# taz.de -- Strafen für Aktivist:innen: Und was ist mit dem Klima? | |
> Die Union will Straßenblockierer härter bestrafen. Als Opposition müsste | |
> sie aber eigentlich die lahme Klimapolitik der Ampel anprangern. | |
Bild: Aktivisten der Letzten Generation bei einer Straßenblockade | |
Die Bild-Zeitung freut sich schon. In dieser Woche will die CDU/CSU einen | |
Antrag in den Bundestag einbringen, der „Mindestfreiheitsstrafen“ für | |
[1][Straßenblockierer] fordert, wenn sie die Durchfahrt von | |
Rettungsdiensten behindern. Außerdem soll bei | |
Wiederholungstäter:innen „Unterbindungsgewahrsam“ verhängt werden | |
können. Die Details sind noch unklar: Wie hoch soll die | |
„Mindestfreiheitsstrafe“ denn sein? Soll auch die Strafaussetzung zur | |
Bewährung nicht mehr möglich sein? Und wie soll der Bundestag präventiven | |
Gewahrsam regeln, wenn für die Gefahrenabwehr doch die Bundesländer | |
zuständig sind? Will die Union gleich das Grundgesetz ändern – oder es | |
einfach nur ignorieren? | |
Doch darauf kommt es den Protagonist:innen dieser Ideen vermutlich gar | |
nicht an. Für sie ist vor allem die Richtung wichtig: Härtere Strafen für | |
Klima-Kleber! Das werden wir noch oft zu hören bekommen. Vermutlich wird | |
die Union ihren Antrag so formulieren, dass die Ampelkoalition ihn nur | |
ablehnen kann. Und dann ist jede Blockade der [2][Letzten Generation] | |
zugleich eine „Ampel-Blockade“. Ganz nach der Unions-Losung der 1990er | |
Jahre, ohne Abschaffung des Asylrechts sei „jeder Asylant ein SPD-Asylant“. | |
Die Koalition kann natürlich kontern, der Union vorhalten, dass sie die | |
Justiz missachtet. Schließlich wären ja heute schon härtere Strafen | |
möglich. Bei Nötigung können nach derzeitiger Rechtslage Freiheitsstrafen | |
bis zu drei Jahren verhängt werden. Kommt wegen einer Blockade fahrlässig | |
ein Mensch zu Tode, sind sogar fünf Jahre Gefängnis möglich. | |
Doch über einen Fall, bei dem Rettungsfahrzeuge behindert wurden, musste | |
die Justiz noch gar nicht entscheiden. Es wirkt, als wolle die Union | |
generell Geldstrafen für die Blockaden verhindern. Die Justiz könnte dann | |
nicht mehr die Strafen verhängen, die sie bisher schuldangemessen findet. | |
Der angekündigte Unions-Vorschlag wirft aber nicht nur Fragen an die | |
CDU/CSU auf, sondern auch an die Letzte Generation. Wie kann es sein, dass | |
zu Beginn der Klimakonferenz in Ägypten nun alle über höhere Strafen für | |
Straßenblockaden reden und niemand über die mangelhafte Klimapolitik der | |
Bundesregierung? Ist die Strategie des zivilen Widerstands damit nicht voll | |
nach hinten losgegangen? Geht es der Letzten Generation um Klimaschutz, | |
oder wollen sie vor allem ins Lehrbuch für Moralethik eingehen? | |
Als Opposition müsste die Union eigentlich die zu zögerliche Klimapolitik | |
der Koalition angreifen. Das entspricht aber nicht ihren Interessen. Dank | |
der Letzten Generation hat sie nun ein anderes Ziel für ihre Attacken. | |
6 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Blockaden-im-Faktencheck/!5890167 | |
[2] /Berichterstattung-ueber-Klimaproteste/!5892927 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
CDU/CSU | |
Letzte Generation | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Hochschule | |
wochentaz | |
Letzte Generation | |
Fahrrad | |
Verkehrsunfälle | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Semesterticket für 2023: Rettung in letzter Minute | |
Der Senat will das Semesterticket fürs Sommersemester 2023 rund 75 Euro | |
billiger machen. Die Studierenden wollen sich wohl darauf einlassen. | |
Ex-RAFler über Letzte Generation: Es gibt keine Klima-RAF | |
Politik und Gesellschaft reagieren hysterisch auf die Aktionen der Letzten | |
Generation. Ein Gastbeitrag von Ex-RAFler Karl-Heinz Dellwo. | |
Union vs. „Letzte Generation“: Fünf Jahre Knast für Blockaden? | |
Die Aktionen der „Letzten Generation“ gehen weiter und sollen auch | |
Flughäfen treffen. Die Union fordert härtere Strafen – was die Ampel | |
ablehnt. | |
Berichterstattung über Klimaproteste: „Letzte Generation“ wehrt sich | |
Die am Montag verunglückte Radfahrerin wurde am Donnerstag für hirntot | |
erklärt. Klimaaktivist:innen weisen eine Mitschuld von sich. | |
„Letzte Generation“ über Medien: „Wir werden nicht damit aufhören“ | |
Der Tod einer Radfahrerin hatte zu Hass gegen die Letzten Generation | |
geführt. Das habe auch mit der Berichterstattung zu tun, kritisiert | |
Aktivistin Lina Johnsen. | |
Vorwürfe gegen die „Letzte Generation“: Das Gefährlichste ist Nichtstun | |
Gefährdungen durch die „Letzte Generation“ sind eine große Ausnahme. Die | |
weitaus größte Gefahr geht von der Ineffektivität der „Zukunftskoalition“ | |
aus. |