| # taz.de -- Frontex auf der Balkanroute: Eskalation und Achselzucken | |
| > Laut EU-Kommission soll die Grenzschutztruppe Frontex auf der Balkanroute | |
| > ausgebaut werden – ein Plan, der sich jeder konstruktiven Lösung | |
| > verweigert. | |
| Bild: Graffiti in Stuttgart | |
| Immer wieder kommen über Privatnetzwerke erschreckende Nachrichten von der | |
| Balkanroute: Zwei marokkanischen Jugendlichen gelang kürzlich die Flucht | |
| nach Italien. Einen Monat lang seien sie zu Fuß unterwegs gewesen, vorbei | |
| an Leichen. Nun schicken sie triumphierende Fotos aus Italien, unfrei, | |
| arbeitslos, aber immerhin der Hölle entkommen. Ein Zurückgebliebener stellt | |
| sich die Frage, mit der er seit Jahren hadert: Ist mein Leben wertlos | |
| genug, zu sterben? Er ist noch nicht volljährig, als er sich das fragt. | |
| Öffentlich sichtbar sind vor allem Nachrichten wie die aktuelle: Die | |
| sogenannte Grenzschutzagentur Frontex [1][soll laut EU-Kommission auf der | |
| Balkanroute ausgebaut werden]. Die EU-Staaten sollen darüber entscheiden. | |
| Die Kommission verabschiedete bereits Finanzhilfen von 39,2 Millionen Euro | |
| für Überwachungssysteme in der Region. Grund sei, dass dort rund dreimal so | |
| viele Menschen unterwegs seien wie im Vorjahr. Serbien hat bereits Abkommen | |
| zur Visafreiheit etwa mit Tunesien aufgekündigt. | |
| Es ist ein reflexhaftes Reaktionsschema: [2][Die Ukrainekrise] und die | |
| fortschreitende Klimakatastrophe sorgen für mehr Fluchtbewegungen, diese | |
| wiederum für [3][mehr Abschottung]. Es ist eine Politik, die sich von | |
| kollektivem Achselzucken nährt und sich einer konstruktiven Lösung | |
| verweigert. | |
| Wohlstand, erkauft nach fortbestehenden kolonialen Prinzipien: im Kernland | |
| schlemmen, an der Peripherie prügeln. [4][Das immer offener gewaltsame | |
| Zurücktreiben von Geflüchteten], [5][verfälschte Einsatzprotokolle], | |
| [6][die vielen Tausend Fälle schwerer oder tödlicher Gewalt an den Grenzen] | |
| – unwahrscheinlich, dass je jemand zur Verantwortung gezogen wird. Die noch | |
| unbequemere Frage: Gäbe es überhaupt noch ein Unrecht, zu dem eine Mehrheit | |
| Nein sagen würde? | |
| Wo eine Gesellschaft schon gar nichts von ihrer Gewalt versteht, müsste sie | |
| zumindest ihre Denkfehler verstehen. Zehntausende Talente, die sterben, | |
| arbeitslos in der Heimat sitzen oder in Lakaienjobs verschlissen werden – | |
| das muss sie sein, die berühmte Effizienz des Kapitalismus. | |
| 26 Oct 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Alina Schwermer | |
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