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# taz.de -- Chinareise des Bundeskanzlers: Olaf Scholz erklärt sich
> Kanzler Olaf Scholz verteidigt in einem Zeitungsbeitrag seine umstrittene
> Reise nach China. Vor allem die Grünen sind sauer.
Bild: Olaf Scholz kündigt einen neuen Umgang mit China an – und lässt offen…
Berlin taz | Die Kritik war unüberhörbar, nun hat sich Olaf Scholz selbst
zu seiner Chinareise geäußert. Bevor er am Donnerstag gen Peking abhob,
erläuterte der Bundeskanzler in einem Gastbeitrag für die Frankfurter
Allgemeine Zeitung seine Gründe und kündigte einen anderen Umgang mit China
an. Wie der aussieht bleibt nebulös.
In dem Beitrag versucht Scholz sowohl Kritiker:innen als auch die
Gastgeber:innen zu beschwichtigen. Den Kritiker:innen gibt er im
Grunde recht. „Das China von heute ist nicht mehr dasselbe wie noch vor
fünf oder zehn Jahren“, schreibt er und folgert: „Wenn sich China
verändert, muss sich auch unser Umgang mit China verändern.“
An die Adresse Pekings gerichtet, [1][wo Scholz am Freitag mit einer
Wirtschaftsdelegation eintrifft], wirbt der Kanzler: China bleibe auch
unter veränderten Bedingungen ein wichtiger Handelspartner für Deutschland
und Europa. „Wir wollen keine Entkopplung.“
Scholz verspricht aber, bei seinem Besuch schwierige Themen nicht
auszuklammern: „Hierzu zählt die Achtung bürgerlicher und politischer
Freiheitsrechte sowie die Rechte ethnischer Minderheiten etwa in der
Provinz Xinjiang“, schreibt Scholz. In Xinjiang hat die chinesische
Regierung Hunderttausende Uiguren in Umerziehungslager gesperrt und zur
Zwangsarbeit verdammt. Exilvertreter:innen der muslimischen
Volksgruppe hatten Scholz deshalb aufgefordert, auf die Reise zu
verzichten.
## Grüne beobachten Scholz genau
Sauer über die Kanzlerreise sind auch die Grünen. Es wäre besser gewesen,
wenn Scholz neben Wirtschaftsvertretern auch Personen und Organisationen
mitgenommen hätte, die mit einem Einreiseverbot belegt sind, äußerte sich
Grünen-Chef Omid Nouripour zuerst gegenüber der Funke-Mediengruppe und
erinnerte an die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Vereinbarung, die
Kooperation mit China auf Grundlage der Menschenrechte auszugestalten. Bei
den Grünen beobachtet man sehr genau, wie deutlich sich Scholz bei der für
Freitagnachmittag anberaumten Pressekonferenz positionieren wird.
Scholz reist als erster westlicher Politiker kurz nach dem Parteitag der
Kommunistischen Partei nach China, bei dem diese eine noch strengere
Überwachung der Bevölkerung, mehr Machtkonzentration bei Präsident Xi
Jinping und weitere Abschottung gegenüber dem Westen beschloss. Das weiß
auch Scholz und schlussfolgert: Man werde einseitige Abhängigkeiten abbauen
– „etwa bei wichtigen Rohstoffen oder bestimmten Zukunftstechnologien“.
Welche, lässt er offen.
Der Kanzler verteidigt in der FAZ dagegen den von ihm gegen seine
Fachminister:innen durchgesetzten Teilverkauf eines Hamburger
Hafenterminals an die chinesische Reederei Cosco: „Dank klarer Auflagen
bleibt die volle Kontrolle des Terminals bei der Stadt Hamburg.“ Doch
Hamburg ist nur ein Puzzleteil in einem größeren Spiel: China kauft sich im
Rahmen der Seidenstraßenstrategie in europäische Häfen ein, um so eine
marktbeherrschende Stellung im Handel zu erlangen. Umgekehrt würde es sich
China verbitten, wenn sich europäische Firmen mit diesem Ziel in
chinesische Häfen einkauften.
## Von Augenhöhe keine Spur
Von Gegenseitigkeit in den Beziehungen zwischen China und Deutschland sei
man „weit, zu weit entfernt, etwa im Hinblick auf den Marktzugang für
Unternehmen“, konstatiert auch Scholz und warnt: „Wo China diese
Gegenseitigkeit nicht zulässt, kann das nicht folgenlos bleiben.“
Im konkreten Fall hat es allerdings keine Folgen. Im Gegenteil. Wie das
Handelsblatt berichtet will das Kanzleramt offenbar einen weiteren Deal
durchwinken: Eine Tochterfirma des chinesischen Konzerns Sai
Microelectronics will den Dortmunder Chiphersteller Elmos aufkaufen. Das
sehen selbst SPD-Politiker wie Kevin Kühnert kritisch.
Die Sorge ist groß, dass Deutschland im Umgang mit China die gleichen
Fehler wiederholt wie bei Russland und sich zu spät aus der toxischen
Abhängigkeit von einer skrupellosen Autokratie befreit. Nouripour erinnert
an die neue Chinastrategie, die die Bundesregierung erarbeiten wolle. Diese
müsse sich den neuen Realitäten der Zeitenwende anpassen. Sie wird gerade
im Außenministerium erarbeitet und soll wohl im nächsten Jahr vorliegen. So
lange will Scholz die Chinesen nicht warten lassen.
3 Nov 2022
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[1] /Kanzler-Olaf-Scholz-reist-nach-Peking/!5888985
## AUTOREN
Anna Lehmann
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