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# taz.de -- Kanada-Reise von Kanzler Scholz: Trudeau dämpft Hoffnungen
> Kann Kanada den Europäer:innen bald Gas liefern? Zum Auftakt des
> Besuchs von Kanzler Scholz stellt Premier Trudeau die Machbarkeit in
> Frage.
Bild: Immer ein Anblick wert: Trudeau und Scholz mit feschen Kanadier:innen in …
Calgary taz | Die Kulisse war bewusst gewählt. Als sich Olaf Scholz und
Justin Trudeau am ersten Tag des Kanzlerbesuchs in Kanada gemeinsam den
Fragen der Journalist:innen stellten, bauten sie sich demonstrativ am
alten Hafen vor der Skyline von Montréal auf. Seht her, es geht ums
Geschäft, um neue Energiequellen, wertvolle Mineralien und den Handel, so
sollte die Botschaft wohl lauten.
Tatsächlich stehen die Wirtschaftsbeziehungen im Mittelpunkt der knapp
dreitägigen Reise, zu der Scholz auch Vizekanzler Robert Habeck und eine
Delegation von Managern mitgebracht hat. Weil der russische Präsident Putin
die Ukraine in einen Krieg und das vom russischen Gas abhängige Deutschland
in eine Energiekrise gestürzt hat, wollen beide Länder ökonomisch wie auch
politisch zusammenrücken.
Kanada und Deutschland stünden eng zusammen, machte Scholz zum Auftakt
klar. Dass Kanzler und Premier dabei ausgerechnet den Hafen von Montréal
für ihren ersten Auftritt wählten, entbehrte aber nicht einer gewissen
Ironie. Denn für die größten Nöte der Deutschen, den Mangel an Erdgas,
bietet ausgerechnet dieser Hafen keine Lösung: Weder in Montréal noch in
allen anderen Städten an der Ostküste Kanadas gibt es bislang die passenden
LNG-Anlagen, um Flüssiggas nach Europa zu verschiffen.
Kanada sieht sich daher kurz- und womöglich auch mittelfristig nicht in der
Lage, Europa mit direkten Gaslieferungen aus der Patsche zu helfen. Das
machte Premierminister Justin Trudeau gleich zu Beginn klar – und dämpfte
entsprechende Hoffnungen. Man versuche zwar zu helfen, sagte der
Regierungschef im Beisein des Kanzlers, bislang gebe es dazu aber „kein
überzeugendes Geschäftsmodell“.
## Gas-Exporte bislang nur nach Asien möglich
Tatsächlich wird [1][kanadisches Erdgas vor allem im Westen] des Landes
gefördert, tausende Kilometer von den Häfen am Atlantik entfernt, die für
eine Verschiffung nach Europa in Frage kämen. Die einzige geeignete Anlage
wird gerade in Kitimat an der Pazifikküste gebaut und ist vor allem für den
Export nach Asien gedacht. Benötigt würden auch neue Pipelines, die in
Kanada wegen Widerständen von Umweltschützern und Ureinwohnern nur noch
schwer durchsetzbar sind.
Trudeau stellte sich auf Nachfrage zwar nicht grundsätzlich gegen
Gas-Exporte, wies aber auf die hohen Investitionskosten hin. Mit der
Wirtschaft liefen derzeit Gespräche, um auszuloten, ob die veränderte
geopolitische Lage neue Investitionsentscheidungen ermögliche. Falls dies
der Fall sei, werde die Regierung prüfen, ob sie die Genehmigungs- und
Zulassungsverfahren vereinfachen könne.
Wegen hoher Kosten und lokaler Widerstände ruhen im Osten Kanadas derzeit
alle Überlegungen für neue Anlagen. [2][In Saint John in der Küstenprovinz
New Brunswick gibt es einen Terminal], der für Exporte nach Europa
umgerüstet werden kann. Noch fehlt es aber an Investitionszusagen,
Machbarkeitsstudien und Genehmigungen. Im besten Falle könnte die Anlage in
ein paar Jahren so weit sein.
Trudeau sagte, die derzeit beste Chance, zu helfen, könnte darin bestehen,
weiterhin Erdgas über bestehende Pipelines in die Vereinigten Staaten zu
liefern und damit das Angebot auf den Weltmärkten zu erhöhen. „Wir prüfen
jeden möglichen Weg, um den Europäern zu helfen, da sie im kommenden und im
nächsten Winter vor einer echten Herausforderung stehen“, so Trudeau.
## Zukunft liegt in alternativen Quellen wie Wasserstoff
Scholz zeigte sich bei dem Auftritt dankbar und sprach von einer „echten
Freundschaft“, die ihn mit Trudeau verbinde. Heute wird der Kanzler in
Toronto zunächst auf einem deutsch-kanadischen Forum eine Rede halten.
Danach geht es mit Trudeau in den kleinen Ort Stephenville auf Neufundland,
wo ein deutsch-kanadisches Importabkommen für grünen Wasserstoff
unterzeichnet werden soll.
Einig waren sich beide Politiker, dass die langfristige Zukunft der
Energieversorgung in alternativen Quellen wie Wasserstoff liegen müsse.
„Kanada wird für die Entwicklung des grünen Wasserstoffs eine ganz, ganz
zentrale Rolle spielen“, sagte Scholz in Montréal. „Deshalb sind wir sehr
froh, dass wir auch bei dieser Gelegenheit unsere Kooperation in diesem
Feld ausbauen können.“
23 Aug 2022
## LINKS
[1] /Indigene-und-Fluessiggas/!5867062
[2] /Kanzler-Visite-in-Kanada/!5875744
## AUTOREN
Jörg Michel
## TAGS
Robert Habeck
Gas
Kanada
Olaf Scholz
Energiekrise
Justin Trudeau
Wasserstoff
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Energiesparen
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Erneuerbare Energien
Ukraine
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