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# taz.de -- Nach Tod einer Frau in Iran: Proteste ohne Kopftuch
> In Iran ist eine Frau gestorben, die zuvor wegen ihres „unislamischen“
> Outfits festgenommen wurde. Bei Demonstrationen legen Frauen ihre
> Kopftücher ab.
Bild: Protest nach dem Tod von Mahsa A. vor der iranischen Botschaft in Berlin …
Berlin/Teheran dpa/taz | Nach dem Tod einer jungen Frau im Polizeigewahrsam
sind in Iran in mehreren Städten Menschen auf die Straße gegangen. Bei der
Beerdigung der 22-jährigen Mahsa A. in ihrer Heimatstadt Saghes in
iranischen Kurdistan demonstrierten Tausende vor dem Gouverneursamt. Nach
Angaben der Nachrichtenagentur Fars kam es dabei auch zu
Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften. Die Polizei setzte Tränengas
ein, um die Menge auseinander zu treiben.
Ein von einer iranischen Journalistin und Aktivisten [1][verbreitetes Video
zeigt Frauen mutmaßlich in Saghes, die aus Protest ihre Kopftücher
ablegen,] um gegen die Tötung von Mahsa A. zu protestieren.
Auch die örtlichen Behörden bestätigten die Proteste, gaben die Zahl der
Teilnehmer jedoch geringer an. In den sozialen Medien war die Rede von
mehreren Verhaftungen, die bislang nicht bestätigt sind.
Auch in Berlin gingen einige Menschen am Samstag auf die Straße, um vor der
iranischen Botschaft gegen den Tod der Frau zu protestieren. Angekündigt
waren zudem Proteste in Stuttgart, München und Köln.
Der Fall hatte in Iran Empörung und Trauer ausgelöst. Auch im Internet
trauerten viele Iraner um die junge Frau, die am Dienstag während eines
Familienbesuchs in der Hauptstadt Teheran von der Sitten- und
Religionspolizei wegen ihres „unislamischen“ Outfits festgenommen und auf
eine Polizeiwache gebracht worden war. Nach Polizeiangaben war sie dort
wegen Herzversagens zunächst in Ohnmacht und danach ins Koma gefallen. Am
Freitag wurde ihr Tod bestätigt.
Im Internet kursiert jedoch auch eine andere Version. Die Frau sei
verhaftet worden, weil ihr Kopftuch nicht richtig saß und ein paar
Haarsträhnen zu sehen waren. Nach der Verhaftung sei ihr auf den Kopf
geschlagen worden, was zu einer Hirnblutung, dem Koma und letztendlich
schon am Dienstag zu ihrem Hirntod geführt habe. Die Polizei wies diese
Darstellung vehement zurück.
Die Polizei und auch die Regierung von Präsident Ebrahim Raisi sind seit
dem Tod der Frau und der landesweiten Kritik in Erklärungsnot. Die Polizei
versuchte mit nicht verifizierbaren Videoaufnahmen ihre Unschuld zu
beweisen. Die konservative Zeitung „Keyhan“, die als Stimme der Hardliner
gilt, stützte die Darstellung. Diese sei ausreichend, um „die Lügen und
Geschichten der Revolutionsgegner und ihrer Gefährten“ zu entlarven. Damit
dürften etwa bekannte Schauspielerinnen im Land gemeint sein, die in den
vergangenen Tagen aus Protest auf Instagram ihre Haare ohne Kopfbedeckung
zeigten.
Raisi wies unterdessen das Innenministerium an, die Hintergründe zu
durchleuchten. Ein Spezialteam von erfahrenen Polizisten und
Gerichtsmedizinern soll umgehend die Ermittlungen aufnehmen. Kritik an der
Sittenpolizei gab es auch im Parlament sowie seitens führender Kleriker,
unter anderem von Ex-Präsident Mohammad Chatami. Ihrer Ansicht nach habe
der Vorfall nicht nur das Ansehen des Landes, sondern auch das des Islams
stark geschädigt.
Der Aufschrei richtete sich nach Worten der Kritiker nicht nur gegen das
Vorgehen der Sittenpolizei, sondern auch gegen die islamischen Vorschriften
im Land. Viele Iraner waren empört darüber, dass eine junge Frau wegen „ein
paar Haarsträhnen“ sterben musste. Sie kritisierten die strengen
Kleidungsvorschriften als unzeitgemäß.
Seit der Islamischen Revolution von 1979 gelten in Iran strenge
Kleidungsvorschriften für Frauen. Genauso lange werden diese jedoch von
Frauen, insbesondere in den Metropolen, ignoriert – sehr zum Ärger
erzkonservativer Politiker. Die Regierung in Teheran und die Hardliner im
Parlament versuchen seit Monaten, die islamischen Gesetze strenger
umzusetzen.
18 Sep 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/AlinejadMasih/status/1571134616974790656
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