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# taz.de -- Polizeigewalt vor Stadtderby: Fußball wurde auch gespielt
> Das Derby gegen den Hamburger SV gewann der FC St. Pauli klar. Doch
> vorher schlug die Polizei über die Stränge.
Bild: Gute Stimmung nach dem Spiel: Der FC St. Pauli ist Derbysieger
Vielleicht hatte es ein Twitteruser schon tags zuvor am besten eingefangen:
„Ein Derby am Millerntor ist irgendwie wie Weihnachten“, so Kieztipper
alias @GueHues [1][am Donnerstag]. „Alles bereit für ein grosses Fest, doch
die ungeliebte Verwandtschaft kommt zu Besuch. Ob es Geschenke oder
Bescherung gibt, keiner weiss es.“
Denkbar mit Bedeutung aufgeladen jedenfalls ist sie, diese Begegnung
zwischen den Profimännerfussballmannschaften vom [2][Hamburger SV und FC
St. Pauli], derzeit Zweitligisten. Was wird da nicht alles drauf
projiziert: links und rechts, ehrlicher versus Kommerz-Fußball, Subkultur
contra Establishment und so weiter und so fort.
Das hamburginterne Duell „stellt mit 108 Pflichtspielen seit 1919 eines der
am häufigsten ausgetragenen Fußballderbys in Deutschland dar“, [3][weiß das
digitale Weltgedächtnis Wikipedia], allerdings sind dabei dann auch
Begegnungen wie das 0:9 im Gaupokal-Halbfinale im Mai 1944 berücksichtigt,
der höchste Derbysieg des HSV. Überhaupt – Zahlen: Die sieben letzten
Spiele hatte St Pauli sieglos absolviert, war im gruseligen Tabellenkeller
angekommen.
Ganz anders die Gäste: Auf Platz 1 der Tabelle reiste der HSV ans
Millerntor, sieben Partien ohne Niederlage im Rücken. Wer will, kann aus so
was besten Lektürekaffeesatz machen, über das Feuer der einen und die
Selbstzufriedenheit der anderen; über nagende Zweifel versus gesundes
Selbstbewusstsein – erst recht später, im Wissen ums Ergebnis.
## Gezielt in die Niere geschlagen
Kommen die Spieler im klimatisierten Bus, reisen ihre
Unterstützer*innen traditionell zum großen Teil zu Fuß an. Eine
Reiberei zwischen dem um die 3.000 Leute starken HSV-Fanmarsch und einer
sehr viel kleineren Gruppe FCSP-Anhänger*innen unterband am Nachmittag die
reichlich Gerät und Menschen aufbietende Polizei. Und schlug dabei in nicht
ganz überraschender Weise über die Stränge: Schon eine [4][Stunde vor dem
Anpfiff] forderte der FC St. Pauli „Aufklärung“ zum „massiven
Polizeieinsatz“.
Mehrere Menschen wurden verletzt, in den sozialen Medien tauchte ein Video
auf, in dem unter anderem zwei Bundespolizisten auf einem bereits am Boden
Liegenden knien und ihn mit Faustschlägen traktieren, die Bilder legen
nahe: gezielt in die Niere. Sicher: Solche Schnipsel können gezielt
geschnitten werden – aber was, andererseits, solche Härte rechtfertigen
könnte, bleibt vorerst das Geheimnis der Polizisten.
Am späten Freitagabend bilanzierte die Polizei selbst den Derby-Einsatz und
erwähnte einerseits, dass es nachher ziemlich ruhig blieb in der Stadt. Und
andererseits die sozusagen vorgezogene dritte Halbzeit, inklusive gefilmter
„Anwendung unmittelbaren Zwangs seitens eingesetzter Polizeibeamter“: Man
prüfe „Recht- und Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme“. Am Sonntag wur…
dann bekannt, dass ein Strafverfahren eröffnet worden sei; das Dezernat
Interne Ermittlungen führe die Ermittlungen.
Der prügelnde Elefant saß irgendwo unsichtbar mit im Stadion, aber es wurde
auch noch Fußball gespielt. Mit 3:0 Toren schlugen die St. Paulianer unter
Timo Schultz das lange in Unterzahl agierende HSV-Team von Trainer Tim
Walter – höchster Derbysieg der Weiß-Braunen seit 1960, zumindest
temporärer Tabellenspitzen-Verlust für die Bahrenfelder Rothosen. Dass der
Autor dieses Textes zum ersten Mal seit den späten 1990er-Jahren wieder im
Stadion war, kann ja nicht bloß Zufall sein;
Glücksbringerdauerkartenangebote nimmt er gerne an.
16 Oct 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/GueHues/status/1580622916558823424
[2] /Polizeigewalt-beim-Hamburger-Derby/!5885720
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Hamburger_Stadtderby
[4] https://twitter.com/fcstpauli/status/1580942847066648577
## AUTOREN
Alexander Diehl
## TAGS
Hamburg
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Polizeigewalt
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