt hat
– etwa bei den Pop-up-Radwegen. Wo keine akute Gefahrenlage, da auch keine
Sperrung von öffentlichem Straßenland für wen auch immer.
Umso mehr kommt es jetzt darauf an, wie die Politik mit dieser restriktiven
Rechtsprechung umgeht. Denn sie hat ja durchaus Möglichkeiten, die
Friedrichstraße als autofreie Zone zu erhalten – zunächst mit dem Gang vors
Oberverwaltungsgericht, das aufschiebende Wirkung hat. Diese
Verzögerungstaktik gilt es jetzt zu nutzen. Denn die gelben Klebebänder für
die Radstreifen blieben damit erstmal, wo sie derzeit sind.
Es wäre autofreie Zeit gewonnen für das, was schon in wenigen Monaten
ohnehin passieren soll: die dauerhafte Umwidmung der Friedrichstraße zur
Fußgängerzone. Denn da läuft beim Bezirk Mitte gerade noch ein
Prüfverfahren, die Friedrichstraße auf dem gut 500 Meter langen Abschnitt
dauerhaft für Fußgänger umzuwidmen (Radfahren wäre erlaubt). Man arbeitet
dort gerade an einer juristisch wasserfesten Argumentation – und könnte, so
heißt es aus dem Bezirksamt, schon im Januar damit fertig sein.
Nun hat allerdings die Regierende Franziska Giffey (SPD), die noch nie eine
Fürsprecherin des Verkehrsversuchs auf der Friedrichstraße war, bereits
gesagt: Das Urteil des Verwaltungsgerichts gilt. Und übrigens sei sie auch
von dem ganzen Fußgängerzonen-Verfahren noch gar nicht überzeugt. Ob
Jarasch das stehen lässt? Im RBB betonte die Verkehrssenatorin am
Dienstagabend bereits mit Blick auf das Verfahren beim Bezirk, dass die
langfristige Umgestaltung ja so oder so erstmal weiterlaufe, unabhängig vom
Eilentscheid.
## Ein paar läppische Monate
Bestenfalls geht es also bloß um ein paar läppische Monate, in denen die
Autofahrer*innen sich wieder durch die Friedrichstraße drängeln dürfen
– wenn die Verkehrsverwaltung nicht doch vor das Oberverwaltungsgericht
zieht.
Doch genau das sollte sie nun tun. Die Grünen, allen voran ihre
Verkehrssenatorin, haben mehr zu verlieren als einen temporären Radweg. Es
geht längst wieder um eine Abgeordnetenhauswahl, die wohl anstehen wird im
Februar. Giffey darf sie nicht verlieren, könnte es aber, laut der
rutschenden Umfrageergebnisse für die SPD. Die Grünen hingegen könnten sie
gewinnen – Jaraschs zweite Chance. Und gerade deshalb sollte sie die
Friedrichstraße nicht der SPD überlassen. Der Wahlkampf ist damit auf der
Straße angekommen.
26 Oct 2022
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## AUTOREN
Anna Klöpper
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