Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Streit um Atomkraft in der Ampel: Krachender Streit, vager Optimism…
> Die Positionen von Grünen und FDP im AKW-Streit sind festgefahren.
> Dennoch sind alle zuversichtlich, dass man sich bald einigt.
Bild: Sie reden – aber bis jetzt noch ohne Einigung: Robert Habeck, Olaf Scho…
Berlin taz | Die Ampel blinkt am Montag verwirrend in verschiedene
Richtungen. Grüne und FDP bekräftigen im AKW-Streit nochmal ihre
Positionen, die sich diametral widersprechen. Die FDP will unbedingt die
drei noch laufenden AKWs bis mindestens 2024 weiter in Betrieb lassen, wie
sie seit Wochen in jede Kamera sagt. Die Atomkraft werde als
Brückentechnologie gebraucht, erklärt FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai
auch am Montag. Zuvor blockierte [1][FDP-Chef Christian Lindner Robert
Habecks] Atomgesetz im Kabinett. Scheinbar geht in der Ampel nicht mehr
viel.
Die Grünen [2][haben auf ihrem Parteitag] eine rote Linie gezogen und
wollen [3][keinesfalls neue Brennstäbe akzeptieren], die für die von der
FDP geforderte Laufzeit nötig wären. „Wer rote Linien formuliert, handelt
unklug und verantwortungslos“, holzte Bijan Djir-Sarai zurück. Der Konflikt
ist ausgehärtet. Die FDP will sich [4][nach etlichen Wahlniederlagen] als
nüchterne Technikpartei gegen die sturen grünen Ideologen profilieren. Die
Grünen wollen nach vielen Anpassungen an die Regierungsrealität
[5][inklusive Waffen für Saudi-Arabien] wenigstens bei den AKWs
Standfestigkeit zeigen. Lösung? Unklar.
Gleichzeitig aber bemühen sich beide Parteien, Optimismus zu verbreiten.
Djir-Sarai erklärt munter, man werde sich spätestens Dienstag einigen.
Ähnliches hört man von den Grünen. In der Sache aber ist man kompromisslos.
Mit dem Reservebetrieb für die beiden süddeutschen AKWs, so Grünen-Chefin
Ricarda Lang, sei man der FDP schon sehr weit entgegengekommen. Die Ampel
sei „in keinem schönen Zustand“.
Andererseits verströmt auch Lang die Gewissheit, dass die Koalition an dem
Atomstreit „nicht zerbrechen“ werde. Auch ganz überzeugte grüne
Atomkraftgegner sind sicher, dass sich die Ampel am Ende einigt. Ebenso
sieht es Regierungssprecherin Christiane Hoffmann. Man sei auf dem Weg zu
einer Einigung, die möglichst zeitnah verkündet werden solle, sagte sie am
Montag.
Diese Mixtur von krachendem Streit und gelassenem Optimismus ist nicht
leicht zu entziffern. Ist das ein vorweggenommenes blame game, in dem man
versucht, den Schwarzen Peter für den Fall des Scheiterns aus dem eigenen
Feld zu verbannen? Oder ist es die Taktik, bis zum letzten Moment zu
warten, um zu beweisen, wie tapfer man kämpft?
Kanzler Olaf Scholz, Finanzminister Lindner und Wirtschaftsminister Robert
Habeck versuchen am Montag abermals einen Kompromiss zu finden. Aber Grüne
und FDP können sich noch nicht mal darauf einigen, was sie vereinbart
hatten. Die Grünen verweisen auf das drei Wochen alte Ampel-Papier zu dem
[6][200 Milliarden schweren Gaspreisdeckel].
Dort steht: „Wir schaffen die Möglichkeit, die süddeutschen Atomkraftwerke
bis zum Frühjahr 2023 laufen zu lassen.“ Die Grünen halten dies für den
Beweis, dass man sich doch schon auf den Reservebetrieb für Isar 2 und
Neckarwestheim 2 und das Aus für das AKW im Emsland verständigt hatte. Die
FDP bestreitet das. Dass die Deutungen so weit auseinandergehen, zeigt: Das
Vertrauen in der Ampel ist brüchig geworden.
## Zeitnahe Lösung erforderlich
Sicher ist: Der Zeitdruck ist real. Das AKW Isar 2 muss repariert werden,
um 2023 als Reserve zur Verfügung stehen zu können. Dafür muss der
Bundestag in dieser Woche ein Gesetz beschließen. Sonst geht Isar 2
endgültig vom Netz. Das können weder die Grünen noch die Liberalen wollen.
FDP-Mann Djir-Sarai betont: In dieser Woche müsse der Paragraf 7 Absatz 1
des Atomgesetzes geändert werden „als Basis für die weitere
Vorgehensweise“.
Sachlicher kann man es nicht formulieren. Zudem habe er Informationen von
Betreibern, dass man auch ohne den Einkauf neuer Brennstäbe die AKWs bis
Ende nächsten Jahres laufen lassen könnte. Deutet sich da schon ein
Kompromiss an? Der Verzicht auf neue Brennstäbe würde die Furcht der
Grünen, der Ausstieg würde nicht nur aufgeschoben, sondern aufgehoben,
besänftigen. Und die FDP könnte einen kleinen Erfolg verbuchen, wenn AKWs
länger als bis zum 15. April laufen.
Der Zeitdruck kann also eine Einigung beschleunigen. [7][Djir-Sarai] hält
es sogar für so etwas wie ein „Markenzeichen“ der Ampel, „am Ende des
Tages“ zu Lösungen zu kommen. Das ist eine gewagte Interpretation: Die
Lähmung der Ampel wird zur Stärke umgedeutet.
17 Oct 2022
## LINKS
[1] /Lindner-blockiert-Streckbetrieb-Novelle/!5883865
[2] /Gruenen-Parteitag/!5885664
[3] /Juergen-Trittin-ueber-Parteitagsbeschluss/!5888263
[4] /Die-Ampel-nach-der-Niedersachsen-Wahl/!5883754
[5] /Parteitag-der-Gruenen/!5888261
[6] /Gaspreisdeckel-der-Ampel/!5880440
[7] /FDP-Politiker-Djir-Sarai-ueber-seine-Partei/!5846835
## AUTOREN
Jasmin Kalarickal
Stefan Reinecke
## TAGS
Ampel-Koalition
Schwerpunkt Atomkraft
Energiekrise
Bündnis 90/Die Grünen
FDP
Ampel-Koalition
Ampel-Koalition
Bündnis 90/Die Grünen
Schwerpunkt Atomkraft
Schwerpunkt Atomkraft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Streit über AKW-Weiterbetrieb: „Das ist Basta-Politik“
Nach dem Machtwort von Scholz im Atomstreit kommt von der Grünen Jugend
Kritik. Auch Trittin lässt Dampf ab. Grüne Fraktionsspitze empfiehlt
Zustimmung.
Streit um Atomkraftwerke: Scholz ordnet Weiterbetrieb an
Der Bundeskanzler spricht ein Machtwort. Alle drei AKW sollen bis April
weiterlaufen. Im Streit mit FDP und Grünen beruft er sich auf seine
Richtlinienkompetenz.
Ende des Grünen-Parteitags: Konflikte lieber im Stillen
Geschmeidig klären die Grünen Dissens lieber hinter den Kulissen. Fraglich
ist, ob die eigenen Grundsätze so noch sichtbar bleiben.
Parteitag der Grünen: Atomkraft und andere Zumutungen
Die Grünen stimmen den zwei AKWs im Süden als Einsatzreserve zu, lassen
ihrem Minister darüber hinaus aber kaum Spielraum.
Parteitag am Wochenende: Grüne diskutieren wieder
Alle nur pragmatisch? Nicht ganz: Auf dem Parteitag werden die Delegierten
auch über Prinzipien reden, unter anderem bei der Atomkraft.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.