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# taz.de -- Finanzexperte über Cum-Ex-Skandal: „Offenbar hat Scholz gelogen�…
> Finanzexperte Gerhard Schick wirft dem Kanzler Nähe zur „Herrschaft von
> Oligarchen“ vor. Er fordert den Rücktritt von Hamburgs Bürgermeister
> Tschentscher.
Bild: Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch bei einem Bürgergespräch in der P…
taz: Herr Schick, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) muss an diesem Freitag im
Hamburger Untersuchungsausschuss zum Cum-Ex-Steuerskandal [1][Rede und
Antwort stehen.] Wird er an dieser Affäre scheitern?
Gerhard Schick: Das können wir heute noch nicht sagen. Aber die Fragen, um
die es geht, bergen Sprengsätze. Es geht um die politische Einflussnahme
von Bankern und [2][den Verdacht ihrer Begünstigung durch Politiker.]
Weitere Fragen könnten sogar noch gefährlicher werden für Scholz. Offenbar
hat er den Bundestag belogen.
Wie begründen Sie diesen Vorwurf?
Im geheim tagenden Finanzausschuss des Bundestages erklärte Scholz im Juli
2020, es habe nur ein Treffen zwischen ihm und dem Hamburger Banker
Christian Olearius im Zusammenhang mit Cum-Ex gegeben. Das wissen wir jetzt
durch eine neue Veröffentlichung des Magazins Stern, beruhend auf
Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Köln. Inzwischen ist aber
herausgekommen, dass 2016 und 2017 doch weitere Gespräche stattfanden.
Die Schlussfolgerung lautet: Scholz sagte im Ausschuss offenbar die
Unwahrheit. Außerdem erscheint mir nicht plausibel, dass er sich an den
Inhalt der weiteren Gespräche angeblich nicht mehr erinnern kann.
Bei Cum-Ex ging es darum, dass Investoren und Banken Milliarden Euro
ergaunerten, weil sie sich einmal gezahlte Steuern mehrmals vom Finanzamt
zurückerstatten ließen. Die Hamburger Warburg-Bank von Christian Olearius
war mit von der Partie. Der übergeordnete Verdacht lautet, Scholz habe in
seiner Zeit als Hamburger Bürgermeister daran mitgewirkt, dass die Bank 47
Millionen Euro Steuerrückforderung aus dem Skandal erst mal behalten
konnte, die sie eigentlich an das Finanzamt hätte zurückzahlen müssen. Das
kann man aber nicht beweisen, oder?
Dass Scholz die Entscheidung zugunsten der Warburg-Bank beeinflusst hat,
lässt sich bisher nicht belegen. Aber die Bürger:innen müssen sich schon
die Frage stellen, warum er überhaupt mehrmals mit dem Tatverdächtigen
Olearius über Cum-Ex gesprochen hat.
Dass möglicherweise E-Mails in Scholz’ Büro gelöscht wurden und sich darin
Hinweise auf fragwürdiges Verhalten finden, ist ebenfalls nur ein Verdacht.
Es ist eine Vermutung, die sich in den mittlerweile veröffentlichen
Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft Köln findet. Ich rechne mit
weiteren Ermittlungen und Recherchen.
Was erwarten Sie von Scholz am Freitag?
Er muss beispielsweise den Verdacht aus der Welt räumen, dass Mails
gelöscht wurden.
Dazu hat Scholz schon gesagt, sein Vertrauter Wolfgang Schmidt und seine
Büroleiterin seien für die Bearbeitung des Mailverkehrs zuständig, nicht er
selbst.
Dies scheint mir im Widerspruch zu einer Mail seiner Büroleiterin zu
stehen, die so klingt, als ob sie den Umgang mit bestimmten Nachrichten mit
Scholz abstimmen wollte.
Sie fordern den Rücktritt [3][des amtierenden Hamburger Bürgermeisters
Peter Tschentscher.] Warum?
Als Hamburger Finanzsenator hat Tschentscher Informationen über die
Cum-Ex-Steuerschuld der Warburg-Bank von der Finanzverwaltung angefordert.
Damit durchbrach er die Brandmauer zwischen Politik und Verwaltung. So
etwas kommt fast nie vor. Normalerweise soll ja die Verwaltung ohne
politischen Einfluss entscheiden. Tschentscher sandte jedoch das
gegenteilige Signal an die Verwaltung. Damit ist er auch politisch
verantwortlich dafür, dass man die Steuerrückforderung zunächst verjähren
lassen wollte. Tschentscher muss die Konsequenzen ziehen und zurücktreten.
Auch Scholz kritisieren Sie hart. Es geht hier um den Bundeskanzler, der
augenblicklich ein paar uns alle betreffende, dringende Probleme zu
bearbeiten hat – Putins Angriff auf die Ukraine, Gaskrise, Klimawandel.
Sind da einige Dutzend Millionen Steuergelder aus der Vergangenheit nicht
sekundär?
Es geht darum, ob in Hamburg rote Linien überschritten wurden, die im
Rechtsstaat nicht überschritten werden dürfen. Auch reiche Menschen dürfen
mit ihren kriminellen Machenschaften nicht durchkommen. Wenn es doch so
ist, bezeichnen wir das in anderen Ländern als Herrschaft von Oligarchen.
Wenn Sie Scholz zur Strecke bringen, scheitert möglicherweise die
Bundesregierung in Berlin. Lohnt sich das?
Wir wollen niemanden zur Strecke bringen, sondern Verantwortlichkeiten und
Konsequenzen durchsetzen. Olaf Scholz könnte sich ja auch mal proaktiv
darum kümmern, dass solche Skandale künftig weniger wahrscheinlich werden.
Er könnte von seinem Parteifreund Johannes Kahrs Aufklärung darüber
verlangen, woher die 200.000 Euro in bar in dessen Bankschließfach stammen.
Die Hamburger SPD könnte die Spenden an Warburg zurücküberweisen, die
möglicherweise im Zusammenhang mit Cum-Ex stehen. Und auch heute gibt es
noch Cum-Ex-ähnliche Geschäfte – ein Unding. Die Bundesregierung handelt
jedoch nicht.
19 Aug 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Untersuchungsausschuss
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Johannes Kahrs
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