# taz.de -- Inflation bremst Kitaplatzausbau: Kitas dürfen nur ein bisschen wa… | |
> Für den Kitaplatzausbau stellt Rot-Grün-Rot 15 Millionen Euro mehr zur | |
> Verfügung. Das sei angesichts der Inflation zu wenig, fürchten | |
> Expert*innen. | |
Bild: Volles Haus: In Berliner Kitas bleibt selten ein Haken an der Kita-Garder… | |
BERLIN taz | In letzter Minute gibt es nun doch noch mehr Geld für den | |
Kitaplatzausbau in den kommenden Jahren. Im Abgeordnetenhaus hat man | |
dennoch weitere Fragen an den rot-grün-roten Senat: „Was wird benötigt?“ | |
für eine sinnvolle Kita-Planung, wollen die Abgeordneten der | |
Koalitionsfraktionen wissen; am Donnerstag ist dazu eine Anhörung im | |
Bildungsausschuss geplant. | |
[1][15 Millionen Euro zusätzlich für den Kita-Ausbau in 2022/23] hatten die | |
Fraktionsspitzen von Rot-Grün-Rot nachverhandelt – 5 Millionen Euro sollen | |
in 2022 fließen, 10 Millionen in 2023. Insgesamt stünden dann 71 Millionen | |
Euro für den Kitaplatzausbau bereit. | |
Das klingt erst mal viel. Doch Expert*innen bezweifeln, ob das Geld mehr | |
ist als eine Art Inflationsausgleich bei den derzeit – auch [2][dem | |
Ukraine-Krieg] geschuldeten – stark steigenden Kosten für Baumaterial. „Mit | |
dem zusätzlichen Geld können wir vielleicht das Ausbauniveau halten“, sagt | |
Martin Hoyer, stellvertretender Geschäftsführer beim Paritätischen | |
Wohlfahrtsverband Berlin, einem der großen Trägerverbände in der Berliner | |
Kita-Landschaft. „Aber das Niveau nur zu halten, das reicht ja nicht.“ | |
Tatsächlich schiebt Berlin schon jetzt ein – je nach Region unterschiedlich | |
ausgeprägtes – Versorgungsdefizit vor sich her. Zwar standen laut | |
Bildungsverwaltung 172.100 abgeschlossenen Kita-Verträgen am Stichtag 31. | |
Dezember 2021 ein rein rechnerisches Angebot von 182.400 Plätzen, inklusive | |
Tagespflege, entgegen. Doch dieser vermeintliche Platzpuffer existiert für | |
viele Familien nur auf dem Papier: Ein freier Kita-Platz in | |
Treptow-Köpenick nutze der Familie in Spandau ja nichts, sagt Hoyer. | |
Der jüngste Kita-Förderatlas der Bildungsverwaltung weist insbesondere für | |
Regionen außerhalb des S-Bahnrings, in Spandau und Marzahn-Hellersdorf, | |
eine angespannte Versorgungslage aus: Keine Platzreserven bei | |
perspektivisch steigendem Bedarf, heißt es da. Zugleich ist in Spandau, wie | |
etwa auch in Reinickendorf, der Versorgungsgrad an Kitaplätzen mit unter 70 | |
Prozent – jeweils gerechnet auf die Einwohner*innenzahl im Kitaalter | |
–unterdurchschnittlich. Zum Vergleich: In Pankow liegt der Versorgungsgrad | |
bei knapp 90 Prozent. | |
Für Hoyer ist das nicht überraschend. Die Ausbau-Priorität habe in den | |
letzten Jahren eher auf Gebieten wie Mitte und Prenzlauer Berg gelegen. | |
Zudem werde die Verdrängung von einkommensschwächeren Familien in die | |
Außenstädte sichtbar – und nicht zuletzt seien eben dort in den letzten | |
Jahren große Neubauquartiere entstanden. | |
„Ich bin erstmal froh, dass es mehr Geld gibt“, sagt Marianne | |
Burkert-Eulitz, bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. | |
Allerdings relativiere sich die Summe – weil man angesichts der | |
Inflationsrate von knapp 8 Prozent kaum sagen könne, ob das Geld überhaupt | |
für die ursprünglich einmal festgesetzten Ausbaubedarfe reicht. Laut | |
Bildungsverwaltung müssen 8.000 Plätze bis 2026 geschaffen werden. | |
Die geflüchteten Kinder aus der Ukraine sind da aber noch nicht mit | |
einberechnet. Offiziell geht die Bildungsverwaltung von rund 2.000 | |
geflüchteten Kindern aus, die Kita-Plätze brauchen. Senatorin Astrid-Sabine | |
Busse (SPD) hatte versprochen, kurzfristig Plätze „im Bestand“ zur | |
aktivieren, die aus unterschiedlichen Gründen (oft Personal- oder bauliche | |
Mängel) nicht angeboten werden. Hoyer vom Paritätischen fürchtet, dass die | |
Kitas mittelfristig schlicht voller werden – also ein Minus bei der | |
Betreuungsqualität in Kauf genommen wird. Zumal laut einer Antwort der | |
Bildungsverwaltung ans Abgeordnetenhaus schon der Ausbau in den letzten | |
zwei Jahren hinterherhinkte: Statt der anvisierten 7.300 Plätze wurden nur | |
rund 5.700 Plätze über das Landesprogramm gefördert. | |
Den größte Hemmschuh für den dringend nötigen Platzausbau sehen | |
Trägerverbände vor allem hier: Die Landeszuschüsse für einen neu | |
geschaffenen Kitaplatz sind bei 30.000 Euro gedeckelt. Das sei nicht mehr | |
realistisch, wenn man sich den aktuellen Baupreisindex angucke, sagt Hoyer. | |
Tatsächlich weiß das auch die Bildungsverwaltung: Bereits 2021 lagen die | |
durchschnittlichen Kosten für einen neu geschaffenen Kitaplatz bei 35.000 | |
Euro. Das geht aus einer Antwort der Verwaltung an den Bildungsausschuss | |
hervor. | |
Hoyer fürchtet, dass der Ausbau-Elan der Träger so eher noch abnehmen | |
dürfte: „Wenn die Fördergrenzen nicht deutlich erhöht werden oder zumindest | |
eine Öffnung bei der Preisentwicklung besteht, werden Träger kaum das | |
Risiko eingehen können.“ Allerdings müsste man, setzte man die | |
Fördergrenzen hoch, auch die Zahl der Kitaplätze reduzieren, die geschaffen | |
werden können. Und das kann man sich angesichts des Ausbaubedarfs wohl | |
schlicht nicht leisten. | |
30 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Anna Klöpper | |
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