# taz.de -- Ressourcenschutz ausweiten: Andere Bioökonomie ist möglich | |
> Forscher drängen auf den Ausbau der Kreislaufwirtschaft. Bioökonomie | |
> allein reicht nicht. Der Biosprit vom Acker ist nicht nachhaltig. | |
Bild: Maisfeld aus der Luft | |
BERLIN taz | Vor dem Hintergrund der Energie- und Rohstoffkrise kommt die | |
Bioökonomie wieder auf den Plan, aber anders als bisher. Die Nutzung | |
natürlicher Ressourcen für die Wirtschaft wurde in den vergangenen Jahren | |
zwar massiv gefördert. Dass dies hauptsächlich zum Anbau von | |
Industriepflanzen zur Gewinnung von Biosprit geführt hat, wird seitdem | |
heftig kritisiert. | |
Auf den [1][Technologiegesprächen des Europäischen Forums Alpbach] wurde in | |
der vorigen Woche deutlich, wie ein Kurswechsel aussehen muss. „Derzeit | |
werden nur acht Prozent der Ressourcen weltweit in Kreislaufwirtschaft | |
geführt“, berichtete der Wiener Bioökonom Martin Greimel. Er leitet das | |
Zentrum für Bioökonomie an der Universität für Bodenkultur Wien. Dabei | |
müsse zwischen den Rohstoffklassen unterschieden werden. | |
So verlange der Kreislauf von nicht nachwachsenden Rohstoffen, wie Metallen | |
oder Gestein, zwar zusätzlich viel hoch konzentrierte Energie. Dagegen | |
werde für nachwachsende Rohstoffe nur Sonnenenergie als Energiegrundlage | |
gebraucht. „Daher ist die Bioökonomie eigentlich das Wirtschaften nach den | |
Naturgesetzen, und sie sollte alle Bereiche des Wirtschaftens erfassen“, so | |
der Forscher auf dem jährlichen Innovationstreffen im österreichischen | |
Tirol. Immer wichtiger wird zudem der Aspekt der Welternährung – Stichwort | |
„Tank oder Teller“. Laut Greimel ist Österreich das erste Land, in dessen | |
Bioökonomie-Strategie „die Berücksichtigung gesellschaftspolitischer | |
Komponenten explizit erwähnt“ ist. In Alpbach stellte Greimel das Projekt | |
„Bioeconomy Austria“ vor, das die [2][Wertschöpfungskette Holz] untersucht | |
und alle unterschiedlichen Wald-Nutzer in ein neues Kreislauf-Modell | |
einbeziehen will. | |
Von deutscher Seite hat sich in dieser Woche eine Allianz von Umwelt- und | |
Entwicklungsverbänden zu Wort gemeldet, die angesichts „Ukraine-Krieg und | |
den Folgen für die Welternährung“ von der Bundesregierung fordert, die | |
Bioökonomie-Politik neu auszurichten. | |
So wie in der Energiepolitik jetzt der Ausstieg aus fossilen Quellen | |
forciert werde, so „müsste auch unser Ressourcenverbrauch insgesamt, sowie | |
die Art der landwirtschaftlichen Produktion und der verschwenderische | |
Umgang mit biogenen Rohstoffen ähnlich konsequent auf den Prüfstand | |
gestellt werden“, heißt es in einer Stellungnahme der NGOs, darunter der | |
Deutsche Naturschutzring DNR, Robin Wood und „Brot für die Welt“. | |
## Sozial gerecht und ökologisch nachhaltig | |
Bisherige [3][Bioökonomie-Anwendungen] wie „Zuckerrohr für Bioplastik in | |
Getränkekartons oder mit Gülle überdüngtem Mais für Biogas“ müssten ein | |
Ende finden. Nötig sei eine Bioökonomie, „die sozial gerecht und ökologisch | |
nachhaltig ist“. Wenn die Beimischungsquote für Biokraftstoffe außer Kraft | |
gesetzt würde, könnten 800.000 Hektar, die derzeit für die | |
Energieproduktion genutzt werden, wieder dem Artenschutz und der | |
Renaturierung von Mooren zugutekommen. | |
Die weitere Entwicklung der Bioökonomie brauche in Deutschland „einen | |
klaren, gesellschaftlich abgestimmten Fahrplan für die Priorisierung von | |
Bioökonomie-Nutzungen“. Das Versprechen des Koalitionsvertrags von 2021, | |
den Ressourcenverbrauch zu begrenzen, müsse eingelöst und klare absolute | |
Reduktionsziele erarbeitet werden, fordert das Papier. Ein | |
Ressourcenschutzgesetz sollte „nationale Ressourcenschutzziele“ sowie die | |
„Reduktion der biotischen und abiotischen Ressourcenverbräuche verbindlich | |
vorschreiben“. | |
So wie in Österreich wird auch für Deutschland ein anderer Umgang mit dem | |
Wald verlangt. „Primärholz aus dem Wald darf nicht als Ersatz für fossile | |
Energieträger verbrannt werden, sondern muss für eine höherwertige | |
stoffliche Nutzung zur Verfügung stehen“, fordern die Verände. Artenreiche | |
Lebensräume und Kohlenstoffsenken des Waldes müssten erhalten und ausgebaut | |
werden. Dies lasse sich „nur über ein gesetzlich verankertes Kreislauf- und | |
Kaskadenprinzip und die Abschaffung von Subventionen für die | |
klimaschädliche Holzverbrennung“ ermöglichen. | |
2 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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