Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Russische Scheinreferenden in Ukraine: Abstimmen unter vorgehaltene…
> In vier Regionen laufen die Scheinreferenden. Viele Anwohner berichten
> von Zwang und Einschüchterung, andere versuchen zu fliehen.
Bild: Valentina, 90, wird in ihrer Wohnung in Mariupol von der Wahlkommission b…
Zügig wurde mit der Durchführung der von Wladimir Putin angekündigten
Scheinreferenden in den sogenannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk
sowie den von russischen Truppen besetzten Gebieten der Regionen Cherson
und Saporischschja am 23. September begonnen. Bis zum Dienstagabend sollen
die Einwohner:innen der Regionen darüber abstimmen, ob sie zu Russland
gehören wollen.
Natürlich stehen die Ergebnisse der Fake-Referenden schon seit ihrer
Ankündigung fest, viele demokratische Staaten verkündeten deshalb bereits
im Voraus, dass sie die Ergebnisse nicht anerkennen würden. Ukraines
Präsident Wolodimir Selenski unterstrich, dass diese „Referenden“ keinerlei
Einfluss auf die Bemühungen der Ukraine haben werden, ihre besetzten
Gebiete zurückzuerobern, obwohl Putin damit drohte, Atomwaffen einzusetzen,
da Angriffe auf diese Gebiete mit Angriffen auf Russland gleichgesetzt
würden.
Aus ukrainischen Medien geht hervor, dass bereits jetzt Männer aus den
besetzten Gebieten für den russischen Angriffskrieg mobilisiert worden
wären, nachdem sie im Eilverfahren russische Pässe für ihre Teilnahme an
den Scheinreferenden erhalten hätten – dies ist auch nach russischem Recht
illegal, da die Gebiete noch nicht als annektiert gelten.
Selenski rief in einer Abendansprache am 23. September die Bewohner der von
Russland besetzten Gebiete auf, sich „mit allen Mitteln vor der russischen
Mobilmachung zu verstecken“, um der Einberufung zu entgehen. Diejenigen,
die in die russische Armee eintreten, forderte der ukrainische Präsident
auf, alle feindlichen Aktivitäten zu sabotieren, russische Operationen zu
behindern und der ukrainischen Seite alle wichtigen Informationen,
einschließlich von Stützpunkten, Hauptquartieren und Munitionsdepots, zu
übermitteln.
## Schrille Töne von Lawrow
Der russische Außenminister Sergei Lawrow kritisierte indes in der
Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York den „Wutausbruch des
Westens“ und rechtfertigte die Durchführung der „Referenden“. So würden
diese auf Anweisung der Lokalregierungen durchgeführt. Russland wolle
„selbstverständlich den Willen der Menschen achten, die jahrelang unter dem
Neonazi-Regime gelitten haben“.
In Wahrheit wird die Teilnahme an den Scheinreferenden unter der Androhung
von Gewalt durch russische Soldaten erzwungen, während die besetzten
Gebiete auch weiterhin unter russischem Beschuss stehen. In der Region
Saporischschja werden die Stimmen von speziellen polizeibegleiteten
„Brigaden“ eingesammelt, die von Haus zu Haus gehen. Jewhen Balytskyi, der
von Russland ernannte Verwaltungschef der Region, begründete diesen Plan
mit Sicherheitsvorkehrungen.
Der Journalist Maksym Eristavi erzählt hingegen auf Twitter, dass seine
Familie mit vorgehaltener Waffe gezwungen wurde, im Rahmen des russischen
„Referendums“ in der Südukraine offen vor den Augen der Soldaten
abzustimmen. Laut [1][Kyiv Independent ] behaupte Russland, dass die
Wahlbeteiligung in den zerstörten Gebieten Sievierodonetsk, Lysychansk und
Rubizhne bei 41 bis 46 Prozent liegt, obwohl die meisten Menschen die
Region während der Kämpfe verlassen haben.
In der Strafkolonie in der Donezker Volksrepublik wurden 57 ukrainische
Kriegsgefangene unter Aufsicht von „Beobachtern aus Italien“ gezwungen
abzustimmen. Auch der Geschäftsführer des nordhessischen Versorgers Energie
Waldeck-Frankenberg, Stefan Schaller, reiste in die russisch besetzten
Gebiete der Ostukraine, um als Wahlbeobachter zu fungieren. Er soll nun
deshalb von seinen Aufgaben als Energiemanager freigestellt werden.
## Neue Fluchtbewegungen
Die stellvertretende Ministerpräsidentin Iryna Vereshchuk rief die
Einwohner:innen dazu auf, nicht mit den russischen Invasoren zu
kooperieren, eine Beteiligung an den Referenden zu verweigern und möglichst
die Gebiete zu verlassen.
Und so haben die Scheinreferenden neue Fluchtbewegungen aus den besetzten
Gebieten ausgelöst: Viele Menschen flüchteten in die Regionshauptstadt
Saporischschja, welche unter ukrainischer Kontrolle ist. Geflüchtete
berichten davon, an russischen Checkpoints durchsucht, gedemütigt und
ausgeraubt worden zu sein.
In dem von Russland besetzten Snihurivka in der Region Mykolaiv
versammelten sich mehrere Menschen, um gegen das illegale Referendum zu
protestieren. „Snihurivka war immer die Ukraine. Wir haben uns nie Russland
anschließen wollen und werden es auch nicht tun“, sagen die
Demonstrant:innen in einem Video.
25 Sep 2022
## LINKS
[1] https://www.euractiv.com/section/global-europe/news/russia-holds-votes-in-o…
## AUTOREN
Anastasia Tikhomirova
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Referendum
Volksrepublik Donezk
Volksrepublik Lugansk
GNS
Russland
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Russland
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Wehrdienst
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
EU-Reaktionen auf Scheinreferenden: Neue EU-Sanktionen gegen Russland
Brüssel reagiert mit neuen Sanktionen auf die vom Kreml orchestrierten
„Scheinreferenden“ in den besetzten Gebieten der Ukraine. Der Ölpreisdeckel
kommt.
Scheinreferenden in der Ostukraine: Putin zündet nächste Stufe
Mit den Scheinreferenden in der Ostukraine bereitet Russland die Annektion
der Gebiete vor. Eine weitere Eskalation des Kriegs steht im Raum.
Scheinreferenden vor Abschluss: Moskau droht wieder mit Atomwaffen
Der Kreml meldet erste Ergebnisse der Scheinreferenden in den Regionen
Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja. Putin könnte schon am Freitag
Anschluss der besetzten Gebiete an Russland verkünden.
Teilmobilisierung in Russland: Eine traumatische Erfahrung
Die „Teilmobilisierung“ von Russlands Präsident Putin für den Ukraine-Kri…
betrifft vor allem nichtrussische Ethnien. Der Widerstand wächst.
Krieg in der Ukraine: „Schlimmer als Hunde“
Aus Kriegsgefangenschaft freigekommene Ukrainer berichten von
Misshandlungen. In einem ehemals besetzten Dorf wurde ein Folterkeller
gefunden.
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Wird Edward Snowden Russe?
Putin bietet dem Whistleblower Snowden die russische Staatsbürgerschaft an.
Die USA drohen mit „katastrophalen Konsequenzen“ bei Atomwaffeneinsatz.
Kriegsdienstverweigerer in der Ukraine: Versteckt im eigenen Land
In der Ukraine können Männer jederzeit zum Militär eingezogen werden.
Michail Nasarenko – jung, queer, gut ausgebildet – will nicht an die Front.
Wladimir Putins Mobilmachung: Tragik der russischen Gesellschaft
Der Krieg ist in Russland angekommen. Aber zu ernsthaften Protesten wird es
nicht kommen, weil die Lage für die meisten zu ausweglos ist.
Russische Anschluss-Szenarien: Das Recht auf unfreie Wahlen
Russische Politiker wollen die besetzten Gebiete in der Ukraine über
Referenden an Russland angliedern. Sie übertreffen sich zurzeit mit Plänen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.