# taz.de -- Gewalt gegen Migranten in Marokko: Tod am Grenzzaun | |
> 27 Todesopfer an einem einzigen Tag im Juni: Griff die Polizei brutal | |
> gegen Migranten durch, weil es politisch gewollt war? Darauf deuten | |
> Recherchen hin. | |
Bild: Einige Menschen haben die Grenzsperre überwunden | |
Am 26. Juni dieses Jahres geht im EU-Parlament in Brüssel ein Brief ein. Er | |
ist unterschrieben von Lahcen Haddad, einst Tourismusminister von Marokko, | |
heute Vorsitzender der EU-Kontaktgruppe des marokkanischen Parlaments. Sein | |
Land sei ein „formidables Bollwerk“ gegen die illegale Migration nach | |
Europa, heißt es darin. Marokko leiste Enormes dabei, diese abzuwehren – es | |
bekomme dafür nur leider viel zu wenig Geld von den Europäern. Die | |
„Erfolgsgeschichte“ der Zusammenarbeit aber dürfe nun keinesfalls durch die | |
„tragischen Ereignisse der vorangegangenen Tage getrübt werden“, so Haddad. | |
Was Haddad „tragische Ereignisse“ nennt, hat in sozialen Medien längst | |
einen anderen Namen: „[1][Massaker von Melilla]“ – unter diesem Schlagwort | |
werden die Vorfälle des 24. Juni vor den Toren der spanischen Exklave im | |
Norden Marokkos bekannt. An jenem Morgen machen sich rund 1.800 Menschen, | |
die meisten aus dem Sudan und Südsudan, zu Fuß aus einem nahe gelegenen | |
Wald auf den Weg zum Grenzzaun. Am Abend sind mindestens 27 von ihnen tot, | |
73 vermisst, Hunderte verletzt. | |
Die Bilder, die an jenem Tag entstehen, verstören: Hunderte Körper liegen | |
vor dem Grenzzaun, übereinander, wie verendete Tiere auf einer Deponie. | |
Leichen, Schwerverletzte, Gefangene, umringt von Soldaten, unversorgt, | |
zusammengekrümmt, verwundet. | |
Versuche, die hochgerüsteten Grenzanlagen von Melilla zu stürmen, gab es | |
seit 2006 immer wieder. Doch nie starben so viele Menschen an einem Tag an | |
einer EU-Landgrenze wie an diesem 24. Juni 2022. | |
Was war diesmal anders? Wie konnte es dazu kommen, dass trotz der | |
Hightech-Grenzanlagen am Ende rohe Gewalt in solchem Ausmaß eingesetzt | |
wurde, um die Migrant:innen abzuwehren? | |
## War die Brutalität beabsichtigt? | |
Videos, Aussagen von Überlebenden und Augenzeugen, Berichte von Anwälten | |
und Nichtregierungsorganisationen verdichten sich heute zu einem klaren | |
Bild. Es zeigt: Die Sicherheitsbehörden Marokkos wurden an jenem Tag | |
keineswegs überrannt. Die plausibelste Erklärung ist, dass die zur Schau | |
gestellte Brutalität ein Zeichen in Richtung Europa setzen sollte: Wenn wir | |
wollen, halten wir die Grenze dicht – egal, zu welchem Preis. | |
In den vergangenen Tagen veröffentlichte die marokkanische | |
Menschenrechtsliga Association Marocaine des Droits Humains ([2][AMDH]) | |
einen detaillierten Bericht auf Grundlage der Befragung Überlebender. Zuvor | |
hatte schon die spanische Nichtregierungsorganisation [3][Caminando | |
Fronteras] einen ähnlichen Report vorgelegt. Die taz konnte zudem Aussagen | |
Überlebender anhören, mit Augenzeugen und Rechtsanwälten sprechen. Ihre | |
Angaben decken sich mit den an diesem Tag entstandenen Videos. | |
Auf dieser Grundlage lässt sich folgender Ablauf des Geschehens | |
rekonstruieren. Die Ereignisse lassen klare Rückschlüsse auf die Motive | |
Marokkos zu. | |
In der Nacht auf den 24. Juni brechen rund 1.800 Menschen im Wald von | |
Gourougou auf, wo sie in provisorischen Unterkünften Unterschlupf gefunden | |
haben. Das dicht besiedelte Gebiet wenige Kilometer südwestlich von Melilla | |
wird von den marokkanischen Behörden unter anderem mit von Spanien | |
gelieferten Drohnen überwacht. Gegen 6.30 Uhr, eine halbe Stunde vor | |
Sonnenaufgang, meldet Marokko der spanischen Guardia Civil, dass die Menge | |
auf die Grenze zumarschiert, so berichtet es die spanische Zeitung El País. | |
Etwa sechs Kilometer sind es von Gourougou bis zum Grenzübergang Barrio | |
Chino. Die letzten Kilometer führen durch offenes, unbebautes Gebiet. Es | |
wäre zweifellos möglich gewesen, eine solche Ansammlung von Menschen dort | |
aufzuhalten. Doch die Migranten können ungehindert bis zum Grenzzaun | |
vordringen. Dort kommen sie zwischen 8 und 9 Uhr an. Viele der Männer | |
tragen Stöcke in den Händen. Barrio Chino ist der kleinste der vier | |
Grenzübergänge nach Melilla und nur für Anwohner passierbar. | |
In den folgenden drei Stunden versuchen die Migrant:innen die aus drei | |
parallelen, bis zu sechs Meter hohen Zäunen bestehende Anlage zu | |
überwinden: Eine Gruppe klettert über einen geparkten Lieferwagen und | |
bringt an dieser Stelle den äußeren Zaun zum Einsturz. Andere brechen das | |
äußere Tor des Grenzübergangs mit Hämmern auf und dringen in das Innere des | |
Grenzpostens vor. Andere versuchen die Zäune an einer dritten Stelle zu | |
überklettern. | |
## Über Menschen getrampelt | |
Marokkanische Polizei und Militär rücken vor, es entwickeln sich schwere | |
Auseinandersetzungen. Eine große Gruppe der Migrant:innen wird am Zaun | |
eingekesselt. Die Entscheidung, gegen die Menschen erst hier vorzugehen, | |
sei „zweifellos die Hauptursache für die sehr hohe Zahl von Toten und | |
Verletzten“, so die Menschenrechtsliga AMDH. | |
Richard Diallo stammt aus Kamerun und lebt seit 2002 nahe der östlich | |
Melilla gelegenen marokkanischen Stadt Nador. Seinen richtigen Namen möchte | |
er aus Furcht vor Repressalien nicht veröffentlicht sehen. Diallo hat die | |
Organisation Mouvement Uplifted Africa gegründet. Seit Jahren beobachtet er | |
die Lage der Migranten vor den Toren Melillas. Am 24. Juni ist er den | |
ganzen Tag vor Ort. „Es war eine Katastrophe“, sagt er. „Die Marokkaner | |
haben mit Tränengas geschossen, die Spanier haben Gas rübergeschossen, das | |
hat viele umfallen lassen, andere Migranten und Soldaten sind über sie | |
getrampelt.“ | |
Videoaufnahmen zeigen, wie marokkanische Soldaten Steine auf Flüchtlinge | |
werfen, die die Zäune zu überklettern versuchen. Sie belegen, dass auch die | |
spanischen Grenzschützer Tränengas auf marokkanisches Territorium schießen. | |
Die Migranten werden „festgesetzt und unter den Schlägen der Knüppel in ein | |
von den Behörden abgesperrtes, kaum 200 Quadratmeter großes Areal | |
geschleppt“, so der AMDH-Bericht. Videoaufnahmen zeigen auch dies. | |
Dort wurden die Verletzten auf dem Boden übereinandergelegt. Einige von | |
ihnen hätten kein Lebenszeichen mehr gezeigt, seien aber von den | |
marokkanischen Ordnungskräften weiterhin mit Schlagstöcken geschlagen und | |
getreten worden. Auch das ist auf den Videos zu sehen. | |
Weitere Ankommende wurden von den Sicherheitskräften auf die bereits am | |
Boden liegenden geschoben, obwohl diese „nach einer Stunde Tränengas | |
Verletzungen, Knochenbrüche und Atemprobleme hatten“, so die AMDH. | |
Abdul Rais Mohamed aus dem Tschad ist einer der Überlebenden. „Sie haben | |
uns nicht wie Menschen behandelt“, sagt er bei einer Befragung, die | |
Mouvement Uplifted Africa nach den Ereignissen aufgezeichnet hat. „Sie | |
haben alle geschlagen, immer wieder, selbst die Menschen mit | |
Kopfverletzungen. Ich lag zwischen den Leichen und es war die Gnade Gottes, | |
dass ich noch lebe. Drei andere neben mir waren tot.“ | |
Später gibt die marokkanische Regierung an, dass die Menschen in diesen | |
Stunden auf zwei Arten sterben: entweder weil sie von anderen Migranten zu | |
Tode getrampelt werden oder weil sie vom Zaun stürzen. | |
Die Nichtregierungsorganisation [4][Caminando Fronteras] geht aufgrund von | |
Zeugenaussagen von weiteren Ursachen für Verletzungen und Tod aus: Atemnot | |
durch exzessiven Einsatz von Tränengas im Innern der Grenzanlage, | |
Herabstürzen, totgetrampelt werden, Schläge mit einfachen und mit | |
elektrischen Schlagstöcken, scharfe Munition, verweigerte medizinische | |
Versorgung und Hilfe, Abtransport Verwundeter ohne medizinische Versorgung. | |
Belegen lässt sich das nicht – Marokko hat keine Autopsie an den Leichen | |
durchführen lassen. | |
Schließlich ist auf den Videos zu sehen, dass marokkanische Einheiten auf | |
der spanischen Seite im Einsatz sind und Migranten zurückholen – ein Novum, | |
das gegen spanisches Recht verstößt. Rund 100 Menschen seien auf diese | |
Weise zurückgebracht worden, so die AMDH. | |
Um 11.30 Uhr treffen vier Krankenwagen ein. Doch sie transportieren | |
zunächst nur Leichen ab. | |
## Schwerverletzte einfach in Bussen abtransportiert | |
Bis 16 Uhr treffen neun Busse ein. Rund 500 Menschen, darunter viele | |
Verletzte, werden eingeladen und in Grenzregionen Marokkos gefahren. | |
Betroffene geben später an, etwa 12 Stunden ohne Nahrung im Bus gesessen zu | |
haben. Am Ende seien sie ohne medizinische Versorgung abgeladen worden. | |
Die AMDH konnte den Tod des jungen Sudanesen Abdenacer Mohamed Ahmed | |
dokumentieren. Er starb in der Nacht auf den 25. Juni, nachdem er verletzt | |
in einen der Busse gesetzt worden war. | |
Am folgenden Tag besuchen Anwälte der AMDH die Leichenhalle des | |
Hassani-Krankenhauses von Nador. „Die Leichen von 15 Migranten waren auf | |
den Boden geworfen worden und lagen in geronnenem Blut, mit Wunden an Kopf, | |
Gesicht, Brust und Füßen“, sagt der Jurist Said Tbel von der AMDH. Am | |
nächsten Tag, dem 26. Juni, beobachten die Anwälte, wie Arbeiter auf dem | |
Sidi-Salem-Friedhof in Nador 21 Gräber ausheben. „Dabei wurden sie | |
persönlich vom Gouverneur von Nador beaufsichtigt. Das ist absolut | |
ungewöhnlich“, sagt Tbel. | |
Die Brutalität an jenem Tag ist singulär. Warum aber entschieden sich die | |
Marokkaner, so vorzugehen? Warum stoppten sie die Menschen nicht schon weit | |
vorher, wo dies ohne solche Folgen möglich gewesen wäre? | |
Zu verstehen ist dies nur mit einem Blick zurück. | |
Seit 2005 kooperiert die Regierung in der marokkanischen Hauptstadt Rabat | |
mit Madrid bei der Migrationskontrolle. Damals beginnt Spanien, Zäune um | |
ihre Enklaven Melilla und Ceuta zu errichten, die über die Jahre immer | |
höher werden. Die Entwicklungshilfe für Marokko wächst kräftig mit. | |
Marokkos Militär bewacht im Gegenzug die Grenzanlage von außen. Wer | |
trotzdem herüberkommt, den nimmt das Land direkt wieder zurück. „Heiße | |
Abschiebung“ wird dies genannt. So bliebt die Zahl der Ankünfte in den | |
beiden spanischen Enklaven bis heute vergleichsweise niedrig. | |
## Die Affäre Brahim Ghali | |
Das änderte sich im April 2021. Da erkrankt [5][Brahim Ghali], der Führer | |
der westsaharischen Unabhängigkeitsbewegung Frente Polisario, an Covid-19. | |
Die Regierung in Madrid lässt zu, dass der Mann im Krankenhaus von Logrono | |
in Nordspanien behandelt wird. | |
Die Regierung Marokkos wertet dies als feindlichen Akt. Marokko hatte das | |
Gebiet an der Atlantikküste Nordwestafrikas nach dem Abzug der | |
Kolonialmacht Spanien im Jahr 1975 annektiert. | |
Als Reaktion auf die Einreise Ghalis nach Spanien [6][öffnet Marokko die | |
Grenze nach Melilla]: Vom 17. auf den 18. Mai 2021 kommen rund 8.000 | |
Menschen in der Enklave an. Doch um die Spanier nicht allzu sehr zu | |
verärgern, gestattete Marokko es der Guardia Civil, die Menschen | |
postwendend – selbstredend ohne Asylverfahren – wieder zurückzuschieben. | |
Es ist eine Drohgebärde, um Spanien zu zwingen, sich in der | |
Westsahara-Frage auf die Seite Marokkos zu schlagen. Die Beziehungen | |
zwischen beiden Ländern sind schwer gestört. | |
Das macht sich schlagartig auch im Waldgebiet von Gourougou bemerkbar. Seit | |
rund 20 Jahren existieren hier informelle Siedlungen Tausender | |
Migrant:innen, die auf eine Gelegenheit warten, um nach Europa zu gelangen. | |
Immer wieder vertreiben Polizei und Militär die Migrant:innen, die sich | |
meist an anderen Orten in der Nähe erneut niederlassen. | |
## Druck durch polizeiliches Stillhalten gemacht | |
Doch nach dem Streit über die Behandlung Ghalis stellen die | |
Sicherheitskräfte die Razzien plötzlich ein. In der Folge verfünffacht sich | |
die Zahl der Versuche von Migrant:innengruppen, den Zaun von Melilla zu | |
überwinden: 201 solcher Versuche gibt es 2020, 1.050 im Jahr darauf. Bis | |
März dieses Jahres bleibt das so. | |
Noch Anfang März gibt es innerhalb von nur einer Woche drei größere | |
Angriffe auf den Grenzzaun von Melilla, an denen etwa 2.500 Migranten | |
beteiligt sind. Dabei gelingt es fast 900 Migranten, spanisches Territorium | |
zu erreichen. Es gibt dabei nur wenige Verletzte und keinen einzigen Toten. | |
Dann vollzieht Spanien eine 180-Grad-Wende in der Westsahara-Frage. In | |
einem Brief an Marokkos König Mohammed VI. schreibt Ministerpräsident Pedro | |
Sánchez: „Spanien betrachtet die von Marokko 2007 präsentierte | |
Autonomieinitiative als die seriöseste, realistischste und glaubwürdigste | |
Grundlage zur Lösung des Streits.“ Außenminister José Manuel Albares | |
erklärt: „Heute beginnen wir eine neue Phase unserer Beziehungen mit | |
Marokko und beenden eine Krise mit einem strategischen Partner.“ | |
In exakt dieser Zeit beginnt Marokko wieder, alle paar Tage die Polizei in | |
die Migrantencamps von Gourougou zu schicken. Von Ende März bis zum 24. | |
Juni rücken die Sicherheitskräfte 31-mal in die Siedlung ein, in den | |
letzten 18 Tagen jeden Tag. Sie unterbrechen die Wasserzufuhr zum einzigen | |
Brunnen, nehmen Bewohner:innen fest, zerstören oder verbrennen ihre | |
Habe. | |
Am 23. Juni eskaliert die Situation: Die Polizei schießt Gasgranaten in das | |
Camp, das in einem vertrockneten Buschgebiet liegt. Ein Feuer bricht aus. | |
Die Polizei fordert die Migrant:innen auf, das Camp innerhalb von 24 | |
Stunden dauerhaft zu verlassen. | |
Marokko wechselt in nur wenigen Monaten von maximaler Zurückhaltung zu | |
maximaler Repression gegenüber den Migrant:innen im Wald von Gourougou. | |
Dieser Strategiewechsel ist die wichtigste Ursache für die Eskalation und | |
die Rekordzahl an Toten am 24. Juni. | |
## Der Sturm auf den Zaun | |
Zu jener Zeit leben dort, grob gesagt, zwei Gruppen. Die eine besteht aus | |
Migrant:innen aus vorwiegend westafrikanischen Ländern, die teils schon | |
lange vor Ort sind. Die andere sind Menschen aus dem Sudan, die Marokko | |
überwiegend erst im Lauf des Frühjahrs 2022 erreicht haben. | |
Der Kameruner Diallo von der NGO Mouvement Uplifted Africa verfolgt die | |
Diskussion unter den Flüchtlingen im Wald von Gourougou in diesen Tagen. | |
„Die ständigen Razzien haben den Druck enorm erhöht“, sagt er. Vor allem | |
die erst kurz zuvor angekommenen Sudanesen hätten die Situation nicht | |
ertragen. Deshalb hätten sie sich zum Sturm auf den Zaun entschlossen. „Sie | |
dachten, sie sind so viele und können das machen.“ Den Migranten aus den | |
anderen Ländern seien die Sudanesen zu offensiv gewesen. „Wenn ihr das | |
machen wollt, bitte, aber sie werden euch misshandeln, haben sie gesagt.“ | |
Zur besonderen Tragik dieser Tage gehört, dass viele der Menschen in Europa | |
wohl Asyl bekommen hätten. Die Anerkennungsrate von Personen aus dem | |
Südsudan lag im Juni 2022 EU-weit bei 92 Prozent, aus dem Sudan immerhin | |
noch bei 48 Prozent. | |
Geschafft haben es an jenem Tag 133 Menschen. Sie kamen bis zum | |
Auffanglager von Melilla. Fast alle konnten mittlerweile einen Asylantrag | |
stellen, sagt der spanische Linken-EU-Abgeordnete Miguel Urban Crespo. „Das | |
Töten ist eine makabre Form der Abschreckung“, sagt Crespo. „Und es war ein | |
Signal an Europa: Schaut, wie gut wir unsere Arbeit machen.“ | |
Denn für das Land geht es dabei nicht nur um die Westsahara-Frage – sondern | |
auch ums Geld: 389 Millionen Euro sagte die EU Marokko 2019 zu, 169 | |
Millionen Euro waren 2020, für die Haushaltsperiode 2021 bis 2027 sind über | |
500 Millionen Euro für Marokko eingeplant. „Wir unterstützen Spanien und | |
alle Länder, die an vorderster Front die Grenzen der EU schützen, voll und | |
ganz. Die Migration ist eine schwierige Herausforderung für alle. Ich sage | |
den spanischen Behörden meine Unterstützung zu“ – das sagte Ratspräsident | |
Charles Michel zu den Ereignissen am 24. Juni. | |
In der Folge des 24. Juni werden 65 Migranten strafrechtlich verfolgt, | |
wegen Beleidigung und Gewalt gegen Ordnungskräfte, Ungehorsam, Zerstörung | |
von öffentlichem Eigentum, Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, von | |
Personen und Eigentum, Besitz von Stichwaffen, Körperverletzung mit einer | |
Waffe, Beihilfe und Organisation der illegalen Ausreise einer Gruppe von | |
Ausländern aus dem Staatsgebiet sowie illegale Ein- und Ausreise aus dem | |
Staatsgebiet. Elf von ihnen werden zu drei Jahren Haft verurteilt, die | |
anderen Verfahren sind noch anhängig. | |
## Bis heute 73 Menschen vermisst | |
Bis heute werden mindestens 73 Migranten vermisst. 20 Familien haben sich | |
an Diallo vom Mouvement Uplifted Africa gewandt. „Ich versuche immer, etwas | |
von den Behörden zu erfahren“, sagt er, doch bisher ohne Erfolg. | |
Auch die in Norwegen lebende Familie des Sudanesen Omar Abdullah Al-Sayer | |
hatte keinen Erfolg. Der junge Mann war am 24. Juni an dem Sturm auf den | |
Zaun beteiligt, seither fehlt von ihm jede Spur. Die Familie reiste ins | |
marokkanische Nador, drängte darauf, die Fotos der offiziell 23 Leichen | |
ansehen zu dürfen, fragte beim Gericht, dem Al-Hossani-Krankenhaus und der | |
Justizpolizei – doch nirgends erfuhr sie etwas über den Verbleib des | |
Mannes. | |
Die marokkanischen Menschenrechtsorganisation AMDH vermutet, dass viele der | |
Vermissten tot sind, die Behörden dies aber nicht offenlegen. Al-Sayers | |
Familie hatte noch Glück, dass sie wenigstens die Leichenfotos ansehen | |
durfte. „Es gibt viele Familien, die die Leichen sehen wollen“, sagt Said | |
Tbel von der AMDH. „Aber die meisten bekommen keine Informationen.“ | |
5 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Fluechtlinge-an-der-Grenze-von-Melilla-getoetet/!5860878 | |
[2] https://www.omct.org/en/network-members/association-marocaine-des-droits-hu… | |
[3] https://caminandofronteras.org/ | |
[4] https://caminandofronteras.org/ | |
[5] /Westsahara-in-Spanien/!5771759 | |
[6] /Marokkaner-erreichen-spanische-Exklave/!5767682 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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