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# taz.de -- Bewegungstermine in Berlin: Kein vergeblicher Kampf
> Der Oranienplatz ist längst geräumt, dennoch bleibt er ein Symbol der
> Selbstermächtigung Geflüchteter. Eine Ausstellung erinnert an die
> Besetzung.
Bild: Ist zum Symbol der Selbstermächtigung von Geflüchteten geworden: Die Be…
Zehn Jahre ist es mittlerweile her, dass im September 2012 rund 30
Flüchtlinge mit einem Protestmarsch 500 Kilometer von München nach Berlin
zu Fuß liefen. Zuvor hatte sich ein Geflüchteter in einem Würzburger
Asylheim erhängt. Keine Abschiebungen mehr, forderten die Flüchtlinge,
keine Sammellager, endlich Bewegungsfreiheit.
[1][Am Ende landeten sie auf dem Oranienplatz in Kreuzberg.] Rund 100
Menschen lebten dort in dem Protestcamp mit sechs Großzelten, rund einem
Dutzend Bauwagen und einem Zirkuszelt für Versammlungen. Zwei Jahre blieben
die Aktivist*innen dort, verweigerten sich dem Asylsystem und kämpften
für ihre Rechte. Vieles wurde ihnen versprochen, [2][am Ende wurde der
Platz geräumt], einen legalen Aufenthaltsstatus erhielten nur die
wenigsten.
Dennoch ist der Platz für viele ein Symbol der
Selbstermächtigungsgeschichte geflüchteter Menschen, die in der Besetzung
des Oranienplatzes und später dann auch der [3][Gerhart-Hauptmann-Schule in
der Ohlauer Straße] ihren Höhepunkt fand.
Der International Woman Space, eine feministische Gruppe geflüchteter
Frauen und Migrant*innen ist vor zehn Jahren aus der O-Platz-Besetzung
hervorgegangen und feiert anlässlich des zehnjährigen Jubiläums mit einer
[4][fünftägigen Open-Air-Kunstbaustelle] die Geschichte des
Refugee-Resistance-Movements. Mit dabei ist auch die bekannte
US-amerikanische Schwarze Aktivistin und Bürgerrechtlerin Angela Davis, die
am Donnerstag eine Pressekonferenz zum rassistischen Umgang mit BiPoC
Geflüchteten abhalten wird (Mittwoch, 5. Oktober – Sonntag, 10. Oktober,
Oranienplatz Berlin).
## Frauen, Leben, Freiheit
Der Kampf um Menschenrechte ist auch Thema der kurdischen Bewegung.
Angesichts [5][zunehmender Repression und Angriffe] durch den türkischen
Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan auf kurdische Gebiete, gerät die
kurdisch-sozialistische Bewegung zunehmend unter Druck.
Wie angesichts dessen internationale Solidarität aussehen kann, ist Thema
einer [6][Podiumsdiskussion am Donnerstag]. Verschiedenen
Referent*innen werden dabei über politische Gefangene und
Isolationshaft, die kurdische Frauenbewegung und Frauenrechte in
Kurdistan-Türkei, die Flüchtlingspolitik der Türkei und die kurdische
Bewegung in Deutschland vor den Türkei-Wahlen im nächsten Jahr informieren
(Donnerstag, 6. Oktober, 19 Uhr, Oyoun, Lucy-Lameck-Straße 32, Neukölln).
In Berlin ist man von einer sozial-ökologischen Transformation von
Wirtschaft und Politik weiter entfernt als in Rojava. Das soll sich mit der
[7][Konferenz „Vergesellschaftung: Strategien für eine demokratische
Wirtschaft“] ändern. Aktivist*innen, Wissenschaftler*innen,
Gewerkschafter*innen, Politiker*innen und viele mehr blicken an
insgesamt drei Tagen auf vergangene Erfolge und Niederlagen, laden zum
konstruktiven Austausch ein und stärken bestehende wie entstehende
Bewegungen. Alles mit dem Ziel, radikale Perspektiven auf die Gegenwart für
eine bessere Zukunft einzunehmen – und die Eigentumsfrage zu stellen.
Aufgrund der großen Nachfrage ist die Anmeldung zwar schon geschlossen, es
wird aber einen [8][Livestream der Veranstaltung] geben (Freitag, 7.
Oktober – Sonntag, 9. Oktober, TU Berlin).
## Den Rechten die Show stehlen
Angesichts der Preissteigerungen in allen Lebensbereichen wird nicht nur
Vergesellschaftung der öffentlichen Infrastruktur und Grundversorgung immer
relevanter, auch soziale Bewegungen auf der Straße gewinnen zunehmend an
Fahrt. Damit die Proteste gegen die aktuelle Krisenpolitik nicht von
Rechten gekapert werden, die die Existenzängste der Bevölkerung für ihr
menschenverachtendes Weltbild instrumentalisieren, braucht es soziale und
demokratische Lösungen.
Das linke Bündnis Unverwertbar ruft daher für Samstag zum [9][Protest gegen
steigende Preise] auf und hat dabei eine solidarische Gesellschaft im
Blick. Also raus aus der Armut, rauf auf die Straße! (Samstag, 9. Oktober,
13 Uhr, Leopoldplatz Wedding).
Auch die AfD mobilisiert für Samstag nach Berlin und will das erste mal
seit 2018 mit Tausenden Rechtsextremen durch die Straßen der Hauptstadt
marschieren. Damals wurde ihnen durch [10][Zehntausende
Gegendemonstrant*innen die Show gestohlen]. Ein [11][breites Bündnis
aus über 170 Clubs] rief unter dem Motto AfD wegbassen zum Gegenprotest
auf.
Auch dieses mal will das Bündnis Reclaim Club Culture die Straße nicht den
Neonazis überlassen und [12][legt noch einmal nach]: Ab 12 Uhr sind alle
solidarischen Berliner*innen, ob mit oder ohne Soundsystem, aufgerufen,
nach Mitte zu kommen und sich bei den vielfältigen Protesten dem
völkisch-nationalen Soundtrack der AfD und ihren Anhänger*innen
entgegenzustellen: Ob bei „AfD wegbassen – Alle hassen Nazis“ am
Europaplatz, am Pariser Platz unter dem Motto „Für ein solidarisches Europa
der Vielen. Gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Nazis raus
aus den Parlamenten“ oder an der Invalidenstraße unter dem Motto
„Solidarität statt rechte Hetze“ und vielen weiteren Aktionen (Samstag, 9.
Oktober, 12 Uhr, Mitte).
4 Oct 2022
## LINKS
[1] /Ein-Jahr-Fluechtlingscamp-Oranienplatz/!5057893
[2] /Nach-der-O-Platz-Raeumung/!5044607
[3] /Raeumung-der-besetzten-Schule/!5474102
[4] https://oplatz.net/pressemitteilung-pressekonferenz-mit-angela-davis-am-06-…
[5] /Konflikt-zwischen-Kurden-und-Tuerkei/!5869494
[6] https://www.ippnw.de/aktiv-werden/termine.html?expanddate=13772&cHash=0…
[7] https://vergesellschaftungskonferenz.de/
[8] https://www.youtube.com/channel/UC975Vx9Yi9QBE1a-VPBRgBA
[9] https://www.unverwertbar.org/aktuell/2022/7633/
[10] /AfD-Demo-und-Gegenprotest-in-Berlin/!5508456
[11] /Initiator-ueber-Club-Buendnis-gegen-Rechts/!5505845
[12] https://twitter.com/ReclaimYourClub/status/1575811466275348480/photo/1
## AUTOREN
Marie Frank
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