| # taz.de -- Politische Repressionen in Belarus: Angebliche Nächstenliebe | |
| > Der belarussische Präsident Lukaschenko will Regimekritikern die | |
| > Staatsbürgerschaft entziehen. Dies hätte ein Einreiseverbot von 30 Jahren | |
| > zur Folge. | |
| Bild: Sein Regime steckt viele Oppositionelle ins Gefängniss: Präsident Lukas… | |
| Berlin taz | Autokratie mit menschlichem Antlitz: Der belarussische | |
| Präsident Alexander Lukaschenko scheint sein Herz für inhaftierte | |
| Landsleute entdeckt zu haben. Anlässlich des 17. September, des Tags der | |
| Einheit des Volkes, stellte er eine Amnestie in Aussicht. „Unser Land ist | |
| unter einen beispiellosen Druck des Westens geraten. Doch trotz dieser | |
| Bedingungen ist unsere Gesellschaft konsolidiert und vereint“, sagte er | |
| dieser Tage laut der staatlichen belarussischen Nachrichtenagentur | |
| [1][Belta]. | |
| Doch die Nächstenliebe hat ihre Grenzen. Die Amnestie betreffe weder | |
| „Banditen noch Extremisten“. Jedoch gebe es unter den Verurteilten auch | |
| Personen, die zufällig gestolpert seien und unbedeutende Verbrechen | |
| begangen hätten. „In den vergangenen zwei Jahren sind wir klüger geworden. | |
| Wenn die Betreffenden Buße getan, einen Weg der Besserung eingeschlagen und | |
| ihre Schuld vollständig wiedergutgemacht haben, können sie mit Nachsicht | |
| behandelt werden.“ Das Amnestie-Projekt müsse auch mit Vertretern der | |
| „normalen Opposition“ erörtert werden. Sie seien keine Feinde und sollten | |
| ihre Meinung äußern, sagte Lukaschenko. | |
| Solche Worte überraschen. Bislang werden Oppositionelle in der Regel als | |
| Staatsfeinde ge- und behandelt. Sie waren es, die im Sommer 2020 zu | |
| Zehntausenden wochenlang gegen die gefälschte Präsidentschaftswahl am 9. | |
| August (angeblich stimmten 80 Prozent der Wähler*innen für Lukaschenko) | |
| demonstriert hatten. Seitdem ist die belarussische Zivilgesellschaft | |
| beispiellosen Repressionen ausgesetzt. | |
| Gesetz in Vorbereitung | |
| Fast täglich gibt es Berichte über vermeintliche Kritiker, die, auch in | |
| Zusammenhang mit Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine, zu teils hohen | |
| Haftstrafen verurteilt werden. Laut Angaben der [2][belarussischen | |
| Menschenrechtsorganisation Wjasna] (Frühling) sitzen derzeit 1.321 | |
| politische Gefangene in Haftanstalten (Stand vom 7. September 2022). | |
| Eine weitaus größere Anzahl hat die Heimat verlassen, um drakonischen | |
| Strafen zu entgehen. Mit ihnen will das Lukaschenko-Regime jetzt auf | |
| besondere Art und Weise abrechnen. So ist eine Gesetzesänderung in | |
| Vorbereitung, wonach Belarussen, die sich im Ausland aufhalten und denen | |
| eine Verurteilung wegen extremistischer Tätigkeiten oder Verletzung der | |
| Interessen von Belarus droht, die Staatsbürgerschaft entzogen werden kann. | |
| Eine entsprechende Entscheidung, die das Staatsoberhaupt trifft, hätte | |
| überdies ein Einreiseverbot von bis zu 30 Jahren zur Folge. | |
| „Diese Leute sind uns bekannt, jeder einzelne von ihnen. Sind sie würdig, | |
| Staatsbürger von Belarus zu bleiben, wenn sie aus ihrem Heimatland | |
| weggelaufen sind und faktisch alle Verbindungen zu ihm abgebrochen haben?“, | |
| fragte Lukaschenko. | |
| Als besondere Gruppe haben die belarussischen Behörden dabei Besitzer der | |
| „polnischen Karte“ (Karta Polaka) im Blick. Dieses Personaldokument, das | |
| seit 2007 existiert, sieht für Ausländer, die sich der polnischen Nation | |
| zugehörig fühlen, in Polen besondere Rechte vor. Dazu gehört eine | |
| erleichterte Einreise sowie die Gewährung eines Aufenthaltsstatus. | |
| 8 Sep 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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