# taz.de -- Projekt für kulturelle Teilhabe: Freizeitspaß für alle! | |
> Die Bremer „Freikarte“ soll Kindern und Jugendlichen etwas zurückgeben. | |
> Jetzt muss der Senat sich auch darum kümmern, dass alle eine bekommen. | |
Bild: Gerade heiß begehrt bei jungen Bremer*innen: der Freimarkt auf der Bürg… | |
Eigentlich ist es eine schöne Idee: Alle Kinder und Jugendlichen in Bremen | |
bekommen eine Freikarte mit 60 Euro Guthaben. Die können sie bis Ende des | |
Jahres auf dem Freimarkt, im Kino oder auf der Kart-Bahn auf den Kopf | |
hauen. Seit Montag ist die sogenannte „FreiKarte“ in rund 50 | |
Freizeiteinrichtungen gültig. [1][Der Senat] will damit „den Kindern und | |
Jugendlichen nach zwei Jahren des Verzichts und der Einschränkungen etwas | |
zurückzugeben“. | |
Nur leider hat die Karte gar nicht alle Bremer Kinder erreicht – vor allem | |
nicht jene, [2][die ohnehin schon benachteiligt sind.] Grund dafür ist das | |
Vergabeverfahren, das auf Daten des Einwohnermeldeamtes beruht. Viele | |
Kinder sind nicht dort gemeldet, wo sie wohnen: etwa papierlose Kinder, die | |
durch ihren Status automatisch keine Meldeadresse haben. | |
Auch Kinder in Übergangswohnheimen, in der Erstaufnahme und in | |
Notunterkünften seien oft nicht gemeldet, beklagte schon der Bremer | |
Flüchtlingsrat: Weil die Träger, die dafür zuständig sind, diese oft nicht | |
melden würden. Oder weil die Meldebehörde eine Anmeldung verweigert, da | |
kein Aufenthaltstitel vorliege. Auch einige Pflegekinder betrifft das | |
Problem. | |
Die Senatskanzlei, die das Projekt in die Wege geleitet hatte, hat sich | |
bewusst für eine „schlanke, bürokratiearme“ Vergabe per Meldedaten | |
entschieden. „Das ist die erfolgversprechendste Möglichkeit, viele Kinder | |
zu erreichen – ohne gesonderten Antrag“, sagte dazu Karl-Henry Lahmann, | |
Sprecher der Senatskanzlei. Dass damit nicht alle Kinder erreicht werden | |
konnten, sei klar gewesen. | |
## Verständlich, aber trotzdem ärgerlich | |
Tatsächlich ist es verständlich, dass die Senatskanzlei [3][ein schlankes | |
Verfahren wählt.] Eine Vergabe über andere Wege wäre schwierig geworden. | |
Die Komplikationen, die sich bei einer Zuteilung über Schulen und Kitas | |
ergeben hätten, möchte man sich gar nicht ausmalen – hier hätte die | |
Bürokratie ihre wahre Freude! Auch ein Verfahren, bei dem Eltern ihren | |
Kinder die Karte hätten besorgen müssen, hätte Ausschlüsse produziert. Also | |
scheint es sinnvoll, die Liste vom Einwohnermeldeamt heranzuziehen und | |
fertig. | |
Trotzdem ist es schwer zu ertragen, dass wieder genau die Kinder | |
ausgeschlossen werden, die eh schon Ausschlusserfahrungen machen: weil sie | |
geflüchtet sind, Deutsch erst noch lernen müssen oder in Familien | |
hineingeboren sind, die sie einfach nicht so gut behüten können. Das ist | |
strukturelle Diskriminierung. | |
Den Anspruch, dass eine Verwaltung wenigstens versucht, diese Ausschlüsse | |
abzufedern, darf man trotzdem haben. Sie sollte also dringen zusehen, dass | |
alle Kinder die Karte nun doch noch erhalten. | |
20 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Franziska Betz | |
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