| # taz.de -- Studie zu Kita-Plätzen: 98.600 Erzieher*innen fehlen | |
| > Wegen Personalmangel wird es nächstes Jahr fast 400.000 Kita-Plätze zu | |
| > wenig geben, so eine neue Studie. Verbände fordern eine | |
| > Fachkräfteoffensive. | |
| Bild: Handtücher sind da, aber wer erzieht Mathilda, Henry und Lisbeth? | |
| Gütersloh epd/dpa | Bundesweit fehlen im kommenden Jahr laut einer Prognose | |
| der Bertelsmann Stiftung fast 384.000 Kita-Plätze. Beim [1][Ausbau der | |
| Plätze] und einer kindgerechten Betreuung gibt es jedoch deutliche | |
| Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland, wie aus dem am Donnerstag | |
| in Gütersloh veröffentlichen Ländermonitoring zu frühkindlicher Bildung | |
| hervorgeht. | |
| Zwischen den Betreuungswünschen und der tatsächlich angebotenen Zahl an | |
| Betreuungsplätzen werde im kommenden Jahr im Westen voraussichtlich eine | |
| Lücke von bis zu 362.400 Kita-Plätzen klaffen, im Osten seien es den | |
| Berechnungen zufolge 21.200. Um den Betreuungsbedarf der Eltern zu | |
| erfüllen, müssten zusätzlich zum vorhandenen Personal weitere 93.700 | |
| Fachkräfte im Westen und 4.900 im Osten eingestellt werden, hieß es. Das | |
| seien insgesamt pro Jahr zusätzliche Personalkosten von 4,3 Milliarden | |
| Euro. Hinzu kämen [2][Betriebs- und mögliche Baukosten für Kitas.] | |
| Vor allem in den westlichen Bundesländern sei die Nachfrage der Eltern nach | |
| Kita-Plätzen höher als die Zahl der 2021 angebotenen Plätze. Den größten | |
| Mangel macht die Studie in Nordrhein-Westfalen aus: Im | |
| bevölkerungsreichsten Bundesland fehlten den Berechnungen zufolge 101.600 | |
| Kita-Plätze. In Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen sei hingegen kein | |
| Platzausbau erforderlich. | |
| Für Kinder unter drei Jahren fehlen in Westdeutschland laut den Prognosen | |
| rund 250.300 Kita-Plätze, in Ostdeutschland inklusive Berlin seien es | |
| hingegen rund 20.700. Für Kinder ab drei Jahren gebe es in den | |
| westdeutschen Bundesländern 112.100 Plätze zu wenig, im Osten seien es | |
| lediglich 500 Plätze. Seit 2013 gilt in Deutschland der Rechtsanspruch auf | |
| einen Kita-Platz für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr; für | |
| Kinder ab drei Jahren besteht er schon seit 1996. | |
| ## Empörung bei Verbänden | |
| Zudem hieß es, mehr als zwei Drittel (68 Prozent) aller Kita-Kinder würden | |
| in Gruppen betreut, deren Personalschlüssel nicht den wissenschaftlichen | |
| Empfehlungen entsprächen. In Ostdeutschland trifft dies auf rund 90 Prozent | |
| der Kita-Kinder zu, doch auch im Westen sei der Anteil mit 63 Prozent zu | |
| hoch. Damit genügend Plätze zur Verfügung stünden und ein kindgerechter | |
| Personalschlüssel umgesetzt werden könne, müssten 308.800 Fachkräfte | |
| zusätzlich beschäftigt werden. Das entspräche Personalkosten von rund 13,8 | |
| Milliarden Euro jährlich. | |
| Länder und Kommunen müssten den Platzausbau jetzt mit Nachdruck | |
| vorantreiben, erklärte die Expertin für frühkindliche Bildung der | |
| Bertelsmann Stiftung, Anette Stein. Doch auch der Bund müsse in größerem | |
| Umfang in die dauerhafte Finanzierung des Kita-Systems einsteigen. Zudem | |
| müsse es jetzt „sehr schnell gelingen, viel mehr Personen für das | |
| Berufsfeld zu gewinnen“. | |
| Verbände und Gewerkschaften äußerten sich empört über die Ergebnisse der | |
| Studie und forderten Sofortmaßnahmen gegen den Fachkräftemangel. „Die heute | |
| veröffentlichten Ergebnisse zeigen einmal mehr erschreckend deutlich: Die | |
| Bildungs- und Betreuungsqualität in den Kitas ist massiv gefährdet, der | |
| Mangel an Fachkräften ist eklatant, das Platzangebot reicht bei weitem | |
| nicht aus!“, erklärte am Donnerstag etwa der Vorsitzende des Verbands für | |
| Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann. | |
| Der VBE-Vorsitzende sprach von einem „politischen Versagen“, das die | |
| Zukunft der Kinder gefährde. Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz, | |
| den es in Deutschland seit 2013 auch für Kinder ab dem vollendeten ersten | |
| Lebensjahr gibt, werde „ad absurdum“ geführt, sagte er. Die Personallage in | |
| den Einrichtungen entspreche zunehmend einer „Notversorgung“, die die | |
| Bildungsungerechtigkeit verstärke. Es brauche eine Fachkräfteoffensive und | |
| [3][bessere Arbeitsbedingungen]. | |
| ## Ausbildung soll bezahlt werden | |
| Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, forderte | |
| mehr Anstrengungen von Bund und Ländern. Es müsse in allen Ländern | |
| Ausbildungsgehälter für die angehenden Erzieher geben, erklärte Dedy. Die | |
| Kommunen könnten die Investitionen nicht alleine schultern. | |
| Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) pocht darauf, die | |
| Erzieher-Ausbildung flächendeckend zu vergüten. Die stellvertretende | |
| DGB-Vorsitzende Elke Hannack erklärte, dass es wichtig sei, mehr | |
| Quereinsteigern, etwa über berufsbegleitende Modelle, den Weg in die Kitas | |
| zu ebnen. Bei der Weiterentwicklung des neuen Kita-Gesetzes ab 2023 müssten | |
| Bund und Länder dringend Priorität auf die Gewinnung von Personal legen, | |
| sagte Hannack. | |
| 20 Oct 2022 | |
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