Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- FC St. Pauli in der Krise: Krise unterm Totenkopf
> Nach einer gelungenen Saison kommen die Fußballer der FC St. Pauli in
> dieser Spielzeit nicht in die Spur. Nun verlor das Team auch in
> Braunschweig.
Bild: Stürzte den FC St. Pauli mit seinem Tor weiter in die Krise: Braunschwei…
Braunschweig taz | Der FC St. Pauli scheint sich mit seiner
geschäftstüchtigen Tranferstrategie verkalkuliert zu haben: Schon im Sommer
gab es Stimmen, die orakelten, dass sich [1][die Fußballabteilung des FC
St. Pauli] nach den Abgängen von Leistungsträgern gerade im Angriff nicht
adäquat verstärkt habe. Über zwei Millionen Euro standen nach der
Transferperiode im Sommer als Guthaben auf dem Konto, nachdem unter anderem
wie Daniel-Kofi Kyereh (nach Freiburg), Guido Burgstaller (Rapid Wien) und
Finn Ole Becker (Hoffenheim) verkauft wurden.
Die sportliche Leitung, allen voran Sportchef Andreas Bornemann,
verbreiteten allerdings Zuversicht. Und auch Trainer Timo Schultz schien zu
glauben, dass sich die hervorragend gelaufene Saison im Jahr zuvor, die auf
dem fünften Platz und nur drei Punkte hinter dem Relegationsrang endete,
mit dem aktuellen Kader wiederholen ließe. Im Oktober 2022 ist klar: Das
war eine Wunschvorstellung.
Nach ordentlichem Start in der 2. Bundesliga mit vier Punkten aus zwei
Spielen folgten schnell die ersten Niederlagen gegen vermeintlich
schwächere Konkurrenten wie Aufsteiger Kaiserslautern, Hansa Rostock oder
Jahn Regensburg. Seit Mitte August (gegen Aufsteiger Magdeburg) gab es
nicht einen einzigen Sieg. Viele Unentschieden retten die „Boys in Brown“
vor dem Totalabsturz.
Trotzdem merkte Präsident Oke Göttlich vor wenigen Wochen öffentlich an,
dass die momentane Leistung zu wenig sei für das, was der Verein zur
Verfügung stelle. Coach Schultz antwortete umgehend, verwies auf die
Tatsache, dass die meisten neuen Spieler von der Bank anderer Vereine
verpflichtet wurden und noch nicht im Rhythmus seien. Zudem besitze St.
Pauli den jüngsten Kader der Liga.
## Unsicherheit und Unvermögen
Diese Fakten führten vor dem elften Spieltag in Braunschweig zu folgendem
Bild: Die Hamburger belegen den elften Tabellenplatz, der Aufsteiger aus
Braunschweig bekleidet den 16. Platz. Beide Teams trennen nur zwei Punkte.
Und so sieht die Partie in der ersten Hälfte auch aus. Kaum eine
Ballstafette gelingt, Pässe auf die Außen landen auf beiden Seiten umgehend
im Aus.
[2][St. Pauli ist die Unsicherheit anzumerken], auch wenn mit Jackson
Irvine einer der Schlüsselspieler wieder auf dem Platz steht. Dort bleibt
er allerdings nicht lange: Nach einem Zusammenprall mit Filip Benkovic
(Spitzname: Betonkovic) muss der Australier bereits in der neunten Minute
mit einer Platzwunde vom Feld. Neben ihm trottet auch David Nemeth mit
einer Verletzung nach draußen. Das trägt nicht zur Verbesserung des Spiels
bei, Torraumszenen sind Mangelware, auch wenn die Hamburger leichtes
Übergewicht haben.
Symptomatisch ist eine Szene in der 34. Minute, in der der Ball eine
gefühlte Minute lang kreuz und quer durch den 16-Meter-Raum der Paulianer
fliegt, ohne dass Verteidiger oder Angreifer in der Lage wären, die Kugel
einigermaßen unter Kontrolle zu bringen. „Ist doch ein ganz nettes
Drittligaspiel“, kommentiert der Sitznachbar auf der Tribüne.
Die zweite Hälfte beginnt mit einem Paukenschlag, Braunschweigs Stürmer
Anthony Ujah läuft alleine auf Keeper Nikola Vasilj zu, trifft aber nur den
Pfosten. Eine Schrecksekunde ohne nachhaltige Wirkung. Als sich alle wieder
mit dem Unentschieden gemütlich gemacht haben, holt St.-Pauli-Verteidiger
Manolis Saliakas in der 68. Minute die Brechstange raus und zimmert den
Ball per Fernschuss in den Winkel. Ein Tor aus dem Nichts, das den
Hamburgern eigentlich Sicherheit geben soll.
## Werden klare Worte ausreichen?
Das Gegenteil tritt ein, der Aufsteiger bäumt sich auf und wechselt mit dem
in der Woche zuvor grippekranken Immanuel Pherai die Wende ein. In der 77.
Minute fällt der Ausgleich durch den Niederländer, FC-Trainer Schultz
versucht seine Truppe mit wild rudernden Armen zur Ordnung zu rufen. Es
nützt nichts, in der Nachspielzeit hämmert Immanuël Pherai den Ball zum
etwas glücklichen Heimsieg unter die Latte. Damit rutscht St. Pauli vorerst
auf den 13. Platz ab, während die Eintracht aus Braunschweig auf Platz 11
steht.
Der FC St. Pauli wartet nun seit sieben Spielen auf einen Sieg, auswärts
gab es in dieser Saison noch gar keinen Dreier. Auf der Pressekonferenz zum
Spiel in Braunschweig spricht Schultz von mangelndem Zweikampfverhalten
seiner Mannschaft, von Unkonzentriertheit in der Vorwärtsbewegung, schlecht
ausgespielten Kontern – von denen allerdings nicht viele zu sehen waren –
und kündigt klare Worte im Gespräch mit der Mannschaft in den kommenden
Tagen an.
Gleichzeitig lobt er den Einsatzwillen seines Kaders. Dass der nicht
ausreicht, um Spiele zu gewinnen, ist Schultz und seinem Trainerteam klar.
Schnelle Abhilfe scheint es nicht zu geben, viel mehr als die üblichen
Floskeln bleibt nicht. Von der Geschäftsleitung Sport in Person von Andreas
Bornemann ist in diesen Wochen hingegen auffallend wenig zu hören. Will er
nicht noch mehr Öl ins Feuer gießen? Oder plant er bereits umfassende
Veränderungen?
So oder so sind es keine guten Voraussetzungen für das anstehende
[3][Stadtderby gegen den Hamburger SV] am Freitag, das vielleicht die
letzte Chance bietet, die Stimmung am Millerntor bis zum Ende der Hinrunde
zu verbessern.
9 Oct 2022
## LINKS
[1] /Abschied-vom-FC-St-Pauli/!5858214
[2] /Blinde-Fussballerin-Thoya-Kuester/!5864573
[3] /Fuehrungskrise-beim-Hamburger-SV/!5882780
## AUTOREN
Marc Halupczok
## TAGS
FC St. Pauli
Fußball
Fußball-Bundesliga
Eintracht Braunschweig
FC St. Pauli
FC St. Pauli
Hamburg
Umweltbehörde Hamburg
Fußball
FC St. Pauli
## ARTIKEL ZUM THEMA
St. Pauli besiegt Hannover mit 2:0: Gelungene Premieren am Millerntor
Gegen Hannover 96 holt der FC St. Pauli den zweiten Sieg in Folge. Der
umstrittene Trainerwechsel zeigt erste Wirkung.
FC St. Pauli entlässt Trainer: Schulle muss gehen
Timo Schultz' Bilanz als Trainer des Zweitligisten war zuletzt zu schlecht.
Doch es gibt Kritik am Rauswurf.
Polizeigewalt vor Stadtderby: Fußball wurde auch gespielt
Das Derby gegen den Hamburger SV gewann der FC St. Pauli klar. Doch vorher
schlug die Polizei über die Stränge.
Sport fördern oder Natur schützen: Bolzen statt Naturschutz
Der FC St. Pauli baut sein Trainingsgelände aus. Sportplätze sollen
ausgerechnet im Überschwemmungsgebiet entstehen. Linksfraktion und BUND
warnen.
Blinde Fußballerin Thoya Küster: Durch Fußball freier geworden
Mit 16 Jahren hat Thoya Küster die deutschen Frauen zum Europameistertitel
geschossen. In der Bundesliga kickt sie gegen erwachsene Männer.
Abschied vom FC St. Pauli: Ewald Lienen entlässt sich selbst
Ewald Lienen hat in idealer Weise die Markenstrategie des FC St. Pauli
verkörpert. Deshalb musste er auch übers Traineramt hinaus bleiben – bis
jetzt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.