# taz.de -- Parteitag in Berlin: Linke setzt auf Enteignung | |
> Auf ihrem Parteitag kritisiert die Linke die Ampelkoalition, lobt eigene | |
> Anstrengungen in Berlin gegen die Krise – und stimmt für eine | |
> Doppelspitze | |
Bild: Auch Justizsenatorin Lena Kreck (mitte) fordert ein Enteignungsgesetz | |
Mangelnde Schlagzeilen in den nächsten Monaten muss Berlins Linke nicht | |
befürchten: Auf [1][ihrem Parteitag am Samstag] stimmten die Delegierten | |
fast einhellig dafür, künftig von einer Doppelspitze geführt zu werden. | |
Damit stehen bis zum nächsten Treffen Mitte Februar gleich mehrere zentrale | |
Personalfragen an: Wer wird die Person an [2][Katina Schuberts] Seite? | |
Tritt die 60-Jährige, die Berlins Linke seit 2016 allein führt, überhaupt | |
noch einmal an? Kommt es zu einem umfassenden Generationenwechsel auch an | |
der Spitze der Partei? | |
An der Basis ist die Verjüngung längst zu spüren, das zeigte auch dieser | |
Parteitag in einem Hotel in Lichtenberg. Ein guter Teil der rund 130 | |
anwesenden Delegierten hat eine politische Nähe zu den Themen, die zuletzt | |
die landespolitische Debatte jenseits sozialer Fragen mitbestimmt hatten: | |
Neben der angestrebten Umsetzung des [3][Enteignen-Volksentscheids] | |
drängten klima- und damit verwandte verkehrpolitische Themen in den | |
Vordergrund, auch wenn nur wenige entsprechende Anträge letztlich | |
diskutiert wurden. Der bundesweit [4][wieder aufgeflammte parteiinterne | |
Konflikt] um die russlandfreundlichen Positionen Sahra Wagenknechts [5][war | |
zwar omnipräsent], doch deren Unterstützer*innen stellten nur einen | |
kleinen Teil älterer Delegierter. | |
## Kein Platz für „Schwurbeleien“ | |
Und Parteichefin Schubert macht gleich in den ersten Sätzen ihrer | |
Eröffnungsrede klar, dass für Rechtsausleger und „Schwurbeleien“ kein Pla… | |
sei. „Wer jetzt meint, mit der Inbetriebnahme von Nord Stream 2 und der | |
Aufhebung der Sanktionen gegen den Angreifer Russland würde alles wieder | |
wie früher, irrt“, betonte sie. | |
Fast schon euphorisch wurde Ulrich Schneider empfangen. Der | |
Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtverbandes, der die Partei | |
[6][vor wenigen Tagen aus Protest gegen Wagenknecht verlassen hatte], war | |
zu einem Grußwort geladen. Er appellierte an die Partei, die vielen sich | |
überlappenden Krisen – Klima, Pandemie, Energieversorgung, | |
Preissteigerungen – zusammenzudenken. Lösungen müssten „ökosozial“ sei… | |
sagte Schneider. „Die schönste Rentenreform nutzt nichts, wenn die | |
Lebensgrundlagen flöten gehen.“ | |
Einig war man sich in der Kritik an der Ampelregierung im Bund. Die Armen | |
würden bei den Entlastungen leer ausgehen, das sei ein Skandal, so | |
Schneider. Die Regierung lasse die Menschen im Stich, erklärte Martin | |
Schirdewan bei seinem ersten Auftritt auf einem Landesparteitag seit seiner | |
Wahl zum Co-Bundeschef im Juni. Er forderte zur Bewältigung der | |
Energiekrise eine Übergewinnsteuer, die Wiedereinführung der | |
Vermögensteuer, eine Vermögensabgabe für Superreiche, einen Strom- und | |
Gaspreisdeckel. | |
An Sozialsenatorin Katja Kipping, die dem Berliner Landesverband für dessen | |
konstruktiven Umgang untereinander sogar eine „Liebeserklärung“ machte, war | |
es dann, die sozialpolitischen Erfolge der Linken zu betonen. „Wir stehen | |
für eine Stadt, die niemanden zurücklässt.“ Als erstes Bundesland habe | |
Berlin auf Druck der Linken [7][ein eigenes Entlastungspaket in Höhe von | |
1,5 Milliarden Euro] aufgelegt. Man unterstütze soziale Einrichtungen und | |
Menschen mit wenig Geld bei der Übernahme der explodierenden Energiekosten. | |
Fraktionschefin Anne Helm sah noch mehr Entlastungsmöglichkeiten: | |
Angesichts hoher Gewinne könnte das landeseigene Stadtwerk darauf | |
verzichten, bei seinen rund 40.000 Kund*innen im Oktober die Preise zu | |
erhöhen. Für die anderen Stromkunden müsse der Bund einen Strompreisdeckel | |
beschließen. | |
Die Linke sieht sich durch die gute Bilanz der Stadtwerke und die | |
Verstaatlichung des Gaslieferanten Uniper durch den Bund in ihren | |
Forderungen nach weiteren Rekommunalisierungen im Energiesektor und auch | |
beim Wohnungsbestand bestätigt. Ein Jahr nach dem erfolgreichen | |
Volksentscheid startet die Linke eine neue Kampagne für dessen Umsetzung. | |
Bis Frühsommer 2023 will man selbst Eckpunkte eines entsprechenden Gesetzes | |
verfassen. | |
Im April 2023 soll auch die vom Senat eingesetzte | |
Expert*innenkommission ihre Position zu Enteignungen vorlegen. Wer | |
dann auch immer die Partei führt, dürfte einiges an Überzeugungsarbeit im | |
Koalitionsausschuss zu leisten haben. Denn während sich die Basis der SPD | |
für ein Enteignungsgesetz auf ihrem Parteitag im Juni ausgesprochen hat, | |
lehnt die Parteiführung das weiter ab. | |
25 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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