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# taz.de -- Infrastruktur-Experte über Bahn-Sabotage: „Es gibt noch Luft nac…
> Betreiber müssten verpflichtet werden, ihre kritischen Infrastrukturen zu
> schützen. Das sagt Michael Wiesner von der AG Kritische Infrastrukturen.
Bild: Eine Anzeigetafel in Neubrandenburg nach dem mutmaßlichen Sabotageakt be…
taz: Herr Wiesner, [1][Strecken der Deutschen Bahn wurden mutmaßlich
sabotiert]. Hat Sie dies überrascht?
Michael Wiesner: Überrascht dahingehend, dass wir solche zielgerichteten
und koordinierten Angriffe bisher nur sehr selten sehen. Nach Aussage der
Verantwortlichen ist es ja so, dass Kabel an zwei neuralgischen Punkten
zerstört wurden. Dazu braucht es neben Insiderwissen im Zweifel auch
besondere Gerätschaften. Das kommt dann doch eher selten vor. Andererseits
ist der Fall nicht überraschend. Es war eine Frage der Zeit – wir wissen,
wie fragil viele unserer Infrastrukturen sind.
Spätestens seit den Explosionen bei den Nord-Stream-Pipelines ist [2][der
Schutz kritischer Infrastruktur] ganz oben auf der politischen Agenda
angekommen. Hat die Politik bisher geschlafen?
Das kann man klar so sagen. Es gibt natürlich vereinzelte Stimmen in der
Politik, die schon länger darauf hinweisen. Aber das Thema wurde nicht
ernsthaft genug angegangen. Die mehr oder weniger halbherzigen Versuche,
etwas mehr Sicherheit reinzubringen, reichen nicht. Und wenn man nicht
gehörig aufs Gas tritt, dann wird es noch größere Schäden geben.
Was muss getan werden?
Die Betreiber müssen wirklich ernsthaft verpflichtet werden, ihre
kritischen Infrastrukturen zu schützen. Momentan haben wir durch das
IT-Sicherheitsgesetz bereits relativ engmaschige gesetzliche Vorgaben, die
eigentlich dazu verpflichten, die Infrastrukturen zu schützen und auch
resilient zu machen. Das bedeutet, wenn diese gestört werden, dass sie dann
schnellstmöglich auch wieder am Laufen sind. Aber: Es muss konkreter
werden, es muss verpflichtender werden.
Wenn man aber weiß, wie kontrolliert wird, dann sieht man da sehr viel
Schatten und wenig Licht. Wir haben ursprünglich mit circa 2.000 kritischen
Infrastrukturbetreibern angefangen. Die Bahn war dabei. Aber es gibt noch
Luft nach oben. Sonst hätte der Ausfall eines Kommunikationsnetzes nicht zu
einem mehrstündigen Ausfall des Bahnbetriebs geführt. Mit allgemeinen
Regelungen lässt sich leider nicht wirklich konkrete Sicherheit schaffen.
Schutzmaßnahmen kosten Geld. Woher soll das kommen?
Etwa aus dem Sondervermögen, das für die Bundeswehr zur Verfügung gestellt
wird. Es wird eben nicht nur klassisch angegriffen mit Waffen, mit
militärischem Gerät, sondern auch mit Cyberangriffen, die entweder im
Vorfeld oder parallel umgesetzt werden. Wenn wir von einer Bedrohungslage
sprechen, gehört auch die Cyberabwehr dazu, die gestärkt werden muss.
Allerdings: Wir müssen die defensiven Fähigkeiten erhöhen und nicht
zurückhacken. Denn wir müssen uns erst einmal richtig verteidigen können,
bevor wir anfangen, angreifen zu wollen. Im Zweifel greift man aus Versehen
das falsche Ziel an und das bringt dann enorme Kollateralschäden mit sich.
Die Arbeitsgruppe Kritis fordert seit geraumer Zeit ein Cyberhilfswerk. Was
kann es bewirken?
Im konkreten Fall der Bahnsabotage nur wenig, weil es um einen punktuellen
Angriff geht. Aber wenn Störungen oder Ausfälle so weitreichend sind, dass
sehr viele Komponenten und Computersysteme betroffen sind, dann fehlt es
oft an Personal und Mitteln, diese schnell wieder hochzufahren. Das
Cyberhilfswerk soll aus einem Netzwerk an ehrenamtlichen IT-Experten
bestehen, die grundlegendes Fachwissen haben und schnell unterstützen
können, vergleichbar mit dem THW.
Wenn zum Beispiel alle Stadtwerke in Deutschland gleichzeitig angegriffen
werden, dann könnte dieses Hilfswerk zum Einsatz kommen, Komponenten
austauschen, Systeme neu konfigurieren und wieder in Betrieb nehmen.
Derzeit führen wir Gespräche mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und
Katastrophenschutz und dem THW, um ein solches Hilfswerk auf den Weg zu
bringen.
9 Oct 2022
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## AUTOREN
Tanja Tricarico
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Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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