# taz.de -- Streit um Hafenbeteiligung: Ja zu Chinas Einstieg in Hamburg | |
> Die Bundesregierung erlaubt der Staatsreederei Cosco mit Einschränkung | |
> die Beteiligung an einem Hafenterminal. Das kritisiert sogar Steinmeier. | |
Bild: Vor der Kabinettssitzung:Protest gegen den chinesischen Einstieg im Conta… | |
Hamburg taz | Im Streit um eine Beteiligung der chinesischen Staatsreederei | |
Cosco am Hamburger Hafen hat sich das Bundeskabinett wie erwartet auf einen | |
Kompromiss verständigt. Wie das Wirtschaftsministerium am Mittwoch | |
mitteilte, dürfen die Chinesen nur einen Anteil unterhalb von 25 Prozent an | |
dem Hamburger Containerterminal Tollerort erwerben. Mehr zu kaufen werde | |
untersagt – [1][eine Reaktion auf die Kontroverse um eine zu hohe | |
Abhängigkeit von China]. | |
Der Hamburger Hafen und die viertgrößte Reederei der Welt hatten im | |
September 2021 vereinbart, dass Cosco 35 Prozent der Betreibergesellschaft | |
von einem der vier Containerterminals übernehmen solle. [2][Damit sollte | |
jedoch kein Verkauf von Grundstücken oder Kaianlagen verbunden sein, | |
sondern lediglich eine Beteiligung am Umschlag], also an Containerbrücken, | |
Kränen und Fahrzeugen. | |
Was vor einem Jahr noch als unkritisch gesehen wurde, ruft seit der | |
Invasion Russlands in der Ukraine bei vielen Sicherheitsbedenken hervor. Am | |
Dienstagabend warnte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seinem | |
Ukraine-Besuch vor einer zu großen Abhängigkeit von China. „Für die Zukunft | |
heißt es, wir müssen Lehren ziehen“, sagte er. „Und die Lehre zu ziehen | |
heißt, wir müssen einseitige Abhängigkeiten verringern, wo immer das geht, | |
das gilt gerade auch gegenüber China.“ | |
Mit der vom Kabinett beschlossenen „Teiluntersagung“ werde der Erwerb auf | |
eine reine Finanzbeteiligung reduziert, betonte das Wirtschaftsministerium. | |
Eine „strategische“ Beteiligung werde verhindert. Cosco dürfe sich nicht | |
per Vertrag Vetorechte bei strategischen Geschäfts- oder | |
Personalentscheidungen einräumen lassen. Die Schwelle von 25 Prozent könne | |
künftig nicht ohne neue Prüfungen durch die Bundesregierung überschritten | |
werden. | |
## Aggressive Politik Chinas | |
„Nicht diese eine Beteiligung – und schon gar nicht die an einem einzelnen | |
Terminal“ ist für Burkhard Lemper vom Bremer Institut für | |
Seeverkehrswirtschaft (ISL) das Problem. Wichtig sei, dass Cosco nicht auf | |
die Daten von Konkurrenten in der Logistikkette zugreifen könne, betont der | |
Ökonom Lemper. „[3][Es geht eher um die Frage, ob man die relativ | |
aggressive Politik Chinas unterstützen möchte], indem man einer | |
Staatsreederei Zugriff auf einen Containerterminal gewährt.“ | |
Dieses Argument sticht auch für den CSU-Vize und Vorsitzenden der | |
Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber. „Die chinesische | |
Staatsführung würde europäischen Staatsfirmen nie erlauben, ihre | |
Infrastruktur zu kaufen“, sagt Weber. Er plädiert für ein einheitliches | |
Vorgehen in Europa. | |
Dass sich Reedereien an Containerterminals beteiligen, ist weltweit gängig. | |
Für Cosco läge der Vorteil darin, in Tollerort bevorzugt und zu besonders | |
günstigen Konditionen abgefertigt zu werden. Außerdem wäre die Reederei an | |
den Einnahmen des Terminals beteiligt. | |
Im Gegenzug konzentriert Cosco seine Ladungsströme in der Hansestadt. Cosco | |
habe zugesagt, den Terminal Tollerort zu einem „preferred hub“ – zu einem | |
bevorzugten Umschlagpunkt in Europa zu machen, sagt Hans-Jörg Heims, | |
Sprecher der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), die überwiegend der | |
Stadt gehört. Ungeachtet der Vereinbarung stehe das Terminal weiterhin | |
allen Reedereikunden offen. | |
## Marktanteile abgegeben | |
Für den Hamburger Hafen ist das von besonderem Interesse, weil er in den | |
vergangenen Jahren Marktanteile in Nordeuropa abgeben musste. [4][Seit | |
Jahren stagniert die Zahl der abgefertigten Container], wozu Probleme im | |
Hinterlandverkehr mit der Bahn und die lange Verzögerung bei der jüngsten | |
Elbvertiefung beigetragen hätten, wie Lemper sagt. | |
Dazu kommt, dass trotz des Ausbaus der Elbfahrrinne die gewünschten | |
Tiefgänge nicht erreicht werden, weil der Fluss aus dem Gleichgewicht | |
geraten ist. Es setzen sich so viel Sand und Schlick ab, dass die | |
Wasserbauer mit dem Baggern nicht hinterherkommen. | |
Aus Sicht des SPD-geführten Hamburger Senats ist eine Ablehnung der | |
Cosco-Beteiligung im Hinblick auf die nationale Sicherheit und | |
Unabhängigkeit nicht begründbar. „Sie wäre eine schwere Belastung für den | |
Wirtschaftsstandort und eine einseitige, wettbewerbsverzerrende | |
Benachteiligung Hamburgs gegenüber Rotterdam und Antwerpen, in denen Cosco | |
bereits Terminal-Anteile besitzt“, argumentiert der Senat. Rotterdam belegt | |
auf der Rangliste der weltweit größten Containerhäfen Platz 10, Hamburg | |
Platz 20. | |
26 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] /SPD-Debatte-ueber-Aussenpolitik/!5889864 | |
[2] /Chinas-Beteiligung-an-Hafenterminal/!5887132 | |
[3] /Der-Hamburger-Hafen-und-China/!5885937 | |
[4] https://www.hafen-hamburg.de/de/statistiken/ | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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