| # taz.de -- Rassismus bei der Berliner Polizei: Familie fordert Gerechtigkeit | |
| > Nach einem rassistischen Polizeieinsatz: Die betroffene syrische Familie | |
| > wagt bei einer Pressekonferenz den Schritt in die Öffentlichkeit. | |
| Bild: Klagen an: Das syrische Ehepaar H. (Mitte) und der Linken-Abgeordnete Fer… | |
| Berlin taz | „Wir wünschen uns an erster Stelle, dass der Polizist zu | |
| Rechenschaft gezogen wird“, übersetzt ein Dolmetscher aus dem Arabischen. | |
| Die Anspannung in den Gesichtern von Herrn und Frau H. lässt nur erahnen, | |
| wie viel Überwindung es das syrische Ehepaar gekostet haben muss, an diesem | |
| Samstagmittag vor die Öffentlichkeit zu treten. | |
| Mit der Pressekonferenz, die am Samstagmittag im Neuköllner Wahlkreisbüro | |
| der Linkspartei stattfand, will das Ehepaar weiter Druck auf die Berliner | |
| Polizei aufbauen. Sie werfen zwei Beamten vor, sie bei einem | |
| unangekündigten Besuch in ihrer Wohnung [1][rassistisch beleidigt und | |
| verletzt zu haben]. | |
| Die bei der Pressekonferenz anwesenden Abgeordneten der Linksfraktion Ferat | |
| Koçak, Niklas Schrader und Elif Eralp forderten neben der Bestrafung der | |
| Beamten auch politische Konsequenzen, um in Zukunft [2][ähnliche Fälle | |
| besser verfolgen zu können]. | |
| Am Dienstag ging ein Video des Polizeieinsatzes, der am 9. September | |
| stattgefunden haben soll, in den sozialen Medien viral. In dem | |
| fünfminütigen Video, von dem vor allem ein einminütiger Ausschnitt | |
| kursiert, ist zu sehen, wie zwei Polizist:innen Herrn H. vor den Augen | |
| seiner Frau und drei Kindern bedrängen und zu Boden werfen. Einer der | |
| Polizisten, der später als Jörg K. identifiziert werden sollte, fällt durch | |
| rassistische und beleidigende Aussagen auf: „Das ist mein Land und du bist | |
| hier Gast“, droht der Beamte Herrn H. in dem Video. „Halt die Fresse“, | |
| droht K. der Frau, „Ich bringe dich ins Gefängnis.“ | |
| ## Unnötiger Einsatz | |
| Grund für den Polizeibesuch war unter anderem eine ausstehende Geldstrafe | |
| für mehrmaliges Fahren ohne Fahrschein in Höhe 750 Euro. „Ich habe die | |
| Strafe nicht ignoriert und war in Kontakt mit den Behörden“, behauptet H. | |
| Er habe sich bei der Polizei gemeldet, um eine Ratenzahlung zu vereinbaren, | |
| habe dann aber erst im Nachhinein erfahren, dass die Staatsanwaltschaft | |
| eigentlich die korrekte Ansprechstelle gewesen wäre. | |
| „Wir waren überrascht und stehen immer noch unter Schock“, berichtet das | |
| Ehepaar. Seit dem Vorfall vermeide sie es, alleine in der Wohnung zu | |
| bleiben, übersetzt der Dolmetscher für Frau H. Besonders die drei Kinder | |
| der Familie hätten immer noch Angst, wenn die Klingel der Wohnungstür | |
| läute. | |
| Der Fall zeige einmal mehr, dass die Polizei ein strukturelles | |
| Rassismusproblem habe, sagt Elif Eralp, Sprecherin für Antidiskriminierung | |
| der Linksfraktion. „Offensichtlich haben die Polizisten nicht einmal | |
| darüber nachgedacht, ob sie für ihr Verhalten belangt werden können.“ | |
| Ebenso müsse [3][Fahren ohne Fahrschein entkriminalisiert] werden, fordert | |
| Eralp. Eine Geldbuße dürfe nicht dazu führen, dass die Polizei in die | |
| eigene Wohnung eindringt. | |
| Nach der Entscheidung, den Vorfall zur Anzeige zu bringen, sieht sich das | |
| Ehepaar nun mit einer Gegenanzeige der Beamten konfrontiert. Die Vorwürfe | |
| lauten Widerstand, tätlicher Angriff und versuchte Gefangenenbefreiung. | |
| „Gegenanzeigen sind ein häufiges Phänomen“, kommentiert der Sprecher für | |
| Polizei und Innenpolitik, Niklas Schrader. Der Abgeordnete zitiert [4][eine | |
| Studie zu Körperverletzung im Amt] des Kriminologen Tobias Singelnstein, | |
| laut derer nur 9 Prozent der Fälle überhaupt zur Anzeige gebracht werden. | |
| Einer der Hauptgründe sei die Angst vor Gegenanzeigen, so Schrader. Auf | |
| Nachfrage der taz berichtet die Familie, dass sie zunächst Bedenken gehabt | |
| habe, eine Anzeige würde sich negativ auf ihren Aufenthaltsstatus | |
| auswirken. | |
| „Polizei braucht mehr, nicht weniger [5][Kontrolle von außen]“, folgert | |
| Schrader. Wie der Fall zeige, sei das Filmen mit Smartphones ein geeignetes | |
| Mittel. „Die Polizei muss das Filmen von Polizeieinsätzen durch Dritte | |
| akzeptieren“, fordert Schrader. Es komme immer wieder vor, dass | |
| Polizist:innen das Filmen mit rechtlich fragwürdigen Argumenten | |
| unterbinden. | |
| Weiteren Handlungsbedarf sieht Schrader im Disziplinarrecht. Für Jörg K., | |
| der nach dem Vorfall in den Innendienst versetzt wurde, ist es bereits das | |
| zweite Verfahren. Nach dem ersten wurde der Beamte in den Streifendienst | |
| versetzt. Obwohl der Grund für das erste Verfahren noch nicht bekannt ist, | |
| fordert Schrader, rassistische und antisemitische Motive besonders zu | |
| berücksichtigen, um auffällige Beamt:innen schneller aus dem Dienst | |
| entfernen zu können. | |
| 18 Sep 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Polizeiproblem-in-Berlin/!5878147 | |
| [2] /Gruene-ueber-Beschwerdestelle-der-Polizei/!5875759 | |
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| [4] https://www.hwr-berlin.de/fileadmin/institut-foeps/Dokumente/2021/FOEPS-WSG… | |
| [5] /Unabhaengiger-Polizeibeauftragter-ueber-Berlin/!5870297 | |
| ## AUTOREN | |
| Jonas Wahmkow | |
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